Biographie

Petzval, Josef Maximilian

Herkunft: Karpatengebiet
Beruf: Mathematiker, Wegbereiter der Fotografie
* 6. Januar 1807 in Zipser Bela/Slowakei
† 17. September 1891 in Wien

Johann Friedrich Petzval, ein aus Mähren stammender Schullehrer, heiratete in Zipser Bela, einer Stadt am Fuße der Hohen Tatra, die seit 1298 zum vom ungarischen König privilegiertenBund der 24 Zipser Städte gehörte und wurde hauptsächlich von Deutschen bewohnt war, Susanna Kreutzmann, die Tochter seines Vorgängers. Drei Söhne gingen aus dieser Ehe hervor, unter ihnen Josef Maximilian, der die Volksschule, dann das Piaristengymnasium in Pudlein (Podolinec) und schließlich das deutsche Gymnasium in Leutschau (Levoča) besuchte, wo der Vater ab 1819 als Geometer und Organist bei der Stadt tätig war.

Dieser ermöglichte Josef Maximilian das Studium der Mathematik und Physik an der Universität in Pest, wo er 1828 sein Ingenieurdiplom ablegte und 1832 zum Doktor der Physik promoviert wurde. Mit 28 Jahren war Petzval 1835 bereits Universitätsprofessor für Physik in Pest. Anschließend 1837 wurde er an die Universität nach Wien berufen, wo er 40 Jahre lang wissenschaftlich arbeiteten sollte.

Er beschäftigte sich mit Phänomenen der jungen Photographie, als deren Erfinder der Franzose Louis Daguerre galt, obwohl auch viele andere daran gearbeitet hatten. Mit dem Bericht über Ergebnisse einiger dioptrischer Untersuchungen wurde er 1843 in Fachkreisen bekannt. Er befasste sich vor allem mit der Erhöhung der Lichtstärke der Objektive. Dazu waren umfangreiche rechnerische Arbeiten notwendig, die er damals mit seinem Assistenten Reisinger, zwei „Oberfeuerwerkern“ und acht „Bombardieren“ bewältigte.

Die von Petzval berechneten Linsensysteme führten zu einem Objektiv, das eine Lichtstärke von 1:3,7 besaß und damit sechzehnmal lichtstärker war als die bis dahin üblichen. Die Probeaufnahmen von Anton Martin verliefen im Mai 1840 erfolgreich, so dass die Firma Voigtländer und Sohn in Wien mit ihm die erste Metallkamera der Welt baute. Die Patentschrift lautete: Anweisung zum Gebrauch des neuen Daguerreotyp-Apparates zum Portraitiren, nach Berechnung des Herrn Professors Petzval, ausgeführt von Voigtländer und Sohn.

Seit dieser Zeit arbeiteten Berufsphotographen und Amateure mit dem fortschrittlichen Porträtobjektiv Petzval-Voigtländer. Von Wien aus brachte Louis Sachse 1841 eine Petzval-Voigtländer-Metallkamera nach Berlin und die Spenersche Zeitung berichtete am 2. Mai 1841: „Wien: Dem Professor Petzval ist es gelungen, für das Portraitieren durch das Daguerreotyp eine neue zweckmäßige Linsen-Zusammenstellung zu erfinden, welche auch zur Darstellung belebter Straßen sehr zweckmäßig ist.“ Petzval entwickelte die Objektive weiter und schliff sogar entsprechende Probeobjektive selber. 1845 trennte er sich indes von der Firma Voigtländer in Unfrieden und arbeitete fortan mit dem Optiker Dietzler in Wien zusammen, mit dem er 1857 ein neues, größeres Objektiv auf den Markt brachte. Dietzler jedoch konnte dies geschäftlich nicht nutzen, so dass es zu keinem materiellen Erfolg kam. Im Jahre 1859 wurde in der Sommerwohnung Petzvals am Kahlen Berg bei Wien eingebrochen und dabei das fertige Manuskript seiner Optik zerstört, so dass er seine Arbeiten aufgab. Allerdings gehörte er 1861 zu den Gründern der photographischen Gesellschaft in Wien, deren Ehrenmitglied er später wurde. Auf seinen Erkenntnissen fußend entwickelten Hugo Adolph von Steinheil, Ernst Abbé, Friedrich Otto Schott und Carl Zeiß in Jena die Photographie weiter.

