Biographie

Mueller-Stahl, Armin

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Schauspieler
* 17. Dezember 1930 in Tilsit

Armin Mueller-Stahl wurde als drittes von fünf Kindern des Bankbeamten Alfred Mueller-Stahl in Tilsit geboren. Seine Mutter, die Ärztin Editha Mueller-Stahl, stammte ursprünglich aus Estland, von wo aus sie zusammen mit ihren Eltern 1918 nach Ostpreußen flüchtete. In Tilsit verbrachte Armin Mueller-Stahl in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg eine unbeschwerte Kindheit. Oft zog es die Familie zur Tilsiter Kleinkunstbühne Barberina an die Wasserstraße 4, wo Armin Mueller-Stahl seine ersten Erfahrungen mit der Schauspielerei machte. 1938 zog die Familie nach Prenzlau in die Uckermark, wo Alfred Mueller-Stahl noch im selben Jahr in die Wehrmacht eingezogen wurde. Die Sorgen um den Vater im Zuge des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges belasteten den Jungen schwer. Erst 28 Jahre nach dem Krieg erfuhr Armin Mueller-Stahl, dass das sein Vater kurz vor Kriegsende am 1. Mai 1945 in einem Lazarett im mecklenburgischen Schönberg verstorben war. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich seine Frau und die Kinder in Goorstorf bei Rostock, wohin sie aus Angst vor der Roten Armee geflüchtet waren.

Kurz nach Kriegsende kehrte die Familie in das zerstörte Prenzlau zurück, wo der 14-jährige Mueller-Stahl, wie viele andere Kinder und Jugendliche auch, die Schule mit dem sog. „Notabitur“ vorzeitig abschloss. Unmittelbar darauf begann er Musikwissenschaft und Geige am Städtischen Konservatorium in Berlin zu studieren. Armin Mueller-Stahl engagierte sich in dieser Zeit in vielen Bereichen, darunter als Musiker, Lehrer und Schauspieler. 1952 führte ihn ein Vorstellungsgespräch zu Helene Weigel, die als Intendantin des Berliner Ensembles zusammen mit Bertold Brecht das Ost-Berliner Theater am Schiffbauerdamm leitete. Überzeugt von dessen darstellerischen Fähigkeiten, engagierte sie Armin Mueller-Stahl für mehrere Bühnenstücke, die den jungen Künstler weit über das Theater hinaus in den Film- und Fernsehdarbietungen der DDR berühmt machten. 1954 wechselte er an die Berliner Volksbühne, wo er über zwei Jahrzehnte in Stücken wie Emilia Galotti und Kabale und Liebe zu sehen war. Neben diesen Auftritten stand Armin Mueller-Stahl etliche Jahre auch in anderen Regionen der DDR, wie etwa dem Theater der Bergarbeiter in Senftenberg nahe Cottbus, auf der Bühne. 1956 folgte mit Heimliche Ehen die erste große Spielfilmrolle. Nach mehreren Konzertreisen wurde er 1974 für seine Rolle in Jakob der Lügner erstmals für den Oscar-Filmpreis in den USA nominiert. Da sich Mueller-Stahl zwei Jahre später an einer Protestresolution gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns beteiligte, erhielt er nur noch wenige Rollenangebote. In dieser Zeit erschien mit Verordneter Sonntag sein erster Roman.

Armin Mueller-Stahl verließ 1980 auf eigenen Wunsch die DDR, da er in der Bundesrepublik weitaus mehr Angebote bekam und prompt von Rainer Werner Fassbinder für den Film Lola engagiert wurde (1981). Hauptrollen in damals populären Fernsehsendungen wie Die Schwarzwaldklinik oder Der Alte interessierten Mueller-Stahl hingegen weniger, weshalb er sich im Alter von knapp 60 Jahren dazu entschloss, in Hollywood einen Neuanfang zu wagen. Nach verschiedenen Engagements in großen Filmen wurde er Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles, die jährlich die Oscars verleiht. Trotz vieler Erfolge kehrte er immer wieder nach Deutschland zurück, um etwa die Hauptrolle des Thomas Mann in dem Fernseh-Dreiteiler Die Manns – Ein Jahrhundert­roman zu spielen. Von den Kritikern wurde diese Darstellung als die gelungenste seiner ganzen Karriere angesehen.

