Biographie

Parrot, Friedrich von

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Physiker, Forschungsreisender
* 14. Oktober 1791 in Karlsruhe
† 3. Januar 1841 in Dorpat/Estland

Als vor 200 Jahren, am 14. Oktober 1791, Friedrich Parrot geboren wurde, lebte sein Vater Georg Friedrich (1767-1852) als Privatlehrer und Schriftsteller in Karlsruhe. Weitere Stationen seines Lebens waren Offenbach am Main und Bayreuth. Friedrich war vier Jahre alt, als die Familie nach Livland zog, wo sein Vater im Jahre 1795 Hauslehrer wurde, er war zehn Jahre alt, als Dorpat zum neuen Wohnsitz der Familie wurde, wo der unaufhaltsame Aufstieg des Vaters vom Professor der Physik an der neugegründeten Landesuniversität Dorpat (1802) zum immer wiedergewählten langjährigen Rektor begann, der das besondere Vertrauen Zar Alexanders I. genoß und sich um den Ausbau der Universität bleibende Verdienste erwarb. Der Sohn Friedrich besuchte das Dorpater Gymnasium (1804-1807), studierte anschließend Medizin (1807-1814) und wurde 1809 und 1810 durch Verleihung der silbernen und 1812 der goldenen Preismedaille ausgezeichnet. Als Student nahm er im Jahre 1811 an einer Expedition des bekannten Dorpater Mineralogen Moritz von Engelhardt auf die Krim und in den Kaukasus teil. Er promovierte 1814 in Dorpat mit der Dissertation De motu sanguinis in corpore humano zum Dr. med. et chir., unternahm anschließend eine Studienreise nach Wien und nahm 1815 als Stabsarzt I. Klasse bei der russischen Armee  am Frankreichfeldzug teil. Bereits im folgenden Jahr quittierte er den Militärdienst, blieb jedoch zunächst in Westeuropa. Er betätigte sich damals praktischer Arzt in Heilbronn und bereiste die Schweiz, Italien, Frankreich und Spanien. Parrot machte die Bekanntschaft Alexander von Humboldts und bestieg als leidenschaftlicher Alpinist das Bergmassiv des Monte Rosa. Da ihn die Wirkung des Luftdrucks auf den menschlichen Organismus beschäftigte, nahm er verschiedene medizinische Experimente im Selbstversuch an sich vor, auch konstruierte er ein neuartiges Quecksilber-Barometer, das weite Verbreitung fand. Jahre 1817 suchte er die Pyrenäen auf und bestieg den Monte Perdide und den als unberührt geltenden 2265 m hohen Maladetta. Im Jahre 1821 kehrte Parrot nach Dorpat zurück, wo er zum Professor der Physiologie, Pathologie und Semiotik gewählt wurde. Nach fünf Jahren jedoch übernahm er die Professur der Physik, die ihn offensichtlich mehr interessierte und die er bis zum Jahre 1841 innegehabt hat. Seine aufsehenerregendste Forschungsreise führte Parrot mit vier Dorpater Studenten in den Kaukasus. Unterwegs wurden in Charkow Institute der dortigen Universität besucht, in Tiflis Klima und Mineralwasserquellen erforscht. Das Ziel der Expedition war der Ararat, dessen Gipfel, der Große (5156 m) und der Kleine Ararat (3914 m), als unbezwingbar galten. Parrot gelang am 26. September 1829 die Besteigung des Großen Ararat, ihr folgte am 26. Oktober die Bezwingung auch des Kleinen Ararat. Nach längerem Studienaufenthalt kehrten die Teilnehmer an der Expedition am 1. März 1830 nach Dorpat zurück.

In den Jahren 1831-1833 war Parrot Rector magnificus der Universität Dorpat, nachdem er bereits 1816 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg und 1825 Mitglied der Schulkommission geworden war. Im Jahre 1830 wurde er zum Staatsrat ernannt. Wenige Jahre später, 1837, trat er seine letzte wissenschaftliche Expedition an. Sie führte ihn zum Nordkap. Ihr Ziel bestand in astronomischen Ort- und Zeitbestimmungen und in Forschungen über Pendelbewegungen und Magnetismus. Eine zusammenfassende Beschreibung dieser Reise veröffentliche Parrot in der Wochenschrift für Liv-, Est- und Kurlands Geschichte, Geographie, Statistik und Literatur „Das Inland“ unter dem Titel Kurze Nachrichten von meiner Reise zum Nordkap. Es heißt, daß Parrot sich von gesundheitlichen Schäden, die er sich auf dieser Reise zugezogen hatte, nicht mehr habe erholen können. Am 3. Januar 1841, in seinem 50. Lebensjahr, ist er in Dorpat gestorben – eine große Persönlichkeit, ein anerkannter Arzt, hervorragender Physiker, berühmter Naturforscher, der Erstbezwinger des Ararat und Wegbereiter des Alpinismus in Rußland. Neben zahlreichen medizinischen, physikalischen und geographischen Abhandlungen verfaßte Parrot u.a. (mit Moritz von Engelhardt) Reise in die Krim und den Kaukasus (2 Bände, Berlin 1815), Über die Schneegrenze auf der mittäglichen Seite des Rosa-Gebirges (1817), Ansichten über allgemeine Krankheitslehre (Mitau 1820), Reise in die Pyrenäen(1823), Reise zum Ararat (2 Teile, Berlin 1830/1834), Über die Ernährung neugeborener Kinder mit Kuhmilch (Mitau 1826).

Lit.:Deutschbaltisches biographisches Lexikon 1710-1960. Köln/Wien 1970. – Roderich von Engelhardt: Die deutsche Universität Dorpat in ihrer geistesgeschichtlichen Bedeutung. Reval 1933. – Ilo Käbin: Maal ja merel.Eesti arste/maadeuurijaid (Zu Lande und zur See. Estländische Ärzte als Forschungsreisende). Lund 1972. – Ders.: Die medizinische Forschung und Lehre an der Universität Dorpat/Tartu 1802-1940 Lüneburg 1986.

Bild: Bildarchiv E. Thomson, Lüneburg.