Biographie

Preussen, Friedrich Heinrich Karl Prinz von

Herkunft: Pommern, Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Preußischer Prinz, Offizier
* 30. Dezember 1747 in Berlin
† 26. Mai 1767 in Protzen bei Fehrbellin

„Ein Vater kann seinen einzigen Sohn nicht mehr beweinen als ich diesen liebenswürdigen Jüngling.“ Mit diesen Worten kom­mentierte Friedrich der Große in einen Brief vom 27. Mai 1767 an seinen Bruder, den Prinzen Heinrich („den Älteren“), den Tod seines Lieblingsneffen Friedrich Heinrich Karl, genannt „Heinrich der Jüngere“.

Dieser erblickte am 30. Dezember 1747 im Palais des Prinzen August Wilhelm von Preußen, eines weiteren Bruders des großen Königs, als dessen zweiter Sohn aus der Ehe mit Luise Amalie, einer geborenen Prinzessin von Braunschweig-Bevern, das Licht der Welt und wurde am 16. Januar 1748 vom Hofprediger August Friedrich Wilhelm Sack im alten Berliner Dom getauft. Als dritter der Thronfolge, nach seinem Vater und seinen älteren Bruder Friedrich Wilhelm, dem nachmaligen König Friedrich Wilhelm II., fungierte der König persönlich als Taufpate und verlieh dem Prinzen am Tauftage den Orden vom Schwarzen Adler.

Die Kindheit verbrachte Prinz Heinrich der Jüngere zunächst im Kreise seiner Familie, zu der neben den Eltern und dem Bruder seit 1751 auch noch die Schwester Wilhelmine gehörte, im Sommer im Schloss Oranienburg, im Winter im Kronprinzenpalais in Berlin. Auffallend ist, dass der geistigen und künstlerischen Erziehung des Prinzen breiter Raum eingeräumt wurde.

Unter seinem Hofmeister Nikolaus Beguelin, zu dem später noch Baron Johann Friedrich Andrié trat, erfolgte nicht nur eine fundierte Einführung in die Kultur und v.a. Sprache Frankreichs, der Prinz wurde auch früh zu eigener Lektüre angehalten. So erhalten wir Kenntnis, dass u.a. er den Don Quijote Miguel de Cervantes’ gelesen und insbesondere die Aventures de Télémaque des französischen Erzbischofs Francois de Salignac de la Mothe-Fénelon, ein als „Fürstenspiegel“ an den Höfen gern herangezogenes Werk, wohl eingehender und unter Anleitung studiert hat. Auch die Geschichten aus 1001 Nacht scheint er gekannt zu haben.

Neben diese Lektüren traten auch bald Theaterbesuche, nicht nur deutscher Lustspiele, sondern bereits auch anspruchsvollerer französischer Komödien, so von Destouche und Molière. Auch einer Ballettaufführung wohnte er nachweislich bei.

Freilich wurde, wie es insbesondere bei den Hohenzollern üblich war, auch die militärische Ausbildung nicht vernachlässigt, die zunächst in den Händen des Generalmajors Johann Heinrich Jobst Wilhelm von Buddenbrock, ab 1763/64 in denen des Oberstleutnants Hans August von Blumenthal als militärischen Gouverneuren lag.

Im Februar 1755 siedelte die Familie mit Ausnahme des älteren Bruders ins Königliche Schloss nach Berlin um, wo die Großmutter Sophie Dorothea, die Witwe des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelms I. wohl eine Art Korrektiv in der Erziehung des Prinzen übernahm. Ob sich hierin bereits die Aversion Friedrichs des Großen gegen den in seinen Augen hedonistischen Lebensstil seines Bruders August Wilhelm zeigte, oder ob der Ortswechsel aus mehr praktischen Gründen erfolgte, bleibt unklar.

Mit Beginn des Siebenjährigen Krieges teilte Prinz Heinrich der Jüngere das Schicksal des Hofes, zunächst das kurzzeitige Ausweichen nach Spandau im Herbst 1757, dann die häufigen und längeren Aufenthalte in der Festung Magdeburg. Den Vater, der sich nach einem Zerwürfnis mit dem königlichen Bruder im Sommer 1757 anlässlich des Rückzuges der Armee aus Böhmen in sein Schloss Oranienburg zurückgezogen hatte, sahen er und sein Bruder nicht mehr, da er bereits am 12. Juni 1758 an einem Schlaganfall verstorben ist. Zur Beisetzung am 11. Juli 1758 reisten sie jedoch nach Berlin.

