Biographie

Rabin, Lea, geb. Schloßberg

Herkunft: Ostbrandenburg
Beruf: Friedenspolitikerin
* 8. April 1928 in Königsberg i.Pr.
† 12. November 2000 in Tel Aviv/Israel

Sie wurde als Tochter eines Linsen-Expedienten geboren, der nach der Emigration als Hotelpächter in Tel Aviv lebte. Schon 1933 floh die Familie über Riga in das damals britische Mandatsgebiet Palästina, wo die Familie in Tel Aviv sesshaft wurde. Lea schloss ihre Schulzeit mit dem Abitur ab und wurde dann Mitglied der jüdischen Selbstverteidigungs-Organisation Haganah, in der auch ihr späterer Mann Untergrundkämpfer in einer Eliteeinheit war. Während des Unabhängigkeitskrieges des Staates Israel (1948) fand die Vermählung Leas mit dem späteren General und Ministerpräsidenten Israels, Yitzhak Rabin (1922-1995), statt. Verborgen vor dem israelischen Geheimdienst lebte das Paar zunächst in einem Kibbuz. Lea Rabin studierte Pädagogik, arbeitete nach dem Examen aber nur kurze Zeit als Lehrerin, um sich besser um ihre beiden Kinder kümmern und die Karriere ihres Mannes unterstützen zu können. Nach dem Unabhängigkeitskrieg wurde ihr Mann zum Sicherheitsexperten ernannt und schon 1964 mit 42 Jahren Generalstabschef, der 1967 im sog. Sieben-Tage-Krieg, der mit dem Sieg Israels über Ägypten, Jordanien und Syrien endete, durch sein erfolgreiches militärisches Vorgehen zum gefeierten Helden des Krieges wurde. Nach dem Krieg begann Yitzhak Rabin eine politische Laufbahn, die ihn schon 1968 als Botschafter seines Landes nach Washington führte. Nach seiner Rückkehr nach Israel im Jahre 1973 wurde er im Dezember 1973 in das israelische Parlament, die Knesset, gewählt und erhielt gleich den Posten des Arbeitsministers im Kabinett von Golda Meir (1898-1978). Nach deren Rücktritt wurde Rabin im Juni 1974 selbst Ministerpräsident Israels. Lea Rabin setzte sich in dieser Zeit besonders für soziale Projekte ein. Doch besaß sie noch ein Dollarkonto in den USA, was damals in Israel verboten war, so dass ihr Mann als Ministerpräsident zurücktrat. 1984 kehrte Yitzhak Rabin als Verteidigungsminister in das Kabinett zurück, gab dieses Amt aber 1990 auf und wurde 1992 erneut Ministerpräsident. In Geheimverhandlungen handelte er unter Vermittlung der USA 1993 ein Abkommen mit den Palästinensern aus und erhielt dafür 1994 mit seinem Minister Shimon Peres (geb. 1923) und Yasir Arafat (geb. 1929), dem Führer der Palästinenser, den Friedens-Nobelpreis.

Nach der Ermordung ihres Mannes durch einen rechtsgerichteten jüdischen Aktivisten setzte Lea Rabin sich konsequent für die Fortsetzung der Politik ihres Mannes ein, der sich zu einem entschiedenen Verfechter des Friedens im Nahen Osten gewandelt hatte. Mündlich und schriftlich trat auch sie für den Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn, besonders den Palästinensern, ein. Wie ernst sie diese Aufgabe nahm und welches Ansehen sie in der arabischen Welt genoss, wurde besonders nach der Ermordung ihres Mannes und nach ihrem Tod deutlich. Schon in der Nacht der Ermordung ihres Mannes hatte Arafat heimlich einen Kondolenzbesuch bei Lea Rabin gemacht. Später traf sie sich mit der Witwe des ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat (1918-1981), der ebenfalls wegen seiner Friedenspolitik von einem radikalen Islamisten ermordet worden war. König Hussein von Jordanien (geb. 1935) nannte sie einmal „meine Schwester“.

Hatte sie früher ihre Aufgabe als Beraterin ihres Mannes gesehen, so suchte Lea Rabin nach dessen Tod sein politisches Lebenswerk zu bewahren. Nach dem Wahlsieg der rechten Likud-Partei im Mai 1996 sah sie den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern bedroht. Auch in öffentlichen Reden machte sie die Likud-Partei und den von dieser gestellten Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu (geb. 1949) mitverantwortlich für das gereizte politische Klima in Israel, in dem der Mord an ihrem Mann geschehen konnte.

In Israel war Lea Rabin wegen ihrer politischen Äußerungen umstritten, doch galt sie der Friedensbewegung in Israel und im Ausland als Symbol für die Aussöhnung zwischen Israel und den Palästinensern. Ihre Rolle an der Seite ihres Mannes stellte sie u.a. dar in Immer seine Frau (1998); nach seinem Tode verteidigte sie sein politisches Vermächtnis in Ich gehe weiter auf seinem Weg. Erinnerungen an Yitzhak Rabin (1997), in dem sie den Kerngedanken seiner Anschauungen herausstellt, dass der „beste Krieg“ der sei, „den man vermeiden kann“. Für ihr Friedenswerk wurde Lea Rabin mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Friedenspreis der Stadt San Diego (1996), dem Martin-Luther-King-Preis (1996) und der Buber-Rosenzweig-Medaille der deutschen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Besonders in ihren letzten Jahren benutzte sie in Interviews die deutsche Sprache, bekannte sich offen zu ihrer deutschen und Königsberger Herkunft und besuchte am 5. März 1999 bei einem Aufenthalt in Duisburg auch das „Museum Stadt Königsberg“.

Lit.: Nachweise bei: Klaus Bürger: Rabin geb. Schloßberg, Lea, in: Altpreußische Biographie, Bd. V, 2. Lieferung, Marburg/ Lahn 2007, S. 1908-1909.

Bild: Archiv der Kulturstiftung.

Klaus Bürger