Biographie

Pückler-Muskau, Hermann Fürst von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Landschaftsgestalter, Lebenskünstler
* 30. Oktober 1785 in Schloss Muskau bei Görlitz
† 4. Februar 1871 in Schloss Branitz bei Cottbus

Fürst Pückler, heute zumeist nur noch bekannt als Namensgeber der beliebten Eiskreation, war eine der schillerndsten Gestalten des 19. Jahrhunderts. Der vielseitig begabte, umtriebige, wissbegierige und talentierte Fürst war Schriftsteller und Landschaftsarchitekt, Abenteurer und Lebemann, Grandseigneur und kritischer Beobachter seiner Zeit.

Geboren am 30. Oktober 1785 als Hermann Ludwig Heinrich auf dem über seine Mutter, eine geborene Gräfin von Callenberg, in den Besitz der Familie gelangten Schloss zu Muskau in der Oberlausitz, wuchs der Sohn des Grafen Ludwig Carl Hans Erdmann Pückler zusammen mit seinen drei Schwestern dort auf und erhielt eine pietistisch geprägte Erziehung, zunächst durch Hauslehrer, 1795-1799 bei den Herrnhutern in Uhyst, dann, nach kurzem Zwischenspiel bei den Franckeschen Stiftungen in Halle, am Philanthropium in Dessau, und studierte 1800-1802 Rechtswissenschaft in Leipzig.

Bald jedoch wandte er sich einer militärischen Laufbahn zu und war 1802-1806 Leutnant bei den sächsischen Gardes du Corps, später, in den Befreiungskriegen, Major in russischen Diensten und als Generaladjutant des Herzogs Karl August von Sachsen- Weimar-Eisenach Teilnehmer an der Völkerschlacht bei Leipzig sowie in der Funktion als preußischer Oberstleutnant sogar kurzzeitig Militärgouverneur von Brügge.

In seiner Dienstzeit entdeckte er jedoch auch die große Vorliebe für ausgedehnte Reisen, die den Schwerpunkt seiner zweiten Lebensphase bilden. Bereits 1812 weilte er in England, und hier bildete das Erleben des neuen, „englischen“ Gartenbaustiles gleichsam das Oeuvre für seine kreative Betätigung als Landschaftsgestalter. Pückler, seit 1817 mit Lucie von Hardenberg, der Tochter des preußischen Staatskanzlers, verheiratet, war fasziniert von der sowohl aus der Empfindsamkeit wie auch der beginnenden Romantik gespeisten, neuen Auffassung von gestalteter, aber gleichsam ursprünglich wirkender Inszenierung des natürlichen Raumes, die sich, im liberalen Geist des England des 18. Jahrhunderts, dem sich auch Pückler zeitlebens verpflichtet fühlte, hier erstmals gegen den noch aus der Gedankenwelt von Rationalismus und Absolutismus stammenden französischen Gartenbau mit seiner Auffassung des reglementierten, geometrisch-ornamental und als Verlängerung der Innenräume nach Außen verstandenen Gartens, von mehr beherrschter als gezähmter Natur, durchgesetzt hatte.

Um sich finanziell nach größerer Verschuldung insbesondere für die Umgestaltung des Schloßgartens zu Muskau zu sanieren, ließ sich Pückler, ein gesellschaftlicher Skandal, 1826 sogar von seiner Gattin scheiden, um in England eine vermögende Braut zu finden. Obgleich ihm dies mißlang, brachte ihm die schriftstellerische Verarbeitung seines Aufenthaltes auf den britischen Inseln 1825-1829, 1830-1831 unter dem Titel Briefe eines Verstorbenen erschienen, ersten Ruhm als Reiseschriftsteller ein. Pückler verbindet in seiner Darstellung, gestützt insbesondere auf seine Korrespondenz mit seiner formal geschiedenen Gattin, persönliches Erleben mit der Darstellung von Land und Leuten sowie einem kritischen, auch auf die eigene Heimat übertragbaren Blich auf politisch-soziale Verhältnisse und schafft so ein den Leser unmittelbar ansprechendes, plastisches Bild seiner Reise.

Weitere, ausgedehnte Reisen in exotische Gegenden folgen, 1835 nach Nordafrika, 1836 nach Griechenland, wo er u.a. vom wittelbachischen König Otto, Bruder König Ludwigs I. von Bayern, in Audienz empfangen wurde und Pläne zur Anlage eines „antikisierenden“ Landschaftsgartens präsentierte, und 1837 nach Ägypten.

Auf dieser Reise wurde er nicht nur Vertrauter des faktisch selbständig regierenden osmanischen Gouverneurs Muhamad Ali Pascha, der ihn als Staatsgast behandelte, sondern bestieg auch die Cheopspyramide bei Gizeh und reiste zu Schiff bis Khartoum, wo er jedoch entkräftet den Rückweg antreten mußte. Auch diese Erlebnisse konnte er, ein erneuter publizistischer Erfolg, unter dem Titel Aus Mehemed Ali’s Reich 1844 in Buchform der Öffentlichkeit präsentieren.

