Biographie

Nowottny, Friedrich

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Journalist
* 16. Mai 1939 in Hindenburg (Zabrze)/ Oberschlesien

Friedrich Nowottny ist Oberschlesier. Er wurde am 16. Mai 1929 in Hindenburg geboren. Ostern 1945 wurde er im Alter von 15 Jahren zum „Volkssturm“ eingezogen und konnte nach Bayern fliehen, wo er von der „Feldpolizei“ aufgegriffen wurde. In Braunau am Inn, dem Geburtsort Adolf Hitlers 1889, geriet er in amerikanische Gefangenschaft, wo er als Dolmetscher eingesetzt wurde. Mit Mutter und Schwester, die er wiederge­funden hatte, zog er nach Bielefeld in Westfalen.

Nachdem er 1946/48 bei der britischen Besatzungsmacht in Bielefeld dienstverpflichtet gewesen war, wurde er Reporter bei der Tageszeitung „Freie Presse“. Zunächst war er dort Volontär, dann Redakteur und seit 1959 Ressortleiter. Karriere machte er nach 1962 beim „Saarländischen Rundfunk“, wo er Leiter der Sendung „Wirtschaft und Soziales“ geworden war. Die Senderei­he „Der Markt. Wirtschaft für jedermann“ machte ihn einem breiteren Publikum bekannt, 1965 wurde er stellvertretender Chefredakteur.

Zwei Jahre später, 1967, wechselte er zum „Büro Bonn“ des in Köln ansässigen „Westdeutschen Rundfunks“ und wurde dort stellvertretender Studioleiter. Im Februar 1973 wurde er dann Leiter des „Bonner Büros“ und moderierte bis 7. Juni 1985 die Sendereihe „Bericht aus Bonn“ insgesamt 571mal. Außerdem war er noch Kommentator und ARD-Korrespondent.

Wegen seiner ironisch-distanzierten Berichterstattung zählte er zu den beliebtesten Fernsehjournalisten Westdeutschlands, der dem politischen Journalismus zu unerwarteter Popularität verhalf. Als legendär galt sein Interview mit Willy Brandt (1913-1992), der im Vorfeld gebeten worden war, sich kurz zu fassen und deshalb auf die gestellten Fragen nur mit „Ja“ oder „Nein“ antwortete. Ein Angebot des Bundeskanzlers Helmut Kohl, das Amt des Regierungssprechers zu übernehmen, lehnte er ab.

Am 14. Juni 1984 wurde Friedrich Nowottny zum Intendanten des „Westdeutschen Rundfunks“ gewählt, wo er die Seifenoper „Lindenstraße“ (1985-2020) einführte und das ARD-Früh­stücks­fernsehen. Während seiner Amtszeit sorgte er auch dafür, dass nach der Wiedervereinigung 1990 die mitteldeutschen Rundfunkanstalten in die ARD aufgenommen wurden.

Nachdem er 47 Jahre in Swisttal-Buschhoven bei Bonn gelebt hatte, ist er 2019, im Alter von 90 Jahren, in die ehemalige Bundeshauptstadt am Rhein gezogen. Er arbeitet heute als freier Journalist, hält Vorträge, schreibt Zeitungskolumnen und kommentiert das politische Geschehen. Von den Auszeichnun­gen, die er zwischen 1973 und 2006 bekommen hat, sind zu erwähnen das „Bundesverdienstkreuz“ (1979) und das „Große Bundes­ver­dienstkreuz“ (1986).

Werke: Information und Verantwortung. Gespräche, Reden, Schriften 1985-1995, Bremen 1996.

Bild: Autogrammkarte Friedrich Nowottny, Privatbesitz.

Jörg Bernhard Bilke