Biographie

Preußler, Otfried

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Schriftsteller
* 20. Oktober 1923 in Reichenberg/ Nordböhmen
† 18. Februar 2013 in Prien am Chiemsee

Die Familie Otfried Preußlers stammt ursprünglich aus Böhmen, zumindest lassen sich seine Vorfahren – meist Glasmacher – bis ins 15. Jahrhundert dort nachweisen. Sein Vater, Josef Syrowatka, war nicht nur Lehrer, sondern auch Volkskundler und Heimatforscher. Er wandelte im Jahre 1941 seinen Nachnamen von dem seiner Vorfahren mit dem ähnlich lautenden Namen Preißler in Preußler um, der bis heute Bestand hat.

Die Tendenz von Otfried Preußler, Geschichten und Erzählungen zu verfassen, wurde sowohl von seinem Vater als auch von seiner Großmutter Dora maßgeblich unterstützt, die die Volkserzählungen und Sagen aus der böhmischen Heimat Otfried Preußlers, dem Isergebirge in Böhmen, in dem er als Kind und Jugendlicher häufig mit seinem Vater unterwegs war, gut kannte. Entsprechend verwendete und verarbeitete Otfried Preußler zahlreiche Volkssagen, Legenden, Mythen und Erzählstoffe aus seiner Heimat auch in seinen späteren Geschichten.

Otfried Preußler glaubte, dass auch zwei Hexen zu seinen Vorfahren gehört hatten. Sein wichtigstes Buch war das virtuelle Geschichtenbuch seiner Großmutter. Nach seiner Aussage ist dieses großmütterliche Werk das bedeutendste und einflussreichste Buch seines Lebens gewesen.

Otfried ging in Reichenberg auf die Rudolphschule. Er bevorzugte Deutsch und andere Fächer, die sich mit Sprachen beschäftigten. Preußler plante in erster Linie, Professor für deutsche Landesgeschichte an der Karlsuniversität in Prag zu werden.

Im Jahre 1942 machte Ofried Preußler Abitur mit Auszeichnung. Dann wurde auch Preußler als Soldat zum Dienst in den Zweiten Weltkrieg einberufen. Er kam in russische Kriegsgefangenschaft, war in fünf verschiedenen Kriegsgefangenenlagern in der tatarischen Republik, magerte bis auf vierzig Kilo ab und erlitt Malaria, Typhus und Fleckfieber.

Vier Jahre nach Kriegsende wurde Otfried Preußler im Juni 1949 – sechsundzwanzigjährig – aus der russischen Kriegsgefangenschaft entlassen. In Rosenheim, in Oberbayern, traf er seine Verwandten wieder. Auch Annelies’ Kind begegnete er wieder, seiner Verlobten, die er noch im gleichen Jahr heiratete. Mit Annelies bekam er drei Töchter.

Otfried Preußler wollte ins Lehramt wie sein Vater auch. Während er studierte, verdiente Preußler seinen Unterhalt auch als Schriftsteller und lebte vom Schreiben und Erzählen von Märchen und Geschichten für den Kinderfunk, sowie als Lokalreporter.

Nach seinem Studium verfolgte Preußler seine berufliche Laufbahn als Volksschullehrer und steigerte diese von 1953 bis 1970 bis zum Rektor in Stephanskirchen, wo er an einer Schule unterrichtete, die später nach ihm in „Otfried-Preußler-Schule“ umbenannt wurde. Teilweise betreute Preußler bis zu zweiundfünfzig Schüler. Seine außergewöhnliche Erzählkunst und seine zeichnerische Begabung motivierten, begeisterten und prägten die Kinder. So erzählte Preußler seinen Schülern immer wieder Märchen und Geschichten aus seiner Heimat, die er teilweise später sogar aufschrieb und dann publizierte.

