Biographie

Popp, Richard

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Pädagoge, Jugendpfleger
* 2. August 1884 in Halle/Saale
† 27. Dezember 1960 in Credlingen/Tauber

Die von Heimat Richard Popp, der Schönhengstgau, war die größte deutsche Sprachinsel der sogenannten böhmischen Länder und wie die Iglauer Sprachinsel zwischen Böhmen und Mähren geteilt. Auch die Bistumsgrenze zwischen der Erzdiözese Olmütz und der Diözese Königgrätz ging durch den Schönhengstgau. Popps gleichnamiger Vater Richard war Lehrer an der Volksschule seines Heimatortes, die Mutter hatte eine Ausbildung als Handarbeitslehrerin. Richard wuchs mit vier Geschwistern auf, besuchte die zweiklassige Volksschule in Überdörfel und dann das Gymnasium in Landskron. Das Philosophie- und Theologiestudium begann er am Priesterseminar in Königgrätz und setzte es in Rom am Böhmischen Kolleg fort, das 1929 in Collegium Nepomucenum umbenannt wurde.

Am 10. Juli 1910 erhielt Popp in Königgrätz die Priesterweihe und ging als Kaplan nach Trautenau, obwohl er eigentlich ein Weiterstudium in Rom in Erwägung gezogen hatte. Doch sein Bischof Josef Doubrava brauchte Priester und Seelsorger, weniger Doktoren. Trautenau galt als die Metropole des Riesengebirges, zu dessen Füßen die Stadt lag. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde Popp zunächst Feldkurat und später k.u.k. Divisionspfarrer. Nach dem Krieg und dem Ende der Donaumonarchie schickte ihn sein Bischof nach Ober-Altstadt bei Trautenau, wo der junge Pfarrer die soziale Not seiner Gläubigen kennenlernte. Als der Erzdechant in Trautenau starb, ernannte Bischof Karel Kašper, der spätere Kardinal und Erzbischof von Prag, Karl Popp 1923 zu dessen Nachfolger und damit zum jüngsten Erzdechanten des Sudetenlandes.

In der Zeit der Wirtschaftskrise, die vor allem die Gläubigen der sudetendeutschen Volksgruppe schwer traf, versuchte Popp, mit Rat und Tat zu helfen. Er holte 1927 die Schwestern der Caritas Socialis aus Wien nach Trautenau, die sich um die Armen- und Krankenpflege kümmerten. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden gesellschaftlichen Liberalismus und Materialismus suchte er die Priesterberufe zu stärken. Er gründete ein Hilfswerk für Priesternachwuchs und war Obmann des deutschen Priestervereins der Diözese Königgrätz. Nach der Volkszählung 1930 hatte die Diözese 1,584 Millionen Einwohner, von denen 15,3 Prozent Deutsche waren. Neben 1,095 Millionen Katholiken gab es 489.000 Nicht-Katholiken. Unter den Katholiken machten die Deutschen 21,2 Prozent aus. Von den 643 Weltpriestern waren etwa hundert Deutsche, unter den 71 Ordenspriestern waren es 39. Im Priesterseminar waren 1935 insgesamt 140 Studenten, davon 50 Deutsche. Als nach dem Münchner Abkommen vom 29. September 1939 das Sudetenland an das Deutsche Reich kam, wurde Popp am 21. Oktober 1938 von Bischof Moritz Picha zum Bischöflichen Generalvikar für den nun zu Deutschland gehörenden Teils des Bistums bestellt und das deutsche Generalvikariat Trautenau geschaffen. Dessen Gebiet umfasste die böhmischen Landkreise Hohenelbe, Trautenau, Braunau, Grulich, Landskron und Teile der mährischen Landkreise Zwittau und Mährisch Trübau mit insgesamt 145 Pfarreien in neun Vikariaten. Die Verfolgung der Kirche war hart, denn im Sudetenland galt nicht das Reichskonkordat. Der Lehrer Josef Tippelt, Kolpingsenior der Tschechoslowakei bis 1938, der die Angehörigen der Kolpingfamilie über die antihumane Ideologie der Nationalsozialsten aufklärte, wurde 1943 hingerichtet.

Nach Kriegsende widerrief Bischof Picha am 20. Juli 1945 die Einsetzung Popps als Generalvikar, am 14. August kam ein 27-jähriger tschechischer Kaplan als „spravce“ (Verwalter) der Erzdechantei nach Trautenau. Karl Popp kam ins Lager Ober-Altstadt und war zunächst Zwangsarbeiter und später Häftling im Internierungslager. Der Versuch, Popp vor ein „Volksgericht“ zu stellen, wurde eingestellt, stattdessen erfolgte die „strafweise“ Aussiedlung, die Popp zunächst ins Auffanglager führte und dann im Viehwaggon nach Bayern. In Steinhöring bei Ebersberg in Oberbayern bekam der Prälat eine Stelle als Messeleser in einem Kinderkrankenhaus. Er versuchte, seine vertriebenen Gläubigen zu sammeln und hielt Gottesdienste bei ihren Heimattreffen. Briefe an seine Landsleute aus jener Zeit erweisen ihn als Vater der Vertriebenen.

1950 konnte er in Altötting sein 40-jähriges Priesterjubiläum begehen, im gleichen Jahr wurde er Ehrenbürger von Steinhöring. Er erlebte noch das goldene Priesterjubiläum, musste aber nach seinem 80. Geburtstag das Ebersberger Krankenhaus auf­suchen, wo er am 28. Dezember 1967 starb.

Lit: Sein Neffe Wolfgang Popp erstellte aus Materialien des Familienarchivs und des Tagebuchs von Richard Popp 1996 eine 82-seitige Schrift „Prälat Richard Popp. Ein Leben im Dienst der Kirche und des Volkes“ und eine Kurzfassung daraus für die „Mitteilungen des Sudetendeutschen Priesterwerkes“ 4/1997, S. 6-10.

Bild: Prälat Richard Popp beim 40jährigen Priesterjubiläum 1950, Riesengebirgsverlag Kempten/ Allgäu.

Rudolf Grulich