Kaum wieder genesen, setzte der Fürst 1838 seine Reise in den Nahen Osten fort, besuchte die Heiligen Stätten und kam über Syrien und Griechenland 1839 nach Konstantinopel, von wo aus er den westlichen Teil des Osmanische Reiches erkundete, bevor er, donauaufwärts zu Schiff, Ende des Jahres 1839 Budapest erreichte. Hier konvertierte er, seine Eindrücke aus dem Heiligen Land vor Augen, zum katholischen Glauben und trat im folgenden Jahr über Wien die Rückreise in die Heimat an.

Mit dem aus finanziellen Gründen erfolgten Verkauf der Herrschaft Muskau 1845 und der Übersiedelung nach Branitz setzte schließlich die letzte Phase seines Lebens ein, in der sich Fürst Pückler immer stärker der Landschaftsgärtnerei hingab. Hatte er bereits in Muskau eine Parkanlage ganz eigenen Stils initiiert und seine Gedanken 1834 im Werk Andeutungen über Landschaftsgärtnerei niedergelegt und war maßgeblich an der Gestaltung des Parkes von Schloß Babelsberg, Sitz des Kronprinzen Wilhelm, des nachmaligen preußischen Königs und Kaisers Wilhelm I., beteiligt, schuf er nun in Branitz höchstselbst eine Gartenanlage, die mehr noch als Muskau seine Ideen von der künstlerischen Durchdringung des Raumes widerspiegelt.

Unterbrochen immer wieder durch – nunmehr freilich in kleinerem Rahmen – unternommene Reisen, so, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, 1846 entlang des Rheines in die Schweiz und weiter über Norditalien ins Elsass, 1851 zur Weltausstellung nach London oder 1854 über Paris (Audienz bei Kaiser Napoleon III.) nach Italien, verlegte sich der Schwerpunkt des Lebenskreises mehr und mehr nach Branitz, wo er dann auch im Alter von 85 Jahren verstarb und in einem pyramidenförmigen Tumulus in einem künstlich angelegten See im Schloßpark beigesetzt wurde.

Der „tolle Pückler“, zeitlebens bewusst als Exzentriker auftretend, der u.a. in Berlin in einer von Hirschen gezogenen Kutsche vorfuhr oder sich mit einer auf dem Sklavenmarkt in Kairo erworbenen Nubierin umgab, und als Abenteurer (so 1815 oder 1816 publikumswirksamer Aufstieg mit einem Fesselballon) bekannt war, war jedoch weit mehr als ein rastloser Lebemann.

Mit den führenden Geistesgrößen seiner Zeit persönlich bekannt oder in Kontakt stehend, an den Höfen Europas und darüber hinaus heimisch und geistig mit allen Strömungen der Zeit vertraut, war Fürst Pückler ein scharfer Beobachter der Zeitverhältnisse. Aus patriarchalisch-liberaler Haltung heraus, darin den preußischen Reformern nahestehend, kritisierte er nicht nur u.a. die Ausbeutung Irlands durch englische Großgrundbesitzer oder den nach der gescheiterten Revolution 1848/49 einsetzenden Neo- Absolutismus, sondern trat, angefangen bei seiner reservierten Haltung gegenüber der selbst als Jugendlicher erfahrenen Enge des Pietismus, stets für eine verantwortete Freiheit des Individuums und eine allgemeine Weite des Geistes ein. Hierin war er Spiegel und Protagonist der geistigen Strömungen des „langen“ 19. Jahrhunderts zugleich.

Lit.: Hermann Graf von Arnim, Ein Fürst unter den Gärtnern. Pückler als Landschaftskünstler und der Muskauer Park, Frankfurt am Main/ Berlin/ Wien 1981. – Norbert Eisold, Der Fürst als Gärtner. Hermann von Pückler-Muskau und seine Parks in Muskau, Babelsberg und Branitz, Rostock 2005. – August Erhard, Fürst Pückler. Das abenteuer­reiche Leben eines Künstlers und Edelmannes, dt. Berlin/ Zürich 1935. – Erik Gloßmann, Hermann von Pückler-Muskau. Kavalier, Abenteurer, Parkgestalter, Leipzig 2010. – Klaus-Günther Just, Fürst Hermann v. Pückler-Muskau. Leben und Werk. Mit einer Auswahl aus Pücklers Nachlaß, Würzburg 1962. – Heinz Ohff, Der grüne Fürst. Das abenteuerliche Leben des Hermann Pückler-Muskau, 3. Auflage München 1993 (zuerst ebenda 1991). – Ders., Fürst Hermann Pückler, Berlin 1982. – Richard Schlegel, Die Persönlichkeit und das Werk des großen Parkkünstlers Hermann Fürst von Pückler-Muskau, Berlin 1928.

Bild: Wikipedia gemeinfrei.

Bernhard Mundt