Biographie

Remak, Robert

Herkunft: Posener Land
Beruf: Arzt, Zoologe, Physiologe, Neurologe
* 26. Juli 1815 in Posen
† 29. August 1865 in Kissingen

Robert Remak gilt als Begründer der modernen Embryologie. Er wurde am 26. Juli 1815 in Posen, der Hauptstadt des gerade erst an Preußen übergebenen Großherzogtums Posen, geboren. Er war der Sohn des jüdischen Kaufmanns Salomon Meyer Remak und seiner Frau Friederike Caro. Er wuchs mit einer ältere Schwester und zwei jüngeren Brüdern auf.

Remark besuchte das königliche Gymnasium in Posen, an dem er 1833 das Abitur ablegte. Anschließend studierte er Medizin an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin, das er 1838 mit der Promotion zum Dr. med. abschloss. Die Aussicht nach dem Studium erfolgreich arbeiten und Karriere machen zu können, war in Preußen jedoch zu jener Zeit nicht sicher, denn Juden wurde die Zulassung als Dozenten und Lehrer erschwert. Dies konnte ihm Probleme bereiten, denn Remak zeigte schon im Studium ein großes Interesse an neuartigen Untersuchungs- und Forschungsverfahren. Bereits mit 21 Jahren publizierte er eine Forschungsarbeit über den mikroskopischen Aufbau des Nervensystems. Dies zeigte schon früh sein wissenschaftliches Interesse verbunden mit einem handwerklichen Geschick, das eine Karriere als Universitätsprofessor erahnen ließ.

Dank einiger Förderer, war es Remak möglich, seine Arbeiten umzusetzen, und sie wiesen ihm den Weg auf das Gebiet der Embryologie. 1838 promovierte er über die Feinstruktur von Nervengewebe und wurde am 11. Mai 1839 für das Großherzogtum Posen approbiert. Im November 1839 legte er den staatlichen Eid für die Niederlassung als Arzt in der Provinz Posen ab, ohne aber für längere Zeit zurückzukehren.

Seit 1842 arbeitete Remak einige Jahre an der Berliner Klinik von Dr. Schönlein, wo er weitere Forschungen zur mikroskopischen Darstellung der Zellentwicklung, Embryogenese und Zellpathologie betreiben konnte. Hier in Berlin konnte er weitere für ihn wichtige Kontakte knüpfen und stand im Kontakt zur Universitätsklinik und zur Charité. So entwickelte er sich zu einem bekannten Wissenschaftler, doch eine ordentliche Professur wurde ihm jedoch verweigert.

Im Jahr 1843 wurde Remak zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle a.d. Saale gewählt. In den folgenden Jahren konnte er seine Forschungen erfolgreich fortsetzen, doch eine Lehrtätigkeit blieb ihm weiterhin versagt, obwohl er diese angestrebt hat.

Die Bemühungen des jüdischen Bildungsbürgertums um Eman­­zipation zogen sich bis zur Revolution von 1848 hin. Die formalrechtlichen Diskriminierungen hielten bis dahin an. Aber Remak lehnte den sonst bei vielen üblichen Weg ab, zum Christentum zu konvertieren, um sich dadurch Vorteile zu ver­schaffen. Die Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften wurde überwiegend durch wissenschaftlichen Leistungen bestimmt, doch die Ernennung zur Professor war eher eine politische Ent­scheidung, die bei Juden von den konservativ-christ­lichen Ver­wal­tungsbeamten des preußischen Kultusministeriums abhing. Viele Kultusminister waren sehr konservativ, manche gar antisemitisch.

Umso erfreulicher war es für Remak, dass ihn sogar ein solch renommierter Naturforscher wie Alexander v. Humboldt unterstützte und zum Erfolg führte. Durch schriftliche Anweisung an das Kultusministerium von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen vom 8. März 1847 wurde ihm der Weg geebnet. Am 14. Oktober 1847 wurde seine Habilitation an der Medizinischen Fakultät der Berliner Universität angenommen. Er war der erste jüdische Wissenschaftler, der sich hier habilitieren konnte, sogar ohne Habilitationsprüfung, nur durch eine Antrittsrede.

