Biographie

Musil, Alois

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Diplomat, Geograph, Historiker, Orientalist, Priester
* 29. Juni 1868 in Richtersdorf/ Mähren
† 12. April 1944 in Neuhof/ Böhmen

Alois Musil, Vetter zweiten Grades des bekannten Dichters Robert Musil (Der Mann ohne Eigenschaften), begann nach seinen Gymnasialbesuchen in Kremsier, Brünn und Hohenmaut seine Studien zunächst an der Universität Olmütz, wo er katholische Theologie studierte und 1891 zum Priester geweiht wurde. 1895 wurde er mit der Dissertation mit dem Titel Historia Archidioecesis Olomoucensis imperante Josepho II. zum Dr. theol. promoviert. Vermutlich war es diese Arbeit, die den späteren Förderer, Erzbischof Theodor Kohn, das erste Mal auf Musils Person aufmerksam werden ließ. Nach der Dissertation folgten Aufenthalte zum Studium orientalischer Sprachen in Jerusalem, Beirut, London, Cambridge und Berlin. Insgesamt beherrschte Musil acht Weltsprachen und über 20 semitische Dialekte und war dementsprechend als Wissenschaftler schon bald sehr angesehen.

So wirkte Musil ab 1902 zunächst als Professor für alttestamentliche Bibelwissenschaften an der Universität Olmütz, ab 1909 als Professor für biblische Hilfswissenschaften und arabische Sprachen an der Universität Wien und ab 1920 als Professor für Orientalistik an der Universität Prag. In Prag gründete Musil auch das Orientalistische Institut. Ab 1896 folgten erste Forschungsreisen in den Nahen Osten, so nach Transjordanien, Ammonitis, Moab, Idumäa, Gaza, Arabia-Petraea, Damaskus und Palmyra. Die Entdeckung von Wüstenschlössern sowie die Aufnahme als Musa as Sahari in den Beduinenstamm der Beni Sahr rundeten die ersten zwei Jahre seiner Forschungsreisen ab. 1898 unternahm er eine erneute Reise, diesmal in den Osten der Sinaihalbinsel, die Jordanische Wüste östlich und südöstlich des Toten Meeres und Damaskus. 1900 unterzog er sich am k.k. Militärgeographischen Institut in Wien einer Schulung in der topographischen Landesaufnahme durch Feldwebel Thomasberger, mit dem er auch 1908/09 die Wüste zwischen Palästina und dem Euphrat erforschte. Zuvor bereiste er 1901 Ost-Edom, später Quseir Amra mit dem Orientkenner und Maler Mielichhofer. Ab 1910 erforschte er mit Thomasberger und Kober Nordarabien und Hedschas für einen Teil der Hedschasbahn, 1912 bereiste er mit Prinz Sixtus von Bourbon-Parma und Thomasberger Nordostarabien und Südmesopotamien. Bereits 1911 erhielt Musil einen Brief eines Attachés beim österreichischen Generalkonsulat in Beirut namens Dr. Josef Schwagula, der auch ein Jugendfreund von Prinz Sixtus von Bourbon-Parma war, worin er Musil um die wissenschaftliche Begleitung durch Nordostarabien und Südmesopotamien bat. Vermutlich nicht ohne Grund schlug Musil dem Prinzen seine Begleitung vor. Einerseits wollte Musil seine Erforschungsreise der Palmyrene fortsetzen, zum anderen konnte diese Reise Beziehungen zu weiteren Förderern eröffnen. Außerdem bot Prinz Sixtus an, Aufgaben zu übernehmen, was dem Musil die Möglichkeit eröffnete, sich ganz auf seine kartographische Arbeit zu konzentrieren.

Auch als Diplomat war Musil von großem Nutzen für Österreich. Von den Regierungen in Wien und Berlin beauftragt, sollte er so 1914 bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges die Emire Ibn Saud und Ibn Raschid besuchen um – allerdings vergeblich – zu bewirken, dass diese zusammen mit der Türkei in den Krieg gegen England eintreten.

1916 erfolgten die Gründung der Orient- und Überseegesellschaft und des Forschungsinstituts für Osten und Orient in Wien sowie die Reorganisation der Lehranstalt für orientalische Sprachen. 1917, als der Krieg noch nicht verloren schien, wurde Musil erneut und diesmal zusammen mit Erzherzog Hubert Salvator in den Orient gesandt. Trotz der Niederlage und des schicksalshaften Endes der Monarchie in Österreich wurden Musil große Ehren bei Hofe in Wien zu teil. So erhielt er den Rang eines k.u.k. Feldmarschall-Leutnants und das Recht auf den Titel „Exzellenz“.

Im Zuge des Zusammenbruchs der österreichisch-ungarischen Monarchie und einiger Widerstände bezüglich der damit verbundenen neuen Staatsbedienstetenverordnung beantragte Musil Anfang 1919 seine Pension und orientierte sich ab 1920 mit seiner Lehrtätigkeit und mit Hilfe von Staatspräsident T.G. Masaryk nach Prag. Dort lehrte er bis zu seinem Ruhestand 1938 Orientalistik.

Werke: Arabia Petraea, 3 Bände, 1907-1908, mit Karte. – Nordostarabien und Südmesopotamien, 1913. – The Northern Hegâz, in: Journal of the American Geographical Society of New York (12/1926). – Zur Zeitgeschichte von Arabien (1918) etc. Hinzu kommen zahlreiche Kartenwerke parallel zu seinen Buch- und Aufsatzveröffentlichungen.

Lit.: E. Bernleithner, Musil, Alois, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, Band 7, Wien 1978, S. 1 u. 2. – Rudolf Veselý, Musil, Alois, in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 636f. [Onlinefassung]. – Karl Johannes Bauer, Alois Musil. Wahrheitssucher in der Wüste (Perspektiven der Wissenschaftsgeschichte; 5), Wien 1989. – Rudolf Grulich, Scheich Musa war ein Priester aus Mähren, in: Mitteilungen Haus Königstein (1/2010), 22-25.

Bild: Mitteilungen Haus Königstein (1/2010),Titelbild.

Julia Nagel