Am 27. Januar 2018 wurde Dr. Helmut Neubach 85 Jahre alt. Den Lesern der Zeitschrift „Schlesien heute“ ist er seit Jahrzehnten bekannt als Schlesischer Geschichtsfreund, der den Lesern umfangreiche Nachrichten zur Kultur und Geschichte Schlesien nahebringt.
Geboren ist er am 27.1.1933 – wenige Tage vor Hitlers Machtübernahme – in Grottkau, der ehemaligen Residenzstadt der Breslauer Bischöfe. Bis zur Flucht und Vertreibung 1945 wohnte die Familie in Brieg, danach bis 1948 in Neustadt/Orla in Thüringen, damals sowjetisch besetzte Zone. Nach der Übersiedlung in den Westen, legte der Jubilar 1954 das Abitur am Neusprachlichen Gymnasium Lahnstein ab. Es folgte ein breit angelegtes Studium in Geschichte und Slawistik an den Universitäten Bonn, Marburg, Berlin und Mainz. 1957/58 war er Stipendiat am Osteuropa-Institut der FU Berlin. Da Stipendien zu dieser Zeit aber nur kurzfristig vergeben wurden, musste er sein Studium durch Arbeit – u.a. im Bergwerk verdienen – was ihm leider sein Rückgrat ramponierte, worunter er sein Leben lang zu leiden hat. Seine Kenntnis slawischer Sprachen führte ihn zu dem Mainzer Osteuropa-Historiker Gotthold Rhode (1916 – 1990), der 1941 an der Universität Breslau promoviert worden war. Bei Rhode machte Helmut Neubach1962 seinen Doktor über Bismarcks Polenpolitik. Unter Rhodes Leitung war er von 1962 bis 1968 als dessen „Kommissionsassistent“ im wissenschaftlichen Dienst für den Herder-Forschungsrat (Marburg und Mainz) tätig. Von 1968 bis 1992 war er im Schuldienst, von 1992 bis 1998 fungierte er wiederum als Wissenschaftler an der Universität Koblenz-Landau.
Die historische Wissenschaft sowie alle an der Geschichte Schlesiens Interessierten verdanken ihm wichtige Erkenntnisse zur Geschichte dieser Region wie generell zur Geschichte Ost-Mitteleuropas. Bereits in seiner Dissertation wies er mit der Darstellung der Ausweisungen von Polen und Juden aus Preußen 1885/86 auf einen wunden Punkt von Bismarcks Polenpolitik hin, ein Problem, das von den die Bismarck‘sche Germanisierungspolitik lobenden Historikern gern verschwiegen oder beschönigt wurde. Mit dem Antipolonismus, so mit Eduard v. Hartmanns Schlagwort vom „Ausrotten der Polen“, befasste er sich auch in einer weiteren Studie.
Ausgewiesen ist Helmut Neubach vor allem zur Verwaltungsgeschichte sowie zur Geschichte der Parteien und Politiker in Schlesien. Auf seine Forschungsergebnisse muss jeder zurückgreifen, der sich mit der Geschichte Schlesiens befasst. Die recht komplizierte schlesische Geschichte der Jahre 1871 bis 1945 hat er anschaulich in der „Historischen Landeskunde“ (Deutsche Geschichte im Osten, Band Schlesien) dargestellt, die er 1995 mit Winfried Irgang und Werner Bein herausgegeben hat.
Als der „Renner“ erwies sich die über 10 Auflagen und insgesamt über 160.000 Exemplaren erschienene „Kleine Geschichte Schlesiens“ (jetzt im Senfkorn Verlag zu Görlitz). Der Oppelner (Erz-)Bischof Alfons Nossol lobte diese Publikation anerkennend mit der Bemerkung, dass es gar nicht so leicht sei, „die komplizierte Geschichte unserer schönen Heimat so bewundernswert darzustellen“.
Aktiv beteiligt sich Dr. Neubach auch an zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen zur Geschichte Schlesiens sowie der Deutschen in Polen, so in der Historischen Kommission für Schlesien, ferner als Vorstandsmitglied der Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen Letzterer vermachte er große Teile seiner Bibliothek und seines Nachlasses, als er im letzten Jahr aus familiären Gründen seinen Wohnsitz von Mainz in eine Seniorenresidenz in Baden-Baden verlegen musste. „Grab, wo du stehst“, hieß einst die Devise der Alltagsgeschichte. Und so grub Helmut Neubach auch in seiner neuen Heimat Rheinhessen nach historischen Schätzen, wofür er 2006 die Verdienstmedaille von Rheinland-Pfalz erhielt. Bereits 1970 war ihm der Förderpreis des Oberschlesischen Kulturpreises verliehen worden.
Der Jubilar kann auf ein umfangreiches Lebenswerk zurückschauen. Davon zeugt seine respektable Veröffentlichungsliste im Internet. Seine zahlreichen und bisweilen recht kritischen Rezensionen nicht nur in ,Schlesien heute‘, sondern vor allem im „Historisch-politischen Buch“ haben ihm nicht nur Freunde gemacht Hier folgt er jedoch dem Leitspruch seines akademischen Lehrers Rhode, dass man erkannte historische Wahrheiten offen aussprechen bzw. publizieren muss.
So bleibt für den Jubilar nach seinem reichen Schaffen wie auch der historischen Forschung ein Wunsch, dass seine durch die „Kommission für Zeitgeschichte“ angeregte langjährige Lebensarbeit, nämlich „Franz Graf von Ballestrem: Tagebuch 1885 bis 1906“, das fast druckfertig vorliegt, bald publiziert wird. Es gäbe wohl kein schöneres Geburtstagsgeschenk. Möge der Jubilar trotz seines privaten Schicksals nicht den Mut verlieren.
Weblinks: https://www.helmut-neubach.de, https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Neubach
Bild: Ostthüringer Zeitung
Arno Herzig
(aus: Schlesien heute 1/2018, S. 49)