Biographie

Piegsa, Joachim

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Moraltheologe
* 30. September 1930 in Vosswalde/Oberschlesien
† 20. Februar 2015 in Ludwigshafen

Pater Prof. Dr. Joachim Piegsa wurde in Vosswalde, Kreis Gross-Strehlitz in Oberschlesien geboren. Seine Gymnasialstudien absolvierte er in Niederschlesien bei den „Missionaren von der Heiligen Familie“.

1951 bis 1956 studierte Joachim Piegsa vier Semester Philosophie und sechs Semester Theologie. 1955 wurde er zum Priester geweiht und trat in den Orden der „Missionare von der Heiligen Familie“ ein. 1956 bis 1959 begann er ein Spezialstudium an der Katholischen Universität zu Lublin im Fach Moraltheologie. Dort erwarb er den Grad „Magister der Theologie“ und schloss seine Promotion 1962 ab. Anschließend wurde er Rektor am Priesterseminar seines Ordens in Bablin bei Posen. Dort lehrte er Ethik und Moraltheologie.

1968 wechselte er nach Mainz und begann seine Habilitation an der Johannes Gutenberg-Universität. 1972 zog er in das Berthier-Haus in Mainz ein, einer damals neu errichteten Niederlassung seines Ordens. Dort war Pater Piegsa auch als Dozent tätig. 1970 konnte sein Habilitationsverfahren im Fach Moraltheologie beendet werden. Der Titel seiner 1974 erschienenen Habilitationsschrift lautet: Freiheit und Gesetz bei Franz Xaver Linsenmann.

1977 erhielt er einen Ruf auf den Lehrstuhl für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augs­burg. In seiner Zeit als Lehrstuhlinhaber und als Emeritus betreute er zwei Habilitations- und zahlreiche Promotionsprojekte. 1998 wurde Joachim Piegsa emeritiert, was ihn nicht daran hinderte, weiterhin in der Lehre tätig zu sein und mehrere Promotionen zu betreuen.

Während seiner langjährigen Lehrtätigkeit reifte bei ihm der Entschluss, zentrale Themen seiner Vorlesungen als Handbuch herauszugeben. In den Jahren 1996 bis 1998 konnte Pater Piegsa dieses Projekt verwirklichen und ein dreibändiges Handbuch unter dem Titel Der Mensch – das moralische Lebewesen herausgeben. Um die Jahrtausendwende publizierte er im Handbuch der Dogmengeschichte einen Teilband zum Ehesakrament und nachfolgend den Band Ehe als Sakrament, Familie als ‚Hauskirche‘. Das christliche Verständnis von Ehe und Familie in den Herausforderungen unserer Zeit.

Zu Ehren von Joachim Piegsa wurden ihm zwei Festschriften mit zahlreichen Beiträgen seiner Schüler überreicht: zu seinem 60. Geburtstag (Natur und Gnade. Die christozentrisch-pneu­matische Grundgestalt der christlichen Sittlichkeitslehre) und zu seinem 70. Geburtstag (Ethik der Tugenden. Menschliche Grundhaltungen als unverzichtbarer Bestandteil moralischen Handelns).

Joachim Piegsa hat sein priesterliches Leben in besonderer Weise wahr- und ernstgenommen. Während der gesamten Zeit seines wissenschaftlichen Wirkens an der Universität Augsburg war er unermüdlich bereit, im Exerzitienhaus St. Paulus des Bistums Augsburgs in Leitershofen seelsorgerlich tätig zu sein, zum Beispiel als Beichtvater bei Brautleutetagen oder auch bei Exerzitien. Er übernahm zahlreiche Vertretungen in vielen Pfarreien und unterschiedlichen Bistümern.

Seine den Menschen zugewandte Lebensweise drückte sich in einer vorbehaltlosen Begegnung gegenüber den Menschen, auch über die Landesgrenzen hinweg, aus. Sein unermüdliches Bemühen um die Versöhnung zwischen Deutschen und Polen kennzeichnete ihn sein Leben lang. Dazu gehörte der wissenschaftliche Austausch zwischen beiden Ländern ebenso wie die große Freude und Genugtuung über den Fall des „Eisernen Vorhangs“ 1989.

Die Bekanntgabe und Erläuterung der Texte des II. Vatikanischen Konzils waren ihm ein besonderes Herzensanliegen. Neben den beiden Kirchenkonstitutionen war ihm die Bekräftigung der Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae ein großes Bedürfnis. Letztere wurde von ihm auch deshalb besonders hervorgehoben, hat er doch zahlreiche menschenverachtende politische Strukturen im Kommunismus wie im Nationalsozialismus selbst erlebt. Damit teilte er in besonderer Weise zahlreiche Gedanken, des von ihm hochverehrten Karol Wojtyla, dessen Vorlesungen er an der Universität zu Lublin besuchte.

Der emeritierte Ordinarius für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg verstarb im Alter von 84 Jahren und im 60. Jahr seiner Priesterweihe.

Werke: Der Mensch – Das moralische Lebewesen, St. Ottilien 1996/98 (3 Bde.: Fundamentale Fragen der Moraltheologie. 1996, Religiöse Grundlage der Moral, Glaube, Hoffnung. 1997, Wahrheit und Treue. 1998). – Handbuch der Dogmengeschichte. Das Ehesakrament (zusammen mit Michael Schmaus, Alois Grillmeier und Leo Scheffczyk), Freiburg/B. 2000. – Ehe als Sakrament, Familie als „Hauskirche“. Das christliche Verständnis von Ehe und Familie in den Herausforderungen unserer Zeit (zusammen mit Josef Georg Ziegler und Clemens Breuer), St. Ottilien 2001.

Lit.: Hubert Dobiosch (Hrsg.), Natur und Gnade. Die christozentrisch-pneumatische Grundgestalt der christlichen Sittlichkeitslehre. Festschrift für Joachim Piegsa zum 60. Geburtstag dargebracht von seinen Freunden (Moraltheologische Studien/Systematische Abteilung, Bd. 16), St. Ottilien 1990. – Clemens Breuer (Hrsg.), Ethik der Tugenden. Menschliche Grundhaltungen als unverzichtbarer Bestandteil moralischen Handelns. Festschrift für Joachim Piegsa zum 70. Geburtstag (Moraltheologische Studien/Systematische Abteilung, Bd. 26), St. Ottilien 2000.

Bild: Aus „Natur und Gnade“, 1990.

Clemens Breuer, 2017