Biographie

Palmer, Lilli

Herkunft: Posener Land
Beruf: Schauspielerin, Schriftstellerin und Malerin
* 24. Mai 1914 in Posen
† 27. Januar 1986 in Westwood bei Los Angeles/Kalifornien/USA

Die Tochter des jüdischen Chirurgen und Medizinalrats Alfred Peiser und der Schauspielerin Rose Lissmann erhielt neben der Gymnasialausbildung bei Ilka Grüning und Lucia Höflich Schauspielunterricht in Berlin und debütierte 1932 in „Die eiserne Jungfrau“ am Berliner Rose-Theater. Im selben Jahr wurde sie von Gustav Hartung an das Landestheater Darmstadt engagiert und spielte u. a. in Shaws „Pygmalion“ und in Künnekes „Glückliche Reise“.

1933 emigrierte Lilli Palmer wegen ihrer jüdischen Herkunft gemeinsam mit ihrer Schwester Irene nach Paris, wo sie als Gesangs- und Tanzduo in Cabarets und Nachtclubs auftraten. 1934 folgte sie einer Einladung Alexander Kordas nach England, drehte dort ihren ersten Film „Crime Unlimited“ und wurde 1936 für Hitchcocks Krimi „Geheimagenten“ verpflichtet. Ihren Durchbruch hatte sie 1937 mit „The silent barrier“ (Die große Grenze), einem Film über den Bau der kanadischen Eisenbahn.

Palmers herbe Melancholie, ihre Disziplin, Distinguiertheit und zurückhaltend akzentuierte Körperlichkeit entsprach dem Weiblichkeitsbild des englischen Films. Die Gestaltung gebändigter oder unausgelebter erotischer Versuchungen blieb lange ihr besonderes Aufgabengebiet, das jedoch selten konsequent ausgeleuchtet wurde.

Zu den über 20 Filmen, die Lilli Palmer zum Star werden ließen, gehören „Verbrechen ohne Ende“, „First Office“,”Sunset in Vienna“, “Good Morning Boys“, „Crackerjack“, „The Man with 100 Faces“, „A Girl must Live“, „The Gentle Sex“, „Thunder Rock“, „Die unentschuldigte Stunde“ und „Ungeduld des Herzens“.

Ein internationaler Erfolg, sowohl auf der Bühne als auch im Film, gelang ihr an der Seite Rex Harrisons, den sie 1943 heiratete und mit dem sie nach Hollywood ging, in „The Rake’s Progress“ (1945, Der Sündenfall). Nach dem Krieg setzte Palmer ihre Karriere in den USA fort. Ihr bemerkenswertester Film ist „Body and Soul“ (1947), wo sie einem karrieresüchtigen Boxer einfühlsam zur Seite steht. Zumeist agierte sie jedoch in Unterhaltungsfilmen, etwa „The Four Poster“ (1952, Das Himmelbett). 1949 bis 1954 spielte sie an verschiedenen Broadway-Theatern und hatte hier, meist an der Seite ihres Mannes, große Erfolge, etwa in Shaws „Cesar und Cleopatra“ (1949), van Drutens „Bell, Book and Candle“ (1950) oder Frys „Venus Observed (1952).

Nach ihrer Scheidung kehrte Lilli Palmer nach Deutschland zurück und übernahm tragende Rollen im Nachkriegsfilm. Ein besonderer Erfolg wurde die Verfilmung des Musicals „Feuerwerk“ (1954), in dem sie als Zirkusdirektorin mit dem Lied „Oh, mein Papa“ ihr Publikum begeisterte. Als „Teufel in Seide“ spielte sie die eiskalt berechnende Frau an der Seite von Curd Jürgens, wofür sie als beste Hauptdarstellerin des Jahres mit dem Bundesfilmpreis 1956 ausgezeichnet wurde.

1957 heiratete sie in zweiter Ehe Carlos Thompson, mit dem sie in der Schweiz und in den USA lebte. Sie spielte „Anastasia – Die letzte Zarentochter“ (1956), „Eine Frau, die weiß, was sie will“ (1957) oder die Heimerzieherin Fräulein von Bernburg in dem mißlungenen Remake von „Mädchen in Uniform“ (1958). Auch als Bordellbesitzerin in Shaws „Frau Warrens Gewerbe“ (1959) und als Alice in „Paarungen“ (1967, Verfilmung von Strindbergs „Totentanz“) gab sie den Figuren eine für ihre Spielweise charakteristische charmante Glätte. Sensibel und selbstbewußt agierte sie als „Lotte in Weimar“ (DDR 1974).

Lilli Palmer etablierte sich im deutschen Film als Inbegriff der eleganten Dame von Welt. Ihr subtiles Spiel besitzt eine frauliche Ausstrahlung, die gleichermaßen warmherzigen Charme, Extravaganz mit einem Hauch von Exaltiertheit oder klug dosierte Souveränität vermitteln kann.

Lilli Palmer war kultiviert, voller Humor und eine der ausdrucksstärksten Darstellerinnen, vor allem in Problemfilmen, da sie es verstand, insbesondere bürgerliche Frauen und Gestalten äußerst lebensecht zu verkörpern. Das brachte ihr seit den 1950er Jahren Verpflichtungen für zahlreiche beachtenswerte Filme in den verschiedensten westeuropäischen Ländern. Sie wirkte in 28 britischen, 25 amerikanischen, 5 französischen, 2 italienischen und 33 deutschen Film- und Fernsehproduktionen mit. Bereits 1950/51 hatte sie in den USA eine eigene Fernsehshow. In Deutschland erlangte sie große Popularität mit Showmoderationen, Personality-Sendungen, den TV-Episodenspecials „Eine Frau bleibt eine Frau (1972-1976).

Lilli Palmer gewann auch als Malerin und Autorin künstlerisches Ansehen. Ihre erste Autobiographie „Dicke Lilli – Gutes Kind“ stand 1974 monatelang auf den deutschen Bestsellerlisten. Auch ihr zweiter autobiographischer Band „Der rote Rabe“ (1977) fand begeisterte Leser. Zu ihren viel gelesenen Unterhaltungsromanen gehören „Umarmen hat seine Zeit“ (1979), „Nachtmusik“ (1981), „Eine Frau bleibt eine Frau“ (1982), „Um eine Nasenlänge“ (1984) und „Wenn der Nachtvogel schreit“ (1986).

Ihr Wirken fand durch weitere zahlreiche Auszeichnungen Anerkennung, so die Filmbänder in Silber und Gold, die Deutschen Filmpreise (1956, 1957 und 1978) sowie durch die Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes im Jahre 1974.

Lilli Palmer starb am 27. Januar 1986 an den Folgen einer Krebserkrankung in Los Angeles. 1994 wurde in der Hölderlinstraße 11 in Berlin-Charlottenburg, wo die Schauspielerin von 1917 bis 1932 lebte, eine Gedenktafel errichtet. Die Deutsche Bundespost ehrte sie durch die Herausgabe einer Sondermarke im Jahre 2000.

Bild:Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen.

Karl Bauer