Josef Maximilian Petzval hatte als Mathematiker schon 1853 bis 1859 in Wien sein zweibändiges Werk: Integration der linearen Differenzialgleichungen mit constanten und veränderlichen Coefficienten herausgebracht. Nun wandte er sich ganz der Akustik zu und brachte die Schriften Theorie der Tonsysteme und Theorie der Schwingungen gespannter Saiten heraus. Er war auch Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien.

Im Jahre 1877 wurde Josef Max Petzval als 70-Jähriger und gefeierter Hochschullehrer in den Ruhestand versetzt; dabei erhielt er den Titel eines kaiserlichen Hofrates. Schon 1850 war ihm ein Orden verliehen worden, und gleichzeitig war er in den Ritterstand erhoben worden.

Petzval soll in jungen Jahren in Wien ein bekannter Sportler und der „beste Fechter und Ringer von Wien“ gewesen sein. Lange Zeit blieb er ledig und heiratete erst mit 62 Jahren seine Haushälterin, doch die Ehe dauerte nur kurz (1869-1873), weil die Frau früh verschied. Fortan lebte er allein und zurückgezogen, bis er am 17. September 1891 starb.

Josef Maximilian Petzval wurden posthum viele Ehren zuteil. Er erhielt auf dem Zentralfriedhof in Wien ein Ehrengrab; am 17. Oktober 1905 wurde hier das vom Bildhauer Charmlemont geschaffene Denkmal feierlich enthüllt. Bereits 1901 weihte man in den Arkaden der Wiener Universität ein von Prof. Breneck gefertigtes Petzval-Monument ein. Eine Gasse im IV. Wiener Bezirk führt den Namen Petzvalgasse. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde eine Petzval-Medaille geprägt, die für verdienstvolle Leistungen auf dem Gebiete der Photographie bestimmt war.

Es ist interessant, dass der jüngere seiner beiden Brüder, Otto Balthasar Petzval (* 7.1.1809 in Zipser Bela – † 28.8.1873 in Budapest) ebenfalls Mathematik studierte und von 1851 bis 1857 Professor der Dynamomaschinenlehre am Kaiser-Josef-Polytechnikum in Pest und ab 1858 an der Universität in Pest Professor für Höhere Mathematik war. Er schrieb viele wissenschaftliche Werke, aber auch Lehrbücher, u.a. auch in deutscher Sprache, für die Gymnasien.

Übrigens hat seine Heimatgemeinde Zipser Bela (Spišska Bela) zu Ehren seines erfolgreichen Bürgers im Jahre 1964 in seinem Geburtshaus ein Museum (Múzeum J.M.Petzvala) mit rund 600 Exponaten eingerichtet. Es ist eine Zweigstelle des Slowakischen Technischen Museums in Kaschau (Slovenské Technické Múzeum, Košice). Das Haus stammt aus dem Jahre 1705 und beherbergte viele Jahre lang die Volksschule der Gemeinde. Schon nach dem Ersten Weltkrieg ließ der Direktor der Zipser Bank in Zipser Bela, Armin Mayer, an diesem Hause eine Gedenktafel an J.M. Petzval anbringen. Es ist für die vielen Besucher der Oberzips und der Region der Hohen Tatra ein lohnendes Ziel, dieses Museum zu besichtigen.

So gedenken wir dieses berühmten Mannes anlässlich seines zweihundertsten Geburtsjahres als eines Zipsers, der die Welt schöner und reicher gemacht hat.

Lit.:Karpatendeutsches Biographisches Lexikon (R. Rudolf/E. Ulreich), Stuttgart 1988. – Karpatendeutsche Lebensbilder (A. Hudak, L. Guzsak), Erlangen 1971. – Karpatenjahrbuch 1988 (S. 65, Artikel von Ruprecht Steinacker). – Unterlagen aus dem Múzeum J. M. Petzvala in Spisska Bela.

Hans Kobialka