Preußlers Laufbahn als Schriftsteller und Publizist beschränkte sich zunächst auf kleinere Erzählungen, Übersetzungen und Hörspiele für den Kinderrundfunk. Er ließ seinem finanziell sichereren Lehrberuf aber zunächst den Vorrang vor seinem Beruf als freier Schriftsteller. Preußler schrieb zweiunddreißig Kinder- und Jugendbücher. Seine Werke existieren in fünfundfünfzig Sprachen und 275 Übersetzungen. Preußlers Buchtitel haben eine Gesamtauflage von über 15,2 Millionen Exemplaren in deutscher Sprache.

Preußler zählt mit seinen häufig übersetzten phantasievollen, spannenden und zugleich humorvollen Kinderbüchern zu den bekanntesten und namhaftesten Schriftstellern deutscher Kinder- und Jugendbuchliteratur.

Mit Der kleine Wassermann erschien im Jahre 1956 Preußlers erstes Kinderbuch, für das er 1957 bereits den Deutschen Kinderbuchpreis erhielt. Ein Jahr später verfasste er Die kleine Hexe und im Jahre 1962 schrieb er sein bekanntes Werk, den Räuber Hotzenplotz. Vier Jahre später erschien Das kleine Gespenst und 1969 schrieb Preußler den Fortsetzungsband vom Räuber Hotzenplotz, nämlich: Neues vom Räuber Hotzenplotz. Im Jahre 1971 verfasste der Kinderbuchautor das eindringliche und bewegende Buch Krabat, für das er im Jahre 1972 auch den Deutschen Jugendbuchpreis erhielt. Von 1973 bis 1979 folgten: Hotzenplotz 3, Der goldene Brunnen und Die Glocke von grünem Erz.

Eine der drei Töchter Otfried Preußlers, Regine Stigloher, arbeitete als Lektorin und freie Publizistin wie ihr Vater. Gemeinsam mit Preußler schrieb und veröffentlichte Regine im Anschluss an den ersten Titel des kleinen Wassermann drei weitere Fortsetzungsbände hierzu, die sie diesem Ursprungsbuch hinzufügten. Die weiteren Überschriften der neuen drei Bände des kleinen Wassermann lauteten: Frühling im MühlenweiherSommerfest im Mühlenweiher und Herbst im Mühlenweiher.

Otfried Preußler lebte schließlich als freier Schriftsteller in Haidholzen in der Nähe von Rosenheim, anschließend in Prien am Chiemsee.

Über viele Jahre und Jahrzehnte gewährte Preußler dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge großzügige finanzielle Unterstützung. „Im Gedenken an all seine Kriegskameraden, die er in den Kämpfen und in seiner fünf Jahre dauernden sowjetischen Kriegsgefangenschaft hatte sterben sehen“ unterstützte er tatkräftig diesen Volksbund.

Otfried Preußler starb am 18. Februar 2013 im oberbayrischen Prien am Chiemsee.

Der literarische Nachlass von Otfried Preußler liegt in 113 Umzugskartons in der Staatsbibliothek von Berlin. Im Herbst 2013 veranstaltete sie eine Ausstellung über das Werk Otfried Preußlers. Der Tag der Übergabe des Erbes von Preußler soll nun pro Jahr als „Otfried-Preußler-Tag“ gefeiert werden.

Zum Abschluss ein Zitat von Otfried Preußler, das seine positive und liebevolle Einstellung Kindern und Jugendlichen gegenüber optimal zur Geltung bringt: „Manchmal wurde ich gefragt: ‚Warum schreiben Sie eigentlich Bücher für Kinder?‘ Ich antwortete: ‚Weil es mir Spaß macht.‘ Und genau so viel Spaß wie ich beim Schreiben habe, wünsche ich allen Lesern.“

Lit.: Dino Larese, Otfried Preußler. Anmerkungen zu Herkunft, Biographie und Werk, Bücherei, Amriswil 1975. – Elisabeth Kaufmann, Otfried Preußler, in: KLG – Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar). – Otfried Preußler, Internationales Biographisches Archiv 10/2009 vom 3. März 2009, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar).

Bild: Zentrales Verzeichnis antiquarischer Bücher (ZVAB).

Ulrike Gentz