Armin Mueller-Stahl lebt heute in Berlin sowie in dem norddeutschen Küstenort Sierksdorf und im kalifornischen Pacific Palisades, wo er seit 1992 ein Haus besitzt. 2014 stellte der „Brad Pitt des Ostens“, wie Armin Mueller-Stahl sich selbst gelegentlich bezeichnet, seine Biografie vor, die einen tiefen Einblick in das Leben des Ausnahmekünstlers liefert. Darüber hinaus veröffentlichte er selbstgemalte Lithographien, die von Zeit zu Zeit in verschiedenen Städten ausgestellt werden. 2011 wurde Armin Mueller-Stahl Ehrenbürger von Tilsit.

Filme (Auswahl): DDR: Heimliche Ehen (1956). – Flucht aus der Hölle (TV) (1960). – Fünf Patronenhülsen (1960). – Königskinder (1962). – Nackt unter Wölfen (1963). – Tödlicher Irrtum (1970). – Der Dritte (1972). – Nelken in Aspik (1976). – Die Lindstedts (1976). – Die Flucht (1977). – BRD: Lola (Regie: Rainer Werner Fassbinder) (1981). – Flucht aus Pommern (TV) (1982). – Eine Liebe in Deutschland (1983). – Tausend Augen (1984). – Die Mitläufer (1985). – Bittere Ernte (1985). – Momo (1986). – Jokehnen (TV-Serie) (1987). – Tagebuch für einen Mörder (TV) (1988). – Das Spinnennetz (1989). – Die Manns – Ein Jahrhundertroman (TV) (2001). – USA: Music Box – Die ganze Wahrheit (Music Box) (1989). – Avalon (1990). – Im Glanz der Sonne (The Power of One) (1992). – Das Geisterhaus (The House of the Spirits) (1993). – Shine – Der Weg ins Licht (Shine) (1996). – Im Angesicht meines Feindes (In the Presence of Mine Enemies, TV) (1997). – The Game (1997). – Projekt: Peacemaker (The Peacemaker) (1997). – Akte X – Der Film (1998). – Mission to Mars (2000). – Tödliche Versprechen – Eastern Promises (Eastern Promises) (2007). – Buddenbrooks (2008). – The International (2009). – Illuminati (Angels and Demons) (2009). – Knight of Cups (2015)

Werke (Auswahl): Verordneter Sonntag, Berlin 1981. – Unterwegs nach Hause. Erinnerungen, Düsseldorf 1997. – In Gedanken an Marie-Louise. Eine Liebesgeschichte, München 1998. – Die Buddenbrooks – Übermalungen eines Drehbuchs. Mit Texten von Heinrich Breloer, Herwig Guratzsch und Armin Mueller-Stahl, Berlin 2008. – Die Jahre werden schneller. Lieder und Gedichte, Berlin 2010. – Armin Mueller-Stahl. Dreimal Deutschland und zurück. Aufgeschrieben von Andreas Hallaschka, Hamburg 2014.

Lit. (Auswahl): Gabriele Michel, Armin Mueller-Stahl – Die Biografie. Ein intimes Porträt des großen Charakterdarstellers, München 2000. – Dies., Armin Mueller-Stahl. Die Biographie, Berlin 2010­. – Volker Skierka, Armin Mueller-Stahl. Begegnungen. Eine Biografie in Bildern. Knesebeck, Berlin 2002.

Bild: Armin Müller-Stahl auf der Buchmesse 2007 am Stand von Brockhaus. Bildrechte: Mathias Schindler – Eigenes Werk. Keine Bildänderungen vorgenommen. Urheber: Wikimedia.

Marco Wachtel, 2017