Biographie

Piefke, Gottfried

Herkunft: Pommern
Beruf: Militärmusiker, Komponist
* 9. September 1815 in Schwerin a.d. Warthe
† 25. Januar 1884 in Frankfurt/Oder

Den in Österreich gebräuchlichen Begriff „Piefke“ für Norddeutsche kennt fast jeder, doch kaum jemand weiß, dass sich dahinter eine Persönlichkeit aus dem Posener Land verbirgt. Das Wort Piefke wird oftmals in abfälliger Bedeutung verwandt – und das hat seine Gründe. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine Person, die im übertragenen Sinne in Österreich sprichwörtlich wurde oder zumindest zu seiner Verbreitung beitrug, sofern der Begriff vorher schon verwandt wurde. Die Herkunft solcher Namen lässt sich stets sehr schwer nachvollziehen.

Der vielleicht sprichwörtliche preußische Ur-Piefke stammte aus dem Posener Land. Johann Gottfried Piefke wurde am 9. September 1815 in Schwerin an der Warthe (Skwierzyna) als Sohn des Stadtmusikus Johann Piefke und der Dorothea Werner geboren. Wie lange die Familie bereits hier lebte, ist unbekannt. Doch schon bald erhielt der Vater im ostbrandenburgischen Zielenzig (Sulęcin, Kr. Ost-Sternberg) eine Anstellung als Organist und Stadtmusikus. Obwohl die Familie Piefke evangelisch war, arbeitete Johann Piefke als Organist für die katholische Kirche in Zielenzig. Zum weiteren Lebensunterhalt erwarb der Vater das „Restaurant zum Bürgergarten“.

Das musikalische Talent lang offenbar in der Familie. Vom Vater erhielt Gottfried neben der Schule seine erste musikalische Ausbildung.

Mit 20 Jahren trat er am 1. Mai 1835 als Oboist in das Leibgrenadier-Regiment Nr. 8 in Frankfurt an der Oder ein, ebenso sein jüngerer Bruder Rudolf (1835-1900). Mit großem Erfolg, Eifer und sichtlichem Erfolg studierte Gottfried hier und seit 1. September 1838 an die Hochschule für Musik in Berlin. Es wurde kolportiert, dass er eine Liaison mit der Fürstin v. Trachenberg hatte.

Am 1. Juni 1843 kehrte er zu seinem Regiment beim III. Armeekorps zurück und übernahm bereits jetzt die Regimentskapelle. Aufgrund seiner hervorragenden Zeugnisse wurde er gleich zum Stabshoboisten (Musikmeister) befördert. 1852 wurde er dann mit Teilen seines Regiments nach Berlin versetzt. Auch hier war er ein beliebter Musiker und entfaltete sein ganzes Talent als Musiker. Am 23. Juni 1859 erhielt er den Titel „Königlicher Musikdirektor“. Auf Veranlassung von Prinz Friedrich Karl v. Hohenzollern wurde Piefke 1863 die gesamte Musik des 111. Armeekorps unterstellt.

Im Jahr 1860 heiratete Piefke eine Tochter des Frankfurter Viktualienhändlers Johann Carl Hankewitz.

Als 1864 der Deutsch-Dänische Krieg ausbrach, wurde auch sein Regiment gen Norden ausgesandt. Dieser Krieg sollte der Auftakt zu seinem späteren Ruhm werden. Als am 18. April 1864 der Sturm auf die Düppeler Schanzen zu stocken begann, ließ Piefke den York’schen Marsch von Ludwig van Beethoven spielen. Er leitete bei diesem Angriff gleich vier Kapellen, die er zu einem ansehnlichen Musikkorps vereinigt hatte. Dann spielte er seinen neu komponierten Marsch, den später Düppeler Sturmmarsch genannten. Während des Angriffs schlug in allernächster Nähe eine schwere feindliche Granate ein und überschüttete die Musiker mit einem Hagel von Sand und Steinen. Piefke bewies Nerven und dirigierte weiter und lenkte seine vereinigte Kapelle ab. Der Klang des Marsches motivierte die Soldaten, weiter gegen die Schanzen anzustürmen. So gelang es dank seiner Mithilfe, die Düppeler Schanzen nach zähem Kampf einzunehmen.

