Biographie

Pezel, Johann (Christoph)

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Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Stadtpfeifer, Komponist
* 5. Dezember 1639 in Glatz
† 13. Oktober 1694 in Bautzen

Die Herkunft Pezels blieb lange Zeit unbestimmt. Walter in seinem musikalischen Lexikon von 1732 und Zedler in seinem Universallexikon von 1741 wissen darüber nichts zu berichten. In den Nachschlagewerken des 19. Jahrhunderts werden nebst Österreich auch Prag oder Bautzen vermutet. Seit den Untersuchungen zur Leipziger Musikgeschichte durch den in Breslau geborenen Arnold Schering gilt Glatz, das damals zu Böhmen gehörte, als Geburtsort, obwohl gelegentlich selbst in neuerer Literatur andere Angaben zu finden sind.

Wolfgang Caspar Prentz erwähnt, daß Pezel eine gute humanistische Ausbildung erhalten, „wohl studiret“ habe. Es ist allerdings bisher nicht gelungen nachzuweisen, wo er diese Ausbildung erhalten hat. Er war ein ausgezeichneter und sehr intelligenter Stadtpfeifer bzw. Turmmusiker. In Zedlers Lexikon wird aufgrund der Angaben von Lipenius aus dem Jahre 1682 berichtet, daß er lateinisch abgefaßte Abhandlungen über die Musik geschrieben habe, über deren Verbleib allerdings nichts festgestellt werden konnte. Dokumentarische Belege über ihn gibt es erst ab 1664 für die Aufnahme seiner Tätigkeit als Geiger in der Leipziger Ratsmusik, später als Stadtpfeifer. Seine Bewerbung um das Thomas-Kantorat 1676 schlägt fehl, er sei „hiebevor ein Catholicus [gewesen und] auch alhier Stadtpfeiffer“. 1680 erhält er die Stelle des Stadtmusikus in Bautzen, wo er bis zu seinem Tode eine ebenso rege Wirksamkeit wie zuvor in Leipzig entwickelt.

Pezel ist mit vielen handschriftlichen und gedruckten Werken eine führende Musikerpersönlichkeit in jenen Jahrzehnten zwischen ca. 1670 und 1690. Mit seinen Instrumental-Kompositionen, die vornehmlich in Leipzig und vereinzelt in Frankfurt am Main gedruckt werden, ist er in allen Nationen beachtet worden. Die Drucke enthalten Suiten und Sonaten für verschiedene Instrumentalbesetzungen, vor allem seine beliebten Stücke für Bläserensembles. Als kirchlicher Vokalkomponist ist Pezel weniger bekannt, und von diesen Werken steht auch im Neudruck nichts zur Verfügung. Dagegen sind seine Sonaten und Stücke für Cornetti und Trombonen (Trompeten und Posaunen) durch die Renaissance der Bläsermusik, durch die musikalische Jugendbewegung, durch kirchliche Gruppen und durch die sich vor allem in den USA verbreitenden Brass-Ensembles seit den letzten 5 Jahrzehnten sehr beliebt, so daß es zu einer folgerichtigen Wiederbelebung seiner Bläserkompositionen gekommen ist. Spezialstudien über Pezel und einzelne Werkgruppen sowie Spartierungen seiner Werke sind in Deutschland und in den USA veröffentlicht worden. Dadurch ist jetzt Pezel in verschiedenen und breiten Kreisen ein Begriff. In der Musikgeschichte gelten er und seine Werke als überragende Beispiele für die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert betriebenen und begehrten Turm- und Stadtpfeifermusiken.

Werke: Turmmusiken und Suiten, hrg. von Arnold Schering, Breitkopf & Härtel Leipzig, Nachdruck Breitkopf & Härtel, Wiesbaden und Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1959 (Denkmäler deutscher Tonkunst Bd. 63).

Lit.: Rudolf Eller: [Artikel] Pezelius, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 10 Bärenreiter, Kassel u.a. 1962, Spalte 1158-1162. – Arnold Schering, Musikgeschichte Leipzig 2. Bd.: von 1650-1723, Fr. Kistner & C.F.W. Siegel, Leipzig 1926. – James Albert Wattenberger, The Turmmusik of Johann Pezel, Diss., Northwestern Umversity (Evanston, Illinois), USA 1957. – Arthur L(oring) Murphy, The Bicima variorum instrumentorum of Johann Christoph Pezel, Diss., Florida State Umversity, USA 1959, 2 Bde. (Der zweite Band enthält Spartierungen dieser Kompositionen). – Anneliese Downs, The Tower Music of a Seventeenth-Century Stadtpfeifer: Johann Pezel’s Hora decima and Fünffstimmigte blasende Music, in: Brass Quarterly, VII Bd. 1963, S. 3-33.