Biographie

Petri, Hans

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Herkunft: Ostbrandenburg
Beruf: Theologe
* 5. März 1880 in Küstrin/Neumark
† 23. August 1974 in Leonberg/Württemberg

Der zuletzt in Innsbruck lehrende Professor Karl Kurt Klein (1897-1971) sagte über Hans Petri, er sei ein Norddeutscher, der sich zum Südostdeutschen gewandelt habe. Und in der Tat fühlte sich Petri bis zuletzt dem Landstrich an der unteren Donau verbunden, wo er über 40 Jahre gewirkt hatte.

Hans Petri entstammte einer Theologen- und Juristenfamilie aus Lemgo bzw. Bremen. Sein Vater war evangelischer Pfarrer zunächst in Gablonz, das damals österreichisch war, und Superintendent in Küstrin. Hier kam Petri als viertes von sechs Kindern am 5. März 1880 zur Welt. Schul- und Jugendjahre verlebte er jedoch in Sorau, wo sein Vater 1886 die Leitung der Diözese übernahm. Da sein Onkel, der Kirchenhistoriker Gustav Bossert, in der Nähe Tübingens lebte, wählte sich Hans Petri diese württembergische Stadt zum Beginn seines Theologiestudiums. Zur Fortsetzung der Ausbildung zog es ihn nach Erlangen, weil die dortige Fakultät, so Petri, der Hort der liberalen Theologie war. Zum Abschluß wählte er sich Berlin, um den Balten Adolf Harnack zu hören. Schon früh war Hans Petri der Arbeit der Inneren Mission zugetan, wollte andererseits evangelisches Gemeindeleben unter besonderen Lebensbedingungen kennenlernen. Freiwillig meldete er sich beim Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin für den Dienst im europäischen Ausland. 1909 erhielt er die Pfarrstelle in Turn-Severin an der unteren Donau im Königreich Rumänien. Im Ersten Weltkrieg wurde er 1916 als feindlicher Ausländer interniert und kam als Zivilgefangener nach Rußland, von wo er 1918 auf Intervention Elsa Brandströms, des „Engels von Sibirien“, entlassen wurde. 1921 wurde er an die evangelische Stadtpfarrkirche von Bukarest gewählt und blieb dort 30 Jahre bis zum Ruhestand und zur Übersiedlung 1951 nach Leonberg in Württemberg. Von 1937 bis 1949 war Petri Dekan des Kirchenbezirks Bukarest, der alle evangelischen Gemeinden der Moldau und der Walachei sowie der Dobrudscha umfaßte.

Sein neuer Wirkungsbereich hatte ihn sofort gefesselt, und so begann er bereits in den ersten Jahren mit Veröffentlichung von Berichten in Soarau und Hamburg über die Deutschen in Rumänien bzw. das von dem Hohenzollern Karl I. regierte  Königreich. Nach Übernahme des Amtes in Bukarest nahm er die durch den Krieg unterbrochene Arbeit wieder auf. Dabei befaßte er sich vor allem mit der Geschichte der kleineren deutsch-evangelischen Gemeinden Alt-Rumäniens; die meisten davon waren erst im 19. Jh. gegründet worden. Für die umfangreiche Monographie „Geschichte der evangelischen Gemeinde zu Bukarest“ (Leipzig 1939) verwendete er Material aus den Archiven von Berlin, Leipzig und Stockholm. Den Deutschen in der Dobrudscha widmete er außer mehreren Beiträgen in Fachpublikationen eine größere Arbeit „Geschichte der deutschen Siedlungen in der Dobrudscha“ (München 1956), deren Ende Petri 1940 miterlebte, als diese Deutschen „heim ins Reich“ geholt wurden. Da die Dobrudscha-Deutschen mit den Bessarabien-Deutschen  verwandt sind, befaßte er sich auch mit diesen und darüber hinaus mit den Deutschen in Südrußland insgesamt. Bei letzteren waren es besonders die sog. Randgruppen, für die er sich interessierte: schwäbische Chiliasten, Herrenhuter, Hutterische Brüder, über die aufschlußreiche Studien erschienen. Sein Interesse galt der Reformation in der Moldau während der Regierung des Fürsten Jakobus Heraklides im 16. Jh.; die Arbeit wurde von der Rumänischen Akademie veröffentlicht (1927). „Herzog Christoph von Württemberg und die Reformation in Frankreich“ war eine weitere Arbeit aus diesem Themenkreis. Dem in französischen Diensten beschäftigten Diplomaten Karl Friedrich Reinhard, der 1806 als Gesandter in der Moldau die Südosteuropapolitik Napoleons vertrat und danach ins Blickfeld Goethes trat, mit dem er in jahrzehntelangem, persönlichem und brieflichem Kontakt stand, ist eine sehr aufschlußreiche Studie gewidmet. Darüber hinaus entstanden kleine Beiträge zu den verschiedensten Themen, jedoch in der Hauptsache immer in bezug zu den Deutschen Südosteuropas.

Hans Petri starb am 23. August 1974 im 95. Lebensjahr. In einem Nachruf hieß es: „Zukünftige Geschichtsschreibung wird feststellen, daß seinem Namen in der Reihe der Historiker, die zur Förderung der Kirchengeschichte des Südostens beitrugen, ein bleibender Platz gebührt“ (Oskar Wittstock).