Piefke wurde mit dem Düppeler Sturmkreuz von 1864 ausgezeichnet und im Folgejahr 1865 mit der Goldenen Medaille des Kaisers von Österreich-Ungarn. Zudem wurde ihm der eigens geschaffene Titel eines „Directors der gesamten Musikchöre des III. Armeekorps“ durch König Wilhelm I. verliehen.

Mit seiner legendären Tat wurde Piefke zu einer volkstümlichen Persönlichkeit und gewann endgültig die Gunst des Prinzen Friedrich Karl.

Zwei Jahre später war sein Regiment erneut im Kriegseinsatz im Preußisch-Österreichischen Krieg bei Königgrätz (3. Juli 1866). Auch hier trat er mutig auf und unterstützte den preußischen Angriff mit einem neuen Marsch, dem Königgrätzer Marsch.

Bei der großen Siegesparade am 31. Juli 1866 auf dem Marchfeld bei Gänserndorf, etwa 20 Kilometer nordöstlich von Wien entfernt, riefen die fachkundigen Wiener beim Nahen von Gottfried und Rudolf Piefkes Musikkorps: „Die Piefkes kommen!“ Der Ruf setzte sich fort und wurde in der Presse zum Synonym für die 50.000 paradierenden Preußen und später für Norddeutsche schlechthin.

Am 18. Januar 1869 wurde Piefke mit dem Königlichen Hausorden von Hohenzollern ausgezeichnet.

Bereits im darauffolgenden Jahr brach der nächste Krieg aus, der Deutsch-Französische, und erneut musste Piefke mit seinen Musikern an die Front. Bei der Belagerung von Metz erkrankt er und kehrte erst 1871 zu seiner Einheit zurück. Aber sein Ruf war inzwischen legendär. Erst jetzt erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen.

Sein bekanntester Marsch wurde Preußens Gloria. Weiter Märsche aus seiner Feder sind der Pochhammer-Marsch, der Siegesmarsch, der Gitana-Marsch, der Margarethen-Marsch, der Kaiser-Wilhelm-Siegesmarsch sowie der Alsenströmer.

Nach dem Krieg widmete er sich mehr der Umarbeitungen von klassischen Werken. Er führte Konzertreisen durch und gab vor allem in Frankfurt zahlreiche Konzerte. Auch die Gunst des Herrscherhauses blieb ihm hold. Im Jahr 1880 erhielt er den Preußischen Kronenorden IV. Klasse.

Gottfried Piefke war schon zu Lebzeiten eine volkstümliche Bekanntheit und das nicht nur in Militärkreisen. Bis zu seinem Tod am 25. Januar 1884 in Frankfurt/O. arbeitete er als Militärmusiker.

Drei Tage später wurde er mit militärischen Ehren auf dem Alten Friedhof, dem heutigen Kleistpark beigesetzt. Die Grabstelle ist nicht erhalten geblieben.

Die Straße in Zielenzig, in der die „Piefkes“ gewohnt haben, wurde um 1930 in Gottfried-Piefke-Straße benannt – bis 1945.

Lit.: Georg Krause, 200. Geburtstag: Gottfried Piefke 1815-1884, in: Oststernberger Heimatbrief-Ausgabe 3/2015, S. 45. – Joachim Schnei­der, Gottfried von Frankfurt a.O., in: Mitteilungen des historischen Vereins zu Frankfurt (Oder) e.V., 1. Heft 1993, S. 7-13. – Martin Sprun­­gala, Johann Gottfried Piefke (1815-1884), in: Posener Stim­men, Nr. 4, April 2006, Lüneburg, in der Beilage Posener Blätter.

Bild: Musikgesellschaft C. Ph. E. Bach, Frankfurt a.d. Oder

Martin Sprungala, 2017