Biographie

Posipal, Josef

Herkunft: Banat
Beruf: Fußballspieler
* 20. Juni 1927 in Lugosch/ rum. Banat
† 21. Februar 1997 in Hamburg

Josef („Jupp“) Posipal war Mitglied der legendären deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die 1954 das „Wunder von Bern“ schaffte, mit 3:2 Toren die hoch favorisierten Ungarn bezwang und damit den Weltmeistertitel errang. Im WM-Finale lief Posipal als rechter Verteidiger auf.

Geboren wurde er in dem Banater Ort Lugosch im westlichen Rumänien unweit von Temeswar, der beidseitig des Flusses Temesch liegt. Seine Bevölkerung bestand zu jener Zeit zu etwa je einem Drittel aus Deutschen, Rumänen und Ungarn. Der Vater Peter war ein geborener Lugoscher und betrieb eine eigene Bäckerei, seine Mutter Anna Maria (geborene Hillier) stammte aus dem benachbarten Ort Darowa und war als Verkäuferin im Bäckerladen tätig. Im Matrikelbuch der römisch-katholischen Kirche von Lugosch ist die ungarische Schreibweise des Namens Poszipal zu finden. Nach dem Kindergarten besuchte Josef die Volksschule Nr. 1 mit deutscher Unterrichts­sprache in der Lugoscher Kirchengasse. Der Vater starb, als sein Sohn sieben Jahre alt war. Von 1938 bis 1942 besuchte er als Halbwaise das deutsche Gymnasium. Er war ein guter Schüler und ein noch besserer Sportler, wobei seine Vorlieben aber zunächst nicht dem Fußball galten, viel mehr zog es den groß gewachsenen, gelenkigen und sprungstarken Joschi zu Leichtathletik, Handball und Tischtennis im Sommer, zum Ski- und Schlittschuhlaufen im Winter. Gefürchtet waren seine trick­reichen und schwer zu haltenden Würfe. Bald entdeckte er aber sein Talent als Fußballer und spielte bei der Lugoscher Mannschaft Vulturii.

Als junge Volksdeutsche auf Wunsch der NS-Machthaber entweder zur Wehrmacht oder in die Rüstungsindustrie an der Heimatfront mussten, entschied sich der 16-Jährige 1943, im Deutschen Reich einen Beruf zu erlernen. Diese Möglichkeit stand eintausend volksdeutschen Jugendlichen aus dem Bal­kanland im Rahmen eines Abkommens mit Rumänien offen. Posipal erlernte in Wülfel bei Hannover den Beruf des Maschinenschlossers im örtlichen Eisenwerk und erhielt in einer Panzerfabrik seine erste Anstellung. Obwohl er nach dem Krieg arbeitslos wurde, befolgte er die briefliche Warnung seiner Mutter, nicht nach Rumänien zurückzukommen, weil die Rumäniendeutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt wurden. Von 1946 an konnte er seinen Lebensunterhalt zwei Jahre lang als Flüchtlingsdolmetscher an verschiedenen Gerichten verdienen.

Seine glanzvolle Karriere als Fußballer startete er gleich nach seiner Ankunft in Deutschland, kickte zunächst in der Werksmannschaft, dann in der Vertriebenenelf Weiße Adler, wechselte zum TSV Badenstedt, war dann bis 1946 bei Blau-Weiß Wölpinghausen und bei Hannover-Linden 07. Ein Jahr danach ging er zu Arminia Hannover, wo er bis 1949 blieb. Für diesen Verein bestritt er 42 Oberliga-Spiele und schoss 17 Tore. Sein großer Förderer Georg („Schorsch“) Knöpfle, der Trainer die­ses Vereins, nahm ihn 1949 bei seinem Wechsel an den Rothenbaum zum Hamburger SV mit, für den Posipal bis 1958 spielte. Auch Nationaltrainer Sepp Herberger hatte ihn längst entdeckt, er soll bei Posipals Transfer zum HSV die Hand im Spiel gehabt haben, indem er den begabten Sportler in letzter Minute davon abhielt, in die USA zu emigrieren.

Beim Hamburger Sportverein trainierte Posipal wie besessen, wurde zunächst für die Sturmverstärkung oder als Spielmacher eingesetzt. „An ihm haben wir uns orientiert, er war sozusagen unser Leithammel, menschlich eine Granate“, erzählte der Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft Uwe Seeler. Damals agierte Posipal noch überwiegend im Angriff. Knöpfle erkannte dann seine Begabung in der Defensive und funktionierte ihn zum Abwehrspieler um. Denn seine Spielweise war uneigennützig, als typischer Mannschaftsspieler wurde er von seinen Kameraden gemocht, hatte integrative Kraft und war Sympathieträger. Seine ideale Position fand Jupp als Mittelläufer oder Stopper. Seine Kopfballstärke, sein ausgeprägter Kampfgeist und seine Kompromisslosigkeit in der Abwehr waren dafür ausschlaggebend. Diese Position brachte ihm Welt­ruhm ein. Für die Hanseaten streifte er 288 Mal das Trikot über, mit ihnen wurde er in neun Runden acht Mal Norddeutscher Meister (1950-1953 und 1955-1958).

