Biographie

Mucha, Alfons Maria

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Maler, Grafiker, Designer für Kunsthandwerk
* 24. Juli 1860 in Eibenschütz/Mähren
† 14. Juli 1929 in Prag

Alfons Maria Mucha wurde in Eibenschütz, Mähren, als Sohn eines Gerichtsdieners geboren. Er besuchte das Gymnasium in Brünn und war Chorsänger am Dom St. Peter. Wegen des Stimmbruchs konnte er seine Gesangsausbildung nicht fortsetzen. 1875 kehrte er nach Eibenschütz zurück, wurde Gemeindeschreiber und begann zu zeichnen. 1877 bemühte er sich vergeblich um Zulassung an der Akademie der Künste in Prag. 1879 wurde er Kulissenmaler in Wien und nahm Zeichenunterricht. Nach dem Brand des Ringtheaters wurde er entlassen und zog nach Nickolsburg, wo er seinen Lebensunterhalt durch Porträtieren verdiente.

Alfons Maria Mucha lernte Graf Eduard Khuen-Belassi kennen, dem die Herrschaft Nickolsburg und die Schlösser Grusbach und Emmahof gehörten. Dieser gab ihm den Auftrag, den Speisesaal und die Bibliothek in Schloss Emmahof zu restaurieren und zerstörte Teile durch eigene Bilder zu ersetzen. Mit dem Grafen reiste Mucha nach Schloss Gandegg, dem Stammsitz der Khuen in Tirol und mit dessen Bruder, Graf  Egon Khuen, nach Oberitalien.

Auf Empfehlung des Grafen Egon Khuen wurde Mucha an der Akademie der Künste in München aufgenommen. Graf Khuen gewährte Mucha ein gut dotiertes Stipendium. Mucha übernahm sofort den Vorsitz des Vereins slawischer Maler in München. In den Ferien schmückte er einige Räume des Schlosses Grusbach mit Gemälden. Für seine Abschlussarbeit, das für die Kirche in Pisek, North Dakota, USA, bestimmte Gemälde Die hl. Kyrill und Methodius, erhielt Mucha den Preis der Münchner Kunstakademie.

Mucha ging 1888 nach Paris und trat in die Akademie Julian ein, die er aber bald verließ, um in der Akademie Colarossi seine Studien fortzusetzen. Das Stipendium des Grafen wurde ihm daraufhin entzogen.

Mucha nahm nun Kontakt mit Prager Zeitschriften auf, die fortan seine neuesten Arbeiten publizierten. Er illustrierte Bücher wie Scènes et épisodes de l’histoire d’Allemagne. 1892 schuf er sein erstes Plakat und 1894 das erste Plakat für die Schauspielerin Sarah Bernhardt, mit der er einen Exklusivvertrag auf 6 Jahre abschloss. Er entwarf für die Theaterstücke mit Sarah Bernhardt nicht nur Plakate, sondern auch Kulissen und Kostüme bis zum Schmuck und den Frisuren.

Mit diesen Arbeiten gelang Mucha der künstlerische Durchbruch. Im Februar 1897 fand in Paris Muchas erste Einzelausstellung mit 107 Arbeiten statt, im Juni bereits die zweite mit 448 Arbeiten. 300 Objekte wurden dann auf einer Wanderausstellung in Prag, München, Brüssel, London und New York gezeigt. Mucha beteiligte sich an Plakatwettbewerben und errang in Prag einen 2. Platz. Er fotografierte und entwarf farbige Fenster. Er schuf Serien, die panneaux décoratifs, Farblithographien auf Papier oder Seide wie Die Blumen (1897), Die Künste (1898), Iris (1899), Die 4 Jahreszeiten (1900), Die 4 Edelsteine (1900). Das Angebot, an der Wiener Kunstgewerbeschule zu unterrichten, lehnte er ab.

Mucha übernahm die Ausschmückung des osmanischen Pavillons von Bosnien und Herzegowina für die Weltausstellung 1900 in Paris, erhielt eine Silbermedaille und wurde zum Ritter des Franz-Joseph I.- Ordens geschlagen.

1901 wurde Mucha zum Ritter der Ehrenlegion ernannt und begann mit den Entwürfen für die Innenausstattung des Juweliergeschäftes  von Georges Fouquet in der Rue Royale, Paris. Von der Fassade bis zu den Stühlen, Sesseln, Vitrinen, Wandpanelen und Stoffen sowie Schmuck gestaltete Mucha alles in seinem neuen Stil. Als das Geschäft 1901 eröffnet wurde, war eine Ikone des „Jugendstils“ und der „Stil Mucha“ geschaffen.

1902 begleitete Alfons Mucha Auguste Rodin nach Mähren und Prag, wo eine große Rodin-Ausstellung veranstaltet wurde. In der Vereinigung für schöne Künste stellte Mucha die Originale zum Paternoster aus und entwarf die Ausstattung für die Oper Libussa von B. Smetana für das Nationaltheater in Prag. In Paris erschienen die documents décoratifs, eine Sammlung von 72 Tafeln mit Entwürfen Muchas vom Messer bis zur Zimmereinrichtung, im Verlag der Librairie centrale des
Beaux-Arts
.

