Biographie

Partsch, Joseph Franz Maria

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Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Geograph, Althistoriker
* 4. Juli 1851 in Schreiberhau
† 22. Juni 1925 in Bad Brambach

Joseph Franz Maria Partsch wurde am 4. Juli 1851 in dem weit verzweigten Riesengebirgsort Schreiberhau, heute Szklarska Poręba, im Kreis Hirschberg geboren. Sein Vater Alois Partsch (1821–1892) war der kaufmännische Direktor der bekannten Glashütte „Josephinenhütte“ der Grafen Schaffgotsch. Den Elementarunterricht erhielt Joseph Partsch in seinem Heimatort. Zur weiterführenden Ausbildung wurde der begabte Schüler an das seit 1810 bestehende Matthias-Gymnasium in Breslau geschickt, wo er das Abitur ablegte. An der 1811 ins Leben gerufenen Schlesischen Universität in Breslau studierte Partsch seit 1869 die Fächer Klassische Philologie, Alte Geschichte und Geographie. Das Thema seiner 1874 bei Carl Neumann, dem Breslauer Extraordinarius für Alte Geschichte und Geographie, eingereichten Dissertation „Africae veteris itineraria explicantur et emendantur“ stellte eine gut durchdachte Synthese seiner Studienschwerpunkte dar. Bereits im folgenden Jahr gelang es ihm, sich für die Fächer Alte Geschichte und Erdkunde mit der Schrift „Die Darstellung Europa’s in dem geographischen Werk des Agrippa“zu habilitieren. 1876 bekam er an seiner Heimatuniversität Breslau sein erstes Extraordinariat für die Fächer Geographie und Alte Geschichte.

1880 trat Joseph Partsch von der katholischen zur evangelischen Konfession über und heiratete Helene Doepke (1858–1925). Ab 1880 lehrte Partsch nur mehr Geographie in Breslau und er wurde dort schließlich 1884 auch zum ordentlichen Professor für Erdkunde ernannt. Eine besonders verdienstvolle Leistung von Joseph Partsch in seiner Breslauer Zeit war die Herausgabe von Kollegniederschriften aus den Jahren 1867, 1872 und 1877 seines von ihm persönlich und wissenschaftlich hoch geschätzten Lehrers Carl Neumann im Jahre 1885 unter dem Titel „Physikalische Geographie von Griechenland mit besonderer Rücksicht auf das Altertum“. Partsch selbst lobte an diesen bisher unveröffentlichten Gedankengängen die „seltene Vereinigung in der Beherrschung der antiken Literatur und eindringende Kenntnis der griechischen Geschichte mit lang geübter Meisterschaft in darstellender Länderkunde auf naturwissenschaftlicher Grundlage“. Die Darlegungen Neumanns, die von Partsch durch das Hinzufügen eigener Forschungen in ihrem Wert für das Fachpublikum noch einmal verbessert wurden, erregten besondere Aufmerksamkeit, weil zur Zeit ihrer Entstehung in Deutschland noch kein ordentlicher Lehrstuhl für das Fach Geographie existierte.

Berufungen nach Königsberg (1885), Wien (1901) und Halle (1904) lehnte Joseph Partsch ab. 1905 folgte er aber schließlich doch einem Ruf an die Universität Leipzig, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1922 lehrte. Hier engagierte er sich ganz zeitgemäß für die Begründung eines Lehrstuhls für Kolonialgeographie.

Ein besonderes Augenmerk des altphilologisch geschulten Geographen Partsch galt dem mediterranen Kultur- und Wirtschaftsraum – und dort vor allem Griechenland, dem Festland und der Inselwelt. Seine Kenntnis der antiken Autoren und eigene Forschungs- und Kartierungsarbeiten zeitigten bemerkenswerte wissenschaftliche Ergebnisse. Seine Studien zur eigenständigen Vereisung der Karpaten, des Riesengebirges und des Schwarzwaldes, die sich auf die Auswertung der Erkenntnisse aus der glazialen Morphologie und der Klimaforschung stützten, waren beispielhaft. Die Publikation „Die Vergletscherung des Riesengebirges zur Eiszeit“ von 1894 stellte das Ergebnis von 14 Arbeitsjahren dar. Mit seiner zweibändigen Landeskunde „Schlesien. Eine Landeskunde für das deutsche Volk auf wissenschaftlicher Grundlage“ (1896–1911)legte er eine sowohl stilistisch brillante als auch inhaltlich beispielgebende Publikation vor, die in ihrer Art und in ihrem Umfang längst nicht für alle deutschen Landschaften existiert.

Die Ehrendoktorwürden der Universitäten Genf und Athen akzentuierten noch einmal zwei lokale Brennpunkte seines wissenschaftlichen Interesses: Das Gebiet der Alpen während der Eiszeit und den Mittelmeerraum, also die Glazialmorphologie und die historische Geographie. Joseph Partsch blieb die äußere Anerkennung für sein überragendes wissenschaftliches Œuvre nicht versagt: Seit 1909 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und seit 1922 ebenfalls korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften Berlin. 1923 wurde ihm die goldene Carl-Ritter-Medaille der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin verliehen. Bereits 1906 war er zum Ehrenmitglied des Vereins für Geschichte Schlesiens ernannt worden.

Lit.: F. W. P. Lehmann: Joseph Partsch. Eine Skizze seines siebzigjährigen Lebens und seiner bisherigen Arbeit, in: Geographischer Anzeiger, Jg. 22 (1921), S. 149–154. – M. Friederichsen: Joseph Partsch, in: Schlesische Lebensbilder, Bd. 2: Schlesier des 18. und 19. Jahrhunderts, 1924, S. 380–389. – Berichte zur Deutschen Landeskunde, Bd. 12, 1953. – R. Dickinson: The makers of modern geography, 1969 (S. 89–93: Partsch). – G. Schwarz: Joseph Partsch, in: Geographers. Biobibliographical Studies 10 (1987), S. 125–133. – M. Schmoldt: Joseph Partsch und seine Bedeutung für die deutsche Geographie am Anfang des 20. Jahrhunderts, Halle (Diss.) 1988. – Ute Wardenga: Partsch, in: Literatur Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache, hg. v. Walther Killy, Bd. 9, 1991, S. 83–84. – Regine Blättler und Hans-Jürgen Klink: Tagung zu Ehren von Prof. Dr. Joseph Partsch (1851–1925), in: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau, Bd. 36/37 (1997), S. 483–486. – Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 7, 1998, S. 566. – Viola Imhof: Partsch, Joseph Franz Maria, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 20, Berlin 2001, S. 76–77.

Werke: Die Gletscher der Vorzeit in den Karpathen und den Mittelgebirgen Deutschlands nach fremden und eigenen Beobachtungen, 1882. – Die Insel Korfu. Eine geographische Monographie, 1887. – Central Europe, 1903. – Mitteleuropa. Die Länder und Völker von den Westalpen und dem Balkan bis an den Kanal und das Kurische Haff, 1904. – Die Hohe Tatra zur Eiszeit, 1923. – Geographie des Welthandels, hg. v. Rudolf Reinhard, 1927. „Partsch-Archiv“ im Institut für Länderkunde in Leipzig.

  Peter M. Wolfrum