Von 1951 bis 1956 nahm Jupp an 32 Länderspielen der deutschen Nationalelf teil, führte sie sechs Mal als Kapitän an. Seine große Stunde schlug bei der Endrunde der Weltmeisterschaft am 4. Juli 1954 in der Schweiz gegen die ungarische Mannschaft, die nach der 10. Spielminute bereits mit 2:0 führte. Seine Qualitäten demonstrierte der Banater Schwabe im Berner Wankdorf-Stadion, als er in der zweiten Halbzeit direkt auf den ungarischen Weltklasse-Linksaußen Zoltan Czibor traf. Dem trickreichen Dribbler bot Posipal Paroli. „Posipal hat gestoppt. Souverän gestoppt“, schilderte der sich leidenschaftlich verausgabende Reporter Herbert Zimmermann das Jahrhundertspiel. Die Sensation war nicht zuletzt dadurch perfekt. Deutschland schlug die Pusztasöhne in einem packenden Spiel mit 3:2 und wurde zum ersten Mal Weltmeister. Der rechte Verteidiger Jupp Posipal schrieb als einer der „Helden von Bern“ Fußballgeschichte.

Die Heimkehr aus der Schweiz mit dem Zug war triumphal. Posipal erzählte immer wieder: „Im Allgäu haben sie uns den Käse in die Abteile geworfen. Hunderttausende begrüßten mich und meinen Vereinskollegen Fritz Laband in Hamburg.“ Vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) gab es seinerzeit pro WM-Spiel 200 Mark, für den Titel waren es 2.500.

Als einziger Deutscher wurde Posipal im Oktober 1953 zum 90-jährigen Bestehen der englischen Football Association in die Europa-Auswahl berufen, die England im Wembley-Sta­dion ein 4:4 abtrotzen konnte. Weitere Erfolge konnte er mit dem DFB-Pokalfinale 1956, mit dem Einzug ins Finale um die deutsche Meisterschaft 1957 und 1958 verbuchen. Das letzte seiner 32 Länderspiele bestritt Jupp Posipal am 15. September 1956 bei der 1:2-Niederlage in Hannover gegen die Sowjetunion. Nach 250 Oberliga-Spielen (13 Tore), 38 Einsätzen in der Endrunde um die deutsche Meisterschaft (2 Tore) und 16 Spielen im DFB-Pokal (2 Tore) für den Hamburger SV beendete der „Kontinentstopper“ im Sommer 1958 auch seine Vereinskarriere und schied nach mehreren Verletzungen 1959 aus dem aktiven Sportleben aus.

Viele Jahre lang trainierte er aber noch die Jugendmannschaft seines Hamburger Vereins. Bis 1993 war er selbständiger Handelsvertreter für Polstermöbel, blieb solide und zuverlässig auch hier, so bescheiden, zurückhaltend und hilfsbereit wie zuvor. Die Sucht, sich nach der Karriere in der Öffentlichkeit zu profilieren, war seine Sache nicht, er mied Kameras und Mikrofone ebenso wie Rummel und Personenkult. Selbstdarstellung war ihm ein Gräuel. Aber trotz seiner Aversion gegen die moderne Mediendarstellung des Sports und obwohl er sich nie als Star fühlte oder gar aufführte, wurde er ein Idol des HSV und des deutschen Fußballs.

Mit seiner Familie lebte er im Hamburger Stadtteil Lokstedt. Seine Frau Gisela war eine frühere HSV-Handballerin. Der Ehe entstammen die Kinder Cornelia (* 1952) und Peer (* 1962), der ebenso wie Enkel Patrick (* 1988) zeitweise Fußballer wurde. Am 21. Februar 1997 starb der korpulent gewordene Josef Posipal im Alter von 69 Jahren an Herzversagen. Der berühmte Uwe Seeler weinte um seinen Freund: „Jupp war einer der Größten, die der HSV jemals hatte. Ein Riesenverlust. Für mich war er eine Vaterfigur, und für den Hamburger Sportverein wird er ein Leitbild bleiben, über das Spiel hinaus. Er war einmalig und herzensgut.“ Nicht nur in Hamburg, sondern in ganz Fußball-Deutschland brach große Trauer aus.

Lit.: Der Hanseat aus dem Banat (Jupp Posipal), in: Helmut Heimann, Tarzan, Puskás, Hansi Müller. Stelldichein donauschwäbischer Spitzensportler, Oswald Hartmann Verlag, Sersheim 2001, S. 91-103.

Weblinks: https://www.mopo.de/-das-grosse-hamburger-fussball-idol-jupp-posipal-starb-im-alter-von-69-jahren-an-herzversagen—der-hsv-verlor-seinen-einzigen-weltmeister–19402454.        http://www.dieheldenvonbern.de/chronik.phtml?q=B101.

Bild: Jupp Posipal 1953, Wikipedia Commons/ Gemeinfrei.

Stefan P. Teppert