1904 wurde Mucha in die USA eingeladen. Er beabsichtigte, Porträts bedeutender, reicher Personen zu malen, um Sponsoren zur Unterstützung des Slawentums in seiner Heimat zu gewinnen. Er unterrichtete in New York Lehrer und Lehrerinnen von Fachschulen und präsentierte seine Arbeiten in einer großen Ausstellung zu der er panneaux décoratifs mit amerikanischen Motiven – Indianer mit Blumen und Federn – anfertigte. Für die Herz-Jesu-Kirche in New York schuf er eine Madonna.

Alfons Mucha heiratete in Prag und reiste im Herbst 1906 wiederum in die USA. Er hielt Vorträge am Art Institute in Chicago und wurde zum Professor an der New York School of Applied Design for Women ernannt.

1908 reifte sein Entschluss, den Rest seines Lebens der slawischen Solidarität zu widmen und mit Werken der bildenden Kunst die Welt auf die Bedeutung des Slawentums hinzuweisen. Bei einem Besuch bei seiner Schwester in Mähren zeichnete er die ersten Skizzen zum Ursprung der Slawen. Es gelang ihm, Charles R. Crane zur Finanzierung des Slawischen Epos zu überreden. 1912 überreichte er die ersten Bilder dieses Zyklus der Stadt Prag. Diesen folgten bis 1916 sechs weitere Arbeiten, im Format 610 x 810 cm, gemalt in Eitempera auf Leinwand.

1917 machte er Entwürfe für das Staatswappen und für Briefmarken der zukünftigen Tschechoslowakei. 1918 entwarf er Banknoten für die neue Tschechisch-Slowakische Republik. 1919 stellte er 11 Gemälde des Slawischen Epos in Prag aus.

1920 reiste Mucha wieder in die USA und präsentierte in Chicago und New York fünf Gemälde des Slawischen Epos mit großem Erfolg. Der Zyklus wurde zunehmend zum Politikum, denn der Hauptsponsor Crane stand dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson nahe, wodurch Mucha Zugang zum Weißen Haus erhielt.

In den folgenden Jahren arbeitete Mucha hauptsächlich am Slawischen Epos. Für die vielfigurigen historischen Szenen fertigte er  Fotografien an, von Modellen einzeln oder in Gruppen, in Posen und historischen Kostümen oft mit üppigen Faltenwürfen, mit Rüstung und Waffen oder sonstigem Gerät. Viele dieser Fotografien haben sich erhalten. 

Im Oktober 1928 war der Zyklus Slawisches Epos vollendet. Alfons M. Mucha und sein Finanzier Charles R. Crane übergaben die 20 Monumentalgemälde an das tschechische Volk und die Stadt Prag. Der Bilderzyklus wurde im Messepalast ausgestellt.

Die nationalpolitische Ausrichtung wurde zunehmend deutlich. Im Anschluss an die Dankadresse des tschechischen Volkes an Poincaré malte Mucha das Bild Frankreich befreit die Tschechoslowakei (1928). Er konzentrierte sich auf Aufträge vom Staat und den Kommunen, fertigte Banknoten, Plakate, Werbung für den tschechoslowakischen Fremdenverkehr sowie ein großes Glasfenster Fenster für die neue erzbischöfliche Kapelle im Veitsdoms zu Prag (1931) an, das St. Wenzel, den Schutzheiligen der tschechischen Nation, die hl. Ludmilla, sowie die hl. Kyrill und Method darstellt. Die Ausführung in Ölmalerei auf Glas ist ungewöhnlich und zeigt in Form und Farbigkeit Muchas Begabung für das Dekorative.

1936 verfasste Mucha Drei Äußerungen zum Leben und Werk, die als Privatdruck in Brünn erschien.

1938 erkrankte Mucha an einer Lungenentzündung. Am 14. Juli 1939 starb er in Prag. Sein letztes Bild war Der Einigkeitsschwur der Slawen.

Alfons Mucha schuf Ikonen des Jugendstils, den Stil Mucha mit seinen Entwürfen für das Kunsthandwerk, mit Plakaten, Kostümen und Kulissen für die Schauspielerin Sarah Bernhardt. Mit der Boutique G. Fouquet, dem Geschäft des Juweliers Georges Fouquet, schuf er das Gesamtkunstwerk des Jugendstils. Mit Buchillustrationen und den panneaux décoratifs, mit artifiziellen Blumenornamenten und eleganten weiblichen Figuren, deren Antlitz und Körper eingehüllt sind in fließende Gewänder und reiches Haar-Ornament, wurde Mucha zum führenden Vertreter der Art Nouveau. Mit dem Pavillon für Bosnien und Herzegowina erreichte er den Höhepunkt seines Schaffens. Mit demSlawischen Epos (1910-1928) engagierte er sich  für das moderne, politisch und philosophisch motivierte Historienbild.  Mucha hinterließ damit ein sehr eigenständiges, vielfältiges, umfangreiches Werk vom monumentalen Gemälde bis zum filigranen Schmuckstück, von der Zeichnung bis zur Fassadendekoration, von Buchillustrationen bis zu Glasfenstern, Banknoten und Briefmarken sowie den heute noch erhaltenen ca. 1.500  Fotografien.

Lit.: Ausführliches Literaturverzeichnis in: Alfons Mucha 1860-1939. Ausstellungskatalog Mathildenhöhe, Darmstadt 1980. – Neuere Literatur im Ausstellungskatalog Alfons Mucha – Kunsthalle der HYPO-Kulturstiftung, München 2009.

Bild: Alfons Mucha um 1900.

Idis B. Hartmann