Nach dem Tod des Vaters kümmerte sich Friedrich der Große persönlich um die weitere Erziehung der Prinzen, denen er am 10. Dezember 1758 im Winterquartier in Torgau erstmals seit längerer Zeit wieder begegnete. Insbesondere vom Prinzen Heinrich, den er „reizend“ fand, hatte er einen sehr positiven Eindruck und er verlieh ihm mit Datum vom 8. Dezember 1758 persönlich das Titularkommando über das Kürassierregiment Nr. 2, das in Friedenszeiten in Kyritz stationiert war. Weitere Aufenthalte in der Umgebung des Königs folgten während der Winterquartiere 1761/62 und 1762/63. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder wurde es Heinrich jedoch mit Rücksicht auf seine schwache Gesundheit nicht gestattet, an einem der Feldzüge teilzunehmen.

Trotzdem scheint, insbesondere durch den Umgang während des letzten Winterquartiers des Krieges, die Zuneigung des Königs zum Prinzen gewachsen zu sein, er zog ihn, nachdem er ihm und seinem Bruder noch kurz vor Abschluss des Hubertusburger Friedensschlusses im Januar 1763 eine kleine Reise nach Gotha bewilligt hatte, durch seine Berufung zum Kapitän und Kompaniechef im 1. Bataillon Garde am 20. September 1764 in seine nähere Umgebung, Prinz Heinrich der Jüngere nahm bereits ab März 1764 Wohnung in Potsdam und wurde so unter den Augen des Königs militärisch weiter ausgebildet.

Für etliche Jahre nun war er regelmäßiger Mittagsgast des Königs und begleitete diesen auch auf etlichen militärischen Inspektionsreisen, beginnend im Frühjahr 1764 mit der Truppen-Revue in Schlesien, und auf anderen Reisen, etwa zum Kuraufenthalt zur Behandlung seines Gichtleidens im Sommer 1765 im schlesischen Bad Landeck.

Auch in das Hofleben wurde er behutsam eingeführt, er ist als Teilnehmer bei mehreren offiziellen Ereignissen bezeugt, etwa im Sommer 1766 in Sanssouci, wo er Theateraufführungen und Festen beiwohnte, und wirkt sogar selbst Ende 1766 bei einer Liebhaberaufführung der Komödie Le philosophe marié von Philippe Néricault Destouche zusammen mit anderen Anghörigen des Hofes mit, zog aber ansonsten ein zurückgezogeneres Leben im kleinen Kreise und die Beschäftigung mit Literatur und Wissenschaft den höfischen Vergnügungen vor. Ab 1766 baute sich Prinz Heinrich der Jüngere eine kleine Handbibliothek auf, die nahezu alle Wissensgebiete umfasste.

Insbesondere im Gefolge seines Bruders, des Thronfolgers Friedrich Wilhelm, finden wir den Prinzen Heinrich auch auf mehreren halboffiziellen und offiziellen Missionen, so z.B. im Frühsommer 1764 in Braunschweig bei der „Brautfahrt“ des „Prinzen von Preußen“ und dann im folgenden Jahr als Angehöriger der Delegation zur Einholung der Prinzessin Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel und bei deren Vermählung mit Heinrichs älterem Bruder im Schloss Charlottenburg.

Auf Anregung des Königs schließlich unternahm der Prinz auch kleinere, eher private Reisen und Exkursionen, neben Verwandtenbesuchen schon im April 1764 eine Inaugenschein­nahme des Schlachtfeldes zu Kunersdorf, im Oktober des gleichen Jahres eine Besichtigung der Porzellanmanufaktur in Berlin und schließlich im Spätsommer 1765 eine mehrtägige Fahrt ins Riesengebirge.

Er zeigte sich in allem als kluge, taktvolle und bescheidene Person, die kulturelle Bildung mit militärischem Sachverstand und soldatischer Neigung verband. Der liebenswerte und gutaussehende Prinz gab somit zu großen Hoffnungen Anlass, ohne selbst in irgendeiner Form an einer Karriere oder gar nur an Intrigen interessiert zu sein. Menschliche Anteilnahme und Ähnlichkeit der Neigungen brachten den König und seinen Neffen, den er wie seinen eigenen Sohn ansah, einander näher.

