Biographie

Neugeboren, Johann Ludwig

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Paläontologe, Mineraloge
* 2. August 1806 in Mühlbach/Siebenbürgen
† 20. September 1887 in Hermannstadt/Siebenbürgen

In J. Ludwig Neugeboren gedenken wir eines bedeutenden siebenbürgischen Paläontologen des vergangenen Jahrhunderts. Durch die jahrzehntelange Erforschung der Tertiärfauna Siebenbürgens und die Veröffentlichung seiner Untersuchungen in in- und ausländischen Fachzeitschriften sowie durch seine wissenschaftlichen Beziehungen zu österreichischen und deutschen Paläontologen wurde sein Name bald über die Grenzen seiner engeren Heimat bekannt. Seine große Sammlung fossiler Lebewesen Siebenbürgens, mit den Typen der von ihm beschriebenen fossilen Arten, bildet heute einen wertvollen Teil der Sammlungen des Naturwissenschaftlichen Museums in Hermannstadt.

J.L. Neugeboren wurde am 2.8.1806 in Mühlbach (Siebenbürgen) geboren. Er war der jüngste Sohn des damaligen Stadtpfarrers und späteren Bischofs der evangelischen Landeskirche Siebenbürgens Daniel Georg Neugeboren. Nach Abschluß des Gymnasiums in Hermannstadt studierte er in Wien Theologie (1828-1831) und im vierten Jahr seines dortigen Aufenthaltes auch Naturwissenschaften. Nach Hause zurückgekehrt, wurde er 1834 Lektor am Hermannstädter Gymnasium, übernahm 1835 die Stelle des Bibliothekars und Kustos am Brukenthalmuseum in Hermannstadt und lehrte ab 1836 auch Geschichte des Altertums am Gymnasium. 1840 erhielt er die Stelle des Klosterpredigers und wurde 1848 zum Hermannstädter Stadtprediger befördert. Nach mehr als 20jähriger erfolgreicher Tätigkeit in diesen Funktionen wurde er 1862 von der Gemeinde Freck zum Pfarrer gewählt. Als Seelsorger dieser Gemeinde hat er mehr als 22 Jahre segensreich gewirkt und war hier bis in sein hohes Alter auch wissenschaftlich tätig. Nach Vollendung seines 80. Lebensjahres zog er sich aus dem Berufsleben zurück, übersiedelte 1885 nach Hermannstadt, wo er am 20. September 1887 im Alter von 82 Jahren starb. Als Gymnasiallehrer ging Neugeboren zunächst mineralogisch-geologischen Fragen nach. 1839 erschien der erste Teil von seinem „Lehrbuch der Naturgeschichte als Leitfaden bei Vorlesungen an Gymnasien, mit besonderer Berücksichtigung Siebenbürgens“ (Mineralogie), das 1840 von Michael Fuß durch die Teile Botanik und Zoologie ergänzt wurde.

Als Kustos der Brukenthalschen Sammlungen widmete sich Neugeboren zunächst der Vermehrung und Neuaufstellung der Mineraliensammlung, von der er auch einen dreibändigen Katalog aufstellte. 1844 erschien das erste gedruckte Verzeichnis eines Teiles der Sammlungen unter dem Titel „Die Gemäldegalerie des freiherrlichen v. Brukenthalschen Museums in Hermannstadt“, welches in der Einleitung auch Angaben zur Bibliothek und der Mineraliensammlung dieses Museums enthält. Als Besorger und Betreuer dieser Sammlungen veröffentlichte er ab 1842 zunächst mineralogisch-geologische Arbeiten wie „Goldstufen des Brukenthalschen Museums in Hermannstadt“ und danach Beiträge über die Geschichte siebenbürgischer Bergwerke bzw. der mineralogischgeologischen Forschungen in Siebenbürgen. Ab 1846 wandte sich Neugeboren hauptsächlich paläontologischen Untersuchungen zu, die er über Jahrzehnte mit viel Eifer und Erfolg betrieben hat. Im Zuge dieser Arbeiten hat er an verschiedenen Lagerstätten Siebenbürgens und des Banates die fossilen Reste von tertiären Fischarten, Weichtieren und Foraminiferen (einzellige Wassertiere mit Kalkschale), aber auch von fossilen Säugetieren, Korallen und Pflanzenarten zu Tage gefördert und in zahlreichen Abhandlungen beschrieben. Von seinen insgesamt 50 Veröffentlichungen, von denen der Großteil in siebenbürgischen Zeitschriften erschienen ist, befassen sich 40 z. T. in einer Reihe von Fortsetzungen – mit den fossilen Arten der Tertiärfauna und -flora Siebenbürgens. Mehrere Beiträge sind aber auch in den Wiener Zeitschriften„Haidingers Berichte …“, dem „Jahrbuch für Mineralogie“, dem „Jahrbuch der k.k. geologischen Reichsanstalt“ und der „Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft in Berlin“ erschienen.

Mit zahlreichen ausländischen Fachkollegen stand Neugeboren in reger Beziehung und erhielt wiederholt von ihnen wertvolle Unterstützung in der Auswertung seiner Untersuchungen. Zu diesen gehören Wilhelm Haidinger, Josef Ritter v. Hauer und Paul Partsch in Wien, August E. Reuss in Prag, K. J. Andrae in Bonn, Ernst van der Broeck in Brüssel u.a.

Dem Siebenbürgischen Verein für Naturwissenschaften in Hermannstadt gehörte er seit dessen Gründung als aktives Mitglied an und war längere Zeit in der Leitung als Vorstands-Stellvertreter tätig. In ausländischen Vereinen war er u.a. korrespondierendes Mitglied der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien und Ehrenmitglied der belgischen Akademie für Archäologie in Antwerpen. Als Paläontologe hat er wertvolle Bausteine zur siebenbürgischen Paläontologie zusammengetragen und sich somit vor allem um die Erforschung der jungtertiären Tierwelt Siebenbürgens große Verdienste erwerben.