Biographie

Plettenberg, Wolter von

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Meister des Deutschen Ordens in Livland
* 1. Januar 1450 in Sauerland
† 28. Februar 1535 in Wenden/Livland

Am 28. Februar 1535 verstarb auf Schloß Wenden, dem Amtssitz des livländischen Meisters des Deutschen Ordens, Wolter von Plettenberg, nachdem er das Meisteramt über vier Jahrzehnte lang ausgeübt hatte. Er entstammte einer sauerländischen Familie, der auch andere Ritterbrüder des livländischen Zweiges des Deutschen Ordens angehörten. Um 1450 wurde er in der westfälischen Heimat geboren, kam jedoch bereits in jungen Jahren nach Livland, so daß er – wie er im Alter einmal schrieb – durch intime Kenntnis der Sprachen und Gewohnheiten des Landes „von zartem Alter an“ die besten Voraussetzungen hatte, das Land erfolgreich zu regieren. Wir begegnen ihm zuerst 1481 als Schaffer des Landmeisters Bernd von der Borch zu Riga, dann in den Jahren 1482-1488 als Vogt zu Rositten auf einem wichtigen militärischen Vorposten im Südosten des Landes. Im Jahre 1489, als der letzte Krieg des Ordens mit der Stadt Riga begann, wurde Wolter von Plettenberg von Meister Johann Freytag von Loringhoven (1483-1494) zum Landmarschall, dem zweithöchsten Amtsträger des Ordens in Livland, berufen. Der Orden konnte sich rechtzeitig durchsetzen, ehe das Großfürstentum Moskau, das bereits die Stadtrepublik Novgorod 1478 unterworfen hatte, erneut begann, Livland unter Druck zu setzen. Im Jahre 1494, als Ivan lll. unter entwürdigenden Bedingungen den Hansekontor in Novgorod schließen ließ, wurde Wolter von Plettenberg zum neuen Landmeister gewählt und vom Hochmeister bestätigt.

Von der Hanse war wenig tatkräftige Hilfe gegen die Russen zu erwarten, so daß der Meister 1501 ein Bündnis mit Großfürst Alexander von Litauen schloß. Doch als dieser kurz darauf König von Polen wurde, ließ er den Meister im Stich, als dieser einen Präventivkrieg gegen Moskau begann. Auch im folgenden Jahr blieb die litauische Hilfe aus. Am 13. September 1502 konnte unter der Leitung des Meisters gegen ein zahlenmäßig überlegenes russisches Heer beim See Smolina, südlich Pleskau, ein großer Sieg errungen werden, den die Reiterei entschieden hat. Mit diesem Erfolg, den die Zeitgenossen als Wunder empfanden, gelang es Wolter von Plettenberg, Livland gegenüber Moskau verhältnismäßig selbständig zu halten. Die eigentlichen Kriegsziele – Verbesserung der Grenzen gegen Pleskau, Erneuerung der Handelsbeziehungen – konnten im Waffenstillstand nicht durchgesetzt werden. Wegen der geringen Hilfsaussichten aus Preußen und Deutschland mußte der Meister diplomatisch demütigende Formen hinnehmen. 1509 wurde der Beifrieden mit Moskau weiter verlängert, wobei das Bündnis mit Litauen aufgegeben wurde. Im russisch-polnischen Konflikt blieb er seitdem neutral.

Seit 1522 begann sich die Reformation zunächst in den großen Städten Livlands durchzusetzen. Die Stadt Riga ließ sich von Wolter von Plettenberg 1525 das lutherische Bekenntnis bestätigen und streifte damit zugleich die Mitherrschaft des Rigaer Erzbischofs ab, der durch Beziehungen zum russischen Landesfeind den Meister zum Eingreifen veranlaßt hatte. Anders als Hochmeister Albrecht von Brandenburg-Ansbach, der den preußischen Deutschordensstaat säkularisierte und die Reformation in seinem neuen Herzogtum einführte, konnte sich Wolter von Plettenberg aus politischen und bekenntnismäßigen Gründen nicht zu einem solchen Schritt entschließen, obwohl nicht nur Herzog Albrecht, sondern auch die Städte Riga und Reval dies dem Meister antrugen. Er konnte jedoch absehen, daß insbesondere die Ritterschaften der Stiftsgebiete und auswärtige Mächte dagegen vorgehen würden. Innerlich stand der Meister der reformatorischen Bewegung wohl fremd gegenüber, so daß es ihm vor allem darum gehen mußte, den Frieden im Landesinnern zu bewahren. Im Zuge der inneren Auseinandersetzungen des Deutschen Ordens nach dem Ausscheiden des Hochmeisters mit dem preußischen Ordenszweig wurde zwar der livländische Meister 1526 in den Reichsfürstenstand erhoben, die Ordensleitung mußte er jedoch dem neuen Deutschmeister Walter von Kronberg überlassen.

Während sich die Reformation in Livland auch bei den Ritterschaften und auf dem Lande durchsetzte, hielt Woher von Plettenberg am Ordensgelübde fest. Seine Stellung war in ganz Livland so stark, daß diese Bewegung die alten politischen und sozialen Verhältnisse im ganzen bestehen ließ. Ein neuer landesfürstlicher Staat lag nicht in der Absicht dieses alten Deutschordensmeisters, dem es wenigstens für seine lange Regierungszeit gelang, Livland inneren wie äußeren Frieden zu gewähren. Die reformatorische Durchdringung des Landes unter Wolter von Plettenberg schuf Verhältnisse, die es Livland ermöglichten, seinen besonderen Charakter unter den eine Generation später einsetzenden Fremdherrschaften bis ins 20. Jahrhundert hinein zu bewahren. Dies sicherte Wolter von Plettenberg in der Reihe der livländischen Deutschordensmeister das größte Ansehen bei der Nachwelt.

Lit.: L. Arbusow d.J.: Wolter von Plettenberg, 1919. O. Pohrt: Reformationsgeschichte Livlands, 1928.

Abb.: Büste von Ludwig v. Schwanthaler