Biographie

Reden, Friedrich Wilhelm Graf von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Bergbauminister
* 23. März 1752 in Hameln
† 3. Juli 1815 in Buchwald/Schlesien

Friedrich Wilhelm von Reden wurde als Sohn des Hofrats Johann Ernst Wilhelm von Reden in Hameln geboren. Der beim Tod des Vaters knapp 16jährige entschloß sich, im Harz eine Berglehre zu machen und bezog als 18jähriger die Universität Göttingen, um Jura und Naturwissenschaften zu studieren. Im Alter von 21 Jahren legte er sein erstes juristisches Staatsexamen ab und 1774 das zweite.

Es folgte die übliche Studienreise, die ihn auch nach England führte, das zur damaligen Zeit progressivste Land im Berg- und Hüttenwesen. Reden nahm nach seiner Rückkehr eine Stelle als Jurist bei der Kammer in Hannover an.

Der preußische Bergbauminister Freiherr von Heinitz erkannte die hohe Begabung seines Neffen und holte ihn nach Preußen. Durch Kabinettsorder wurde Reden 1778 zum königlich preußischen Kammerherrn und Oberbergrat ernannt und 1779 zum Direktor des schlesischen Oberbergamtes in Breslau.

Sofort nach Dienstantritt erarbeitete er einen umfassenden Plan zur Wiederbelebung des Bergbaus in Schlesien. Er verwies dabei besonders auf die nicht hinreichend untersuchten, reichen Erzvorkommen in Oberschlesien sowie Kohlevorkommen in Oberschlesien und im Waldenburger Raum. Trotz Finanznot genehmigte König Friedrich II. die geforderten Gelder für die Aufnahme des Tarnowitzer Erzabbaus, für Schwefel- und Vitriolwerke im Riesengebirge, für den Zinn-, Kupfer- und Goldabbau, für die königlichen Eisenhütten Malapane und Kreuzburg und für die Gewinnung und Ansiedlung fremder Berg- und Hüttenleute, denn es herrschte in Schlesien, besonders in Oberschlesien, ein ausgesprochener Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.

Reden beharrte auf der Schaffung von Staatsbetrieben, die mit staatlicher Anschubfinanzierung in der Lage waren, Preußen mit guten und benötigten Produkten zu versorgen und von teuren Einfuhren unabhängig zu machen. Der Gewinn floß nicht nach kameralistischem System in den Staatshaushalt, sondern blieb im Eigenbetrieb, damit die erwirtschafteten Mittel für den weiteren Aufbau des schlesischen Bergbaus, für neue Technologien, die Anwerbung und Ausbildung von Fachkräften und die soziale Sicherung der Bergleute und ihrer Familien bereitstanden.

Der Schwerpunkt dieser Entwicklungspolitik lag in Oberschlesien. Reden erreicht nicht nur eine Produktionssteigerung, sondern vor allem eine Verbesserung der Produkte. Er sah im Eisen den Werkstoff der Zukunft. In Malapane wurden nicht nur bessere Gewehre und Kugeln gegossen, sondern auch Gegenstände für den täglichen Gebrauch und 1794 die erste gußeiserne Brücke.

In Tarnowitz wurde die Friedrich-Wilhelm-Grube errichtet und der Gotthelfstollen herangetrieben. Reden stieß, wie er berechnet hatte, auf reiche Erzvorkommen. 1786 gründete er die Friedrichshütte in Tarnowitz, um das gewonnene Erz zu verhütten. Um die technischen Schwierigkeiten – vor allem die enormen Wasserzuflüsse – zu überwinden, suchte Reden nach neuen Technologien. Er ließ in England eine Dampfmaschine kaufen, die 1788 erfolgreich ihren Betrieb aufnahm und bald Besucher aus aller Welt anzog, 1790 auch Johann Wolfgang von Goethe.

Um Brennstoff für Maschinen zu erhalten und die Bevölkerung mit billigem Brennmaterial zu versorgen, förderte er den Steinkohlenbergbau. Er ließ Probebohrungen machen und entdeckte bei Zabrze mächtige Steinkohlenflöze. Nach Aufstellen einer Dampfmaschine konnte 1791 der Betrieb in der Königsgrube aufgenommen werden. Zum Transport der Kohle wurden der Zabrzer Kanal und der schiffbare „Erbstollen“ angelegt.

Nach Fertigstellung des Klodnitzkanals begann Reden mit dem Bau der Gleiwitzer Eisengießerei. Das Anblasen des ersten Kokshochofens auf dem Kontinent leitete 1796 die glanzvolle Geschichte dieser Hütte ein. Er forcierte die Herstellung von Maschinen und holte den Schotten Bailton und Friedrich Wilhelm Holzhausen, der zum überragenden Meister des Dampfmaschinenbaus wurde, nach Gleiwitz. Von 1802 bis 1827 entstanden über 50 Dampfmaschinen bester Qualität. In den Kunstwerkstätten der Gießerei ließ er die Gußtechnik so verfeinern, daß ein Kunstgewerbe kreiert wurde, das zum Interessantesten zählt, was das 19. Jahrhundert hervorgebracht hat: den Eisenkunstguß, der zu einem bedeutenden Exportartikel wurde und noch heute auf dem Kunstmarkt hoch gehandelt wird. Reden führte einen auf Schienen laufenden Wagen ein, ließ schiffbare Stollen erbauen, so den Fuchsstollen bei Altwasser, der – 1794 eröffnet – bald zu einer touristischen Attraktion für das Riesengebirge und das nahe gelegene Bad Salzbrunn wurde.

Reden war nicht nur ein kompetenter Verwaltungsmann, sondern darüber hinaus ein äußerst begabter Geologe und ein Bergbautechniker hohen Ranges. Unermüdlich bereiste er die Unternehmen und scheute sich nicht, alle Arbeiten unter Tage zu leiten und zu überwachen, Baupläne für neue Hütten, Hochöfen, Verwaltungsgebäude und Arbeitersiedlungen zu entwerfen, Schmelzversuche vorzunehmen, seine Mitarbeiter zum Bau neuer Maschinen zu veranlassen und für eine gute Ausbildung von Nachwuchskräften zu sorgen. Er bürdete sich eine riesige Arbeitslast auf, getragen von großem Pflichtbewußtsein, obwohl er zeitlebens unter gesundheitlichen Problemen litt.

Friedrich Wilhelm von Reden wurde 1786 „in Anerkennung seiner Verdienste um den schlesischen Bergbau“ zum Grafen erhoben und nach seiner England-Reise (1789/90) immer häufiger nach Berlin gerufen, um Minister von Heinitz zu entlasten. Im Jahr 1800 erhielt er ein „Commissorium generale“, das ihm fast alle Befugnisse eines Ministers zubilligte. Nach dem Tod von Minister Heinitz (1802) trat Graf von Reden als Staatsminister die Nachfolge an.

1802 heiratete er Friederike Juliane von Riedesel, die später für die gelungene Ansiedlung der Zillertaler und die Errichtung der Kirche Wang verantwortlich wurde.

Als 1806 die napoleonischen Truppen Berlin besetzten, floh Reden nicht, sondern versuchte durch Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht, den Betrieb in den Bergwerken, Hütten und Salinen im preußischen Königreich aufrecht zu erhalten. 1807 wurde er aufgrund einer erzwungenen Vereidigung durch die Besatzungsmacht entlassen.

Graf von Reden zog sich auf sein Gut Buchwald im Hirschberger Tal zurück, spielte in engem Kontakt mit von Hardenberg und vom Stein als graue Eminenz bei den Befreiungskriegen eine nicht zu unterschätzende Rolle. 1810 verlieh ihm der König in Anerkennung seiner Verdienste den Roten Adler-Orden. Aber sein Gesundheitszustand verschlechterte sich. Er starb am 3. Juli 1815. Nach seinem Willen wurde er in der Abtei in Buchwald beigesetzt.

Zu seinem 100. Geburtstag errichtete man ihm auf dem Redenberg in Königshütte ein Denkmal, das von König Friedrich Wilhelm IV. persönlich einweiht wurde.

Friedrich Wilhelm von Reden war noch ein Vertreter des Ancien Régime, stellte die Monarchie nie in Frage, diente gewissenhaft unter drei preußischen Königen. Andererseits war er ein moderner Mensch, befürwortete alle technischen Neuerungen, hob durch moderne Produktionsmethoden den Lebensstandard des Volkes und führte neue Wirtschaftsmethoden ein. Er schuf das oberschlesische Montanrevier. Er machte seinen Herrensitz mit einem englischen Park zu einer Sehenswürdigkeit und Attraktion in Schlesien. In seinem persönlichen Auftreten war er bescheiden. Obwohl er oft zu Gast bei Hofe und mit fast allen preußischen Ministern befreundet war, suchte er den Umgang mit Wissenschaftlern, Philosophen, Dichtern und Künstlern. Er war in vieler Hinsicht genial. Goethe soll von ihm gesagt haben: „Ich habe ihn nicht nur gekannt – ich habe ihn geschätzt, geliebt … welche Anmut und Würde …, ausgebildet zu einer seltenen Größe.“

Lit.: Ausführliche Literaturangaben bei P.A. Galbas: Friedrich Wilhelm Graf von Reden, in: Edgar Kalthoff (Hg.): Niedersächsische Lebensbilder, Hildesheim 1971. – Konrad Fuchs: Friedrich Wilhelm Graf von Reden (1752–1815), in: Josef Joachim Menzel/Ludwig Petry (Hg.): Schlesische Lebensbilder, Bd. 6, Schlesier des 15.–20. Jahrhunderts, Sigmaringen 1990. – Idis B. Hartmann: Die Besitzer von Buchwald, in: Das Tal der Schlösser und Gärten. Das Hirschberger Tal in Schlesien, ein gemeinsames Kulturerbe, Jelena Gora 2001. – Dies.: Friedrich Wilhelm von Reden und die Inszenierung dese Fuchsstollens, in: Der Anschnitt, 2–4/2002.

Bild: Anonymer Stich um 1790.

Idis B. Hartmann