Die Wertschätzung, die sich Prinz Heinrich der Jüngere dadurch erwarb, gipfelte schließlich in Gerüchten, der König erwäge, die Thronfolgeregelung dahin gehend zu ändern, dass im Falle seines Ablebens nicht sein ältester Neffe Friedrich Wilhelm, dem er sich mehr und mehr entfremdete, sondern eben der zweitälteste die Nachfolge antreten solle. Da dies insbesondere reichsrechtlich erhebliche Konsequenzen gehabt hätte, ist davon auszugehen, dass derartige Ideen niemals realistisch erwogen, sondern lediglich als „Reverien“ anzusehen sind.

Freilich fanden derartige Gedanken, wie weit sie gediehen sein sollten, ein jähes Ende. Der Prinz, zum Obersten und tatsächlichen Befehlshaber seines Regimentes und am 26. April 1767 schließlich zum Generalmajor ernannt, ging am 2. April 1767 mit einem kleinen Haushalt nach Kyritz ab, um persönlich das Exerzieren der Truppe zu befehligen, die dem König am 20. Mai bei der Revue in Berlin präsentiert werden sollte. So unangenehm ihm der Ort selbst erschien, war doch sein Tageslauf mit militärischer Tätigkeit und Besuchen in Neu-Ruppin und insbesondere in Rheinsberg, der Residenz seines Onkels Heinrich (des Älteren), der mit dem König um die Rolle des Mentor der Neffen konkurrierte, ausgefüllt.

Einen Tag vor dem geplanten Aufbruch der Truppen nach Berlin am 16. Mai 1767 zeigten sich erste Anzeichen eines Unwohlseins. Dennoch brach der Prinz pünktlich an der Spitze seines Regimentes in Richtung Berlin auf, musste den Marsch jedoch in Protzen unterbrechen, weil nun offensichtlich wurde, dass bei ihm die Pocken zum Ausbruch gekommen waren. Zwar schien sich der Zustand des Prinzen, der im Protzener Herrenhaus Quartier genommen hatte, zunächst zu stabilisieren, wie noch Berichte vom 23. Mai belegen, doch trat eine plötzliche Wendung ein, und Prinz Heinrich der Jüngere verschied trotz intensiver Bemühungen der Ärzte, unter ihnen der von Friedrich dem Großen gesandte königliche Leibarzt Dr. Christan Andreas Cothenius, am 26. Mai 1767 gegen 20.00 Uhr.

Die Nachricht traf insbesondere den König wie ein Donnerschlag. Noch im ersten Schmerz entschloss er sich, dem Verstorbenen in einer selbst verfassten Trauerrede ein bleibendes Denkmal zu setzen. Bereits wenige Monate später lag der Text der Eloge du Prince Henri de Prusse vor, den Friedrichs Vorleser Dieudonné Thiébault durchsah und am 30. Dezember 1767, dem 20. Geburtstag des Prinzen, auf einer außerordentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin in Anwesenheit zahlreicher Gäste vortrug. Im Jahre 1768 schließlich wurde der Text in der originalen französischen Fassung und einer deutschen Übersetzung vom Verleger Christian Friedrich Voss in Berlin publiziert. Er ist ein bleibendes Monument für einen früh verstorbenen Spross des Herrscherhauses und ein Zeugnis der Sprachkunst und Persönlichkeit des großen Königs.

Lit.: Walter Elze (Hrsg.), Friedrich der Große: Gedenkrede auf Prinz Heinrich, Potsdam 1941. – Kurt von Priesdorff, Soldatisches Führertum, 10 Bände Hamburg 1937-1942 [Band 2, S. 42]. – Michael Sachs, Durchlauchtigster Prinz, freundlich Geliebter Neveu. Heinrich Prinz von Preußen (1747-1767). Neffe Friedrichs des Großen. Sein Leben und tragischer Tod in Zeitzeugenberichten, Essen 2012. – Gustav Berthold Volz, Heinrich der Jüngere, Prinz von Preußen, in: Hohenzollern-Jahrbuch 9 (1905), S. 78-90.

Bild: Cover Michael Sachs, Durchlauchtigster Prinz …

Bernhard Mundt