Biographie

Morres, Hermann

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Maler
* 22. Mai 1885 in Kronstadt/Siebenbürgen
† 30. März 1971 in Kronstadt/Siebenbürgen

In der siebenbürgisch-sächsischen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts nimmt der Name Morres einen festen Platz ein. Die Vettern Eduard (1884-1980) und Hermann Morres (1885-1971) bereicherten die deutsche Malerei in Siebenbürgen nicht nur mit heimatlichen Motiven und Themen, in ihren knappen Biografien spiegelt sich weitgehend auch die kulturelle Situation dieses kleinen Völkchens. Beide Maler wurden in Kronstadt geboren, verließen Siebenbürgen selten und schlossen sich dem Auswanderungsstrom, der mit der kommunistischen Wende nach 1944 einsetzt, nicht an; beide starben hochbetagt in ihrer Heimat. Ihre Ausstellungstätigkeit beschränkte sich auf die nähere Umgebung. Hermann Morres stellte als Student im Budapester „Nemzeti Szalon“ (1906) aus und anderthalb Jahrzehnte nach dem Anschluß Siebenbürgens an Rumänien auch im Offiziellen Salon in Bukarest; während des Krieges beteiligte er sich an der Wanderausstellung „Deutsche Künstler aus Rumänien“. Seine Einzelausstellungen fanden vornehmlich in seiner Geburtsstadt sowie in Hermannstadt statt. Für beide Vettern war der Naturalismus Ausgangspunkt ihres Schaffens. Während Eduard diesem Stil bis zu seinem Tode verpflichtet blieb, löste sich Hermann vom Realismus und wandte sich dem Impressionismus und – als Bewunderer Ferdinand Hodlers – dem Expressionismus zu. Unter der stalinistischen Diktatur fand er zum Realismus, allerdings sozialistischer Prägung, zurück. Resigniert bekennt der Künstler zu diesen letzten Phase über seinen Altersstil: „Ob meine notwendige Rückkehr zum Realismus als eine Bereicherung meiner Kunst betrachtet werden kann, überlasse ich der Beurteilung da Kritiker … Ich habe mein Möglichstes getan, um zwischen Scylla und Charybdis gut durchzusteuern … Dazu kam allerdings noch der Graue Star, so daß ich das Malen ganz aufgeben mußte …“

Auf der Budapester Kunstakademie (1904-08) wurde der junge Maler von Bertalan Székely (1835-1910), dem Vertreter der ungarischen romantischen Malerei, der als Pädagoge freilich in akademisch-historisierender Richtung wirkte, geformt und vom berühmten Pál Szinyei Merse (1845-1910), der als eigenwilliger Freilichtmaler den Studenten wichtige Impulse verlieh. Von seinem Kronstädter Freund und Kollegen Hans Mattis-Teutsch (1884-1960) auf die ungarische Künstlerkolonie in Nagybánya (Baia Mare) aufmerksam ge macht, verbrachte Morres einige Sommer (1926-1929) in der nordsiebenbürgischen Landschaft; später kamen Aufenthalte in Balcic am Schwarzen Meer hinzu, wurde seine siebenbürgische Palette aufgehellt und erweitert. Neben den Landschaften in Öl und Aquarell nehmen seine figuralen Kompositionen einen wichtigen Platz in seinem Oeuvre ein. Mit der üblichen west-östlichen zeitlichen Verzögerung hatten auch Jugendstil und Expressionismus im Südosten Einzug gehalten. Und da die Musik im Leben des Malers Morres eine nicht geringe Rolle einnahm – er spielte mehrere Instrumente und komponierte Lieder für Einzelstimmen und Chöre –, wohnen besonders seinen Gemälden biblischen und mythologischen Inhalts Rhythmus und Klang inne. Bis zur sogenannten abstrakten (gegenstandslosen) Malerei ist er nie vorgedrungen. Als „Hauptereignis“ seiner expressionistischen Phase betrachtete er seine symbolischen „Vier Kompositionen der Jahreszeiten“: „Der Frühling“ sei die Verkörperung der Liebe in der Natur, „Der Sommer“ sei ihm „Symbol der Mühe und der Arbeit“. Im „Der Herbst“ spiegelten sich der beginnende Lebensabend und die Resignation wider, und sein Gemälde „Der Winter“ sei die Landschaft, da die Naturkräfte schliefen.

Ein Bild des Malers Hermann Morres wäre – wie das der meisten siebenbürgischen bildenden Künstler – unvollständig, würde man nicht seiner Haupttätigkeit als Zeichenlehrer gedenken, gewährleistete dieser pädagogische Beruf dem Künstler eines zu 80 % Bauernvolkes doch die finanzielle Unabhängigkeit. Andererseits liegt darin auch die Hemmnis für eine allzu freie künstlerische Entfaltung. Morres, selbst Sohn eines Lehrers, der sich auch schriftstellerisch betätigte, übte 40 Jahre lang den Lehrerberuf an deutschen evangelischen Mädchenschulen in Kronstadt aus.

Lit.: „Aus Kronstädter Gärten – Selbstzeugnisse Kronstädter Maler, Bildhauer, Komponisten und Architekten“, Kronstadt 1930; Günther Egon Ott: „Deutsche Maler in Rumänien: Hermann Morres“, in: Bukarester Post, 30/1937; „Vom Rhythmus der menschlichen Gestalt“, Gespräch Claus Werners mit Prof. Hermann Morres, in: Volk und Kultur, Bukarest, 1970; Friedrich Schuller: „Heimatliche Landschaft. Zum 85. Geburtstag von Hermann Morres“, in: Neuer Weg, Bukarest, 1970; Heidemarie Gusbeth: „Hermann Morres 85“, in Karpatenrundschau, Kronstadt, 1970; „Hermann Morres“ in „Cărturari braşoveni, sec. XV-XX“ (Kronstädter Gelehrte im 15.-20. Jahrhundert), Kronstadt, 1972.