Der Mediziner Rudolf Virchow schrieb ihm sogar ein Empfehlungsschreiben für die österreichische Universität in Krakau. Die Stelle lehnte Remak jedoch am 28. November 1850 ab, da er keine akademische Vorlesung in polnischer Sprache abhalten könne. Er vermutete wohl auch, dass Virchow auf diese Weise einen Konkurrenten loswerden wollte.

Es folgte dann die Revolution von 1848, und Remak wurde im März 1848 Mitglied der polnischen Delegation an den König, die sich für die Freilassung der Aufständischen von 1846 einsetzte. Er trat damit für die Unabhängigkeit Polens ein und untermauerte so die Unterstellungen seiner Gegner, die seine Staatstreue als Jude mehr oder weniger offen anzweifelten. Teile seiner wissenschaftlichen Verdienste wurden in der Folgezeit Rudolf Virchow zugeschrieben, der 1856 dann den Lehrstuhl für pathologische Anatomie und Therapie an der Berliner Universität erhielt. Zwar waren hier keine antisemitischen Zurückweisungen erkennbar, aber man nutzte die Vorbehalte, um einen genehmen Kandidaten durchzusetzen. Seither war Remaks Verhältnis zu Virchow gespannt.

Remak wandte sich nun dem neuartigen Gebiet der Galvanotherapie zu. Renommierte Physiker seiner Zeit wie Werner v. Siemens unterstützten ihn dabei. Breite Unterstützung für seine Galvanotherapie fand Remak auch bei der niedergelassenen Ärzteschaft Berlins, die ihm ihre Patienten zur Behandlung überwies. Remaks wissenschaftliche Arbeiten beeindruckten, brachten viele neue Erkenntnisse mit sich und sorgten für die Einführung der Strombehandlung bei Nervenkrankheiten.

Remak war ein erfolgreicher Wissenschaftler und Fachbuchautor. Anerkennung kam ihm auch durch die Verleihung des Titels eines Professors zu.

Seit dem 8. Juli 1848 war er mit Feodore Meyer (1828-1863), die Tochter des Bankiers Eli Joachim Meyer. Sie starb zwei Jahre vor ihm. Remak starb am 29. August 1865 im bayrischen Bad Kissingen.

Sein Sohn war der Neurologe und Hochschullehrer Ernst Remak (1849-1911). Sein Enkel, der Mathematiker Robert Erich Remak (1888-1942) wurde in Auschwitz ermordet.

Lit.: Antoni Gąsiorowski/Jerzy Topolski (Red.), Wielkopolski Słow­nik Biograficzny, Warschau-Posen 1981. – Aaron Heppner/Isaak Herz­­­berg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Bd. 1, Koschmin, Bromberg 1909, Bd. 2, Breslau 1929. – Pagel, Remak, Robert, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 28, Leipzig 1889, S. 191f. – Harald Schäfer, Juden der Provinz Posen – Reminiszenzen an eine unter­gegangene Welt, in: Jahrbuch Weichsel-Warthe 2009, Wiesbaden 2008, S. 139-147. – Heinz-Peter Schmiedebach, Robert Remak, Ein jüdischer Arzt im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik, in: R. Toeller/N. Tsouyopoulos (Hrsg.), Medizin in Geschichte und Kultur, Bd. 18, Stuttgart 1995. – Ders., Remak, Robert, in: Neue Deutsche Bio­graphie (NDB), Bd. 21, Berlin 2003, S. 410f. – Barbara I. Tshisuaka, Remak, Robert, in: Werner E. Gerabek u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie Medizingeschichte, Berlin/New York 2005, S. 1232f.

Bild: Lithographie von Georg Engelbach (1817-1897), Wikipedia.

Martin Sprungala, 2017