Biographie

Rhode, Gotthold

Herkunft: Zentralpolen (Weichsel-Warthe), Posener Land
Beruf: Historiker
* 28. Januar 1916 in Kamillental/Posen
† 20. Februar 1990 in Heidesheim bei Mainz

Gotthold Rhode wurde in der preußischen Provinz Posen geboren und gehörte nach dem Ersten Weltkrieg zur deutschen Minderheit im 1918 wiedererstandenen Staat Polen, der seit 1795 nicht mehr existiert hatte. An einem deutschen Privatgymnasium in der Provinzhauptstadt Posen bestand der Sohn eines Theologen 1934 das Abitur und ging zum Studium von Geschichte, Geografie und Slawistik an die Universitäten in Jena, München, Königsberg und Breslau, wo er 1939 mit einer Arbeit über Brandenburg-Preußen und die Protestanten in Polen 1640-1740 promoviert wurde. Von 1939 bis 1945 war Gotthold Rhode offiziell am Osteuropa-Institut in Breