Biographie

Motekat, Helmut

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Germanist
* 6. Oktober 1919 in Gilgetal/Ostpr.
† 16. Juli 1996

Überblickt man die breite literaturwissenschaftliche Schaffenspalette von Professor Dr. Helmut Motekat von seiner akademischen Tätigkeit an der Universität München, von seinen zahlreichen Gastprofessuren und Gastvorlesungen im Ausland und von seinen wissenschaftlichen Publikationen her, so läßt sich ein weiter Kreis von Deutschland über Europa hinaus ziehen: Über dreißig Jahre Professoren-Tätigkeit an der Münchner Universität, Gastprofessuren, Gastvortragsreisen und Gastvorlesungen in Europa, Nord- und Südamerika und Neuseeland, literaturwissenschaftliche Veröffentlichungen im internationalen Bereich. Diese beruflichen, aber auch persönlichen weltweiten Beziehungen von Helmut Motekat zeigen ihn gleichermaßen als Europäer wie als Weltbürger. Wesentlich für seine Persönlichkeit ist aber auch neben seinem weltweiten Schaffensbereich das literaturwissenschaftliche und persönliche Bekenntnis zu eben diesem Land Europas, das ihn von seiner Geburt und seiner Jugend her geprägt hat: Helmut Motekat ist neben- und miteinander Europäer, Weltbürger und Ostpreuße.

Helmut Motekat wurde am 6. Oktober 1919 in Gilgetal in Ostpreußen geboren. Nach der Volksschulzeit in Neusorge, der Höheren Schule in Kaukehmen, beide im Kreis Niederung, bestand er 1938 das Abitur an der Staatlichen Oberrealschule/Realgymnasium in Tilsit. Aus dem daran anschließenden Wehrdienst wurde er nach schwerer Verwundung im Jahr 1940 entlassen.

An der Albertus-Universität zu Königsberg/Fr, studierte er bis zur Flucht nach Göttingen im Jahr 1945 die Fächer Germanistik, Anglistik, Geschichte, Volkskunde und Philosophie. Die in Königsberg bereits fertiggestellte Dissertation über „Das geistige Antlitz Königsbergs in der Biedermeierzeit“, die beim zweiten vernichtenden Bombenangriff auf Königsberg am 28.8.1944 verbrannt war, konnte rekonstruiert und das akademische Studium 1946 mit der Promotion in Göttingen abgeschlossen werden. Trotz aller Erschwernisse der Nachkriegszeit in Deutschland konnte Helmut Motekat sein Berufsziel einer akademischen Laufbahn konsequent realisieren: Nach zwei Jahren Tätigkeit als „Lektor für deutsche Sprache und Literatur“ am „College of the Rhine-Army“ in Göttingen, weiteren zwei Jahren als wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Deutsche Philologie der Universität München habilitierte sich Helmut Motekat in München im Fach Neuere deutsche Literaturgeschichte, wurde gleichzeitig zum Privatdozenten ernannt, und wenige Jahre später erhielt er den Ruf als Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte in München (1957). Nun schloß sich neben der Tätigkeit in Lehre und Forschung in München durchgehend eine intensive akademische Auslandstätigkeit an: Im Jahr 1958 erfolgte eine erste Einladung in die Vereinigten Staaten mit einer Teilnahme am II. Internationalen Kongreß für Vergleichende Literaturgeschichte an der University of North Carolina in Chapel Hill, N.C., nahm Helmut Motekat eine Reihe von Gastvorlesungen wahr: „Deutsche Woche“ der vier schottischen Universitäten (1959), als „Carl Schurz-Professor“ an 19 Universitäten der USA (1960), „Grand Canada Lecture Tour“ zu allen kanadischen Universitäten (1963), in Argentinien, Chile, Brasilien und Venezuela (1969) nach der Teilnahme am Internationalen lateinamerikanischen Germanistenkongreß in Cordoba, Argentinien, an polnischen Universitäten (1974), an 6 Universitäten Neuseelands (1980) mit gleichzeitiger Verleihung des Titels „German National Fellow“.

Als Gastprofessor wirkte Helmut Motekat an der Texas State University in Austin, Texas (1960), an der Tulane University of New Orleans, Louisiana (1963/64), beide Male mit einer Berufung als Full Professor, an der University of Toronto (1965/66) und im Jahr 1972 an der Universidade de São Paulo. Weltweite Verbindungen dokumentieren auch die wissenschaftlichen Publikationen: 6 Buchveröffentlichungen, 2 wissenschaftliche Ausgaben, über 50 Veröffentlichungen in Sammelwerken, Jahrbüchern und wissenschaftlichen Zeitschriften. Neben dem „Brockhaus-Bild-Wörterbuch Deutsch/Englisch“, neben Beiträgen in englischsprachigen, italienischen, finnischen und argentinischen Fachzeitschriften beschäftigen sich aber auch viele Veröffentlichungen Helmut Motekats mit dem ost- und westpreußischen Literatur- und Kulturleben, allen voran die beiden umfangreichen Buchveröffentlichungen der „Ostpreußischen Literaturgeschichte“ (1977) und „Meiner Heimat Gesicht. Facetten ostpreußischen Geistes“ (1982).

Diese Bindung an die Literatur Ost- und Westpreußens findet bei Helmut Motekat auch ihre Entsprechung in kulturhistorischer und kulturpolitischer Tätigkeit für dieses Land: Vom Jahr 1947 an als Mitbegründer des „Göttinger Arbeitskreises ostdeutscher Wissenschaft“ bis zur aktuellen Tätigkeit ab dem Jahr 1985 als Wissenschaftlicher Beirat und Leiter des Forschungsprojekts „Ostdeutsche Literatur“ der „Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen“, Bonn.

Neben Helmut Motekats regionalem und internationalem literaturwissenschaftlichem Engagement zeigt sich somit auch heute ein kultureller und politischer Einsatz für die Belange Ost- und Westpreußens.

Mitglied in Akademien und wissenschaftlichen Einrichtungen: Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung (Vorstandsmitglied); Johann Gottfried Herder-Forschungsrat, Marburg; Humboldt-Gesellschaft für Wissenschaft, Kunst und Bildung e.V., Mannheim (seit 1985 leitendes Mitglied); Altpreußische Gesellschaft für Wissenschaft, Kunst und Literatur, München; Göttinger Arbeitskreis ostdeutscher Wissenschaft, Göttingen (Mitglied des wissenschaftlichen Beirats).

Auszeichnungen: Träger der Jean Paul-Medaille; Träger des Bundesverdienstkreuzes; Träger des ostdeutschen Kulturpreises für Wissenschaft (1982).

Festschriften: „Vergleichen und Verändern“. Hg. v. Albrecht Goetzke und Günther Pflaum, München 1969 (zum 50. Geburtstag); „Romantik und Moderne“. Hg. v. Erich Huber-Thoma und Ghemela Adler, Frankfurt/M. 1986 (zum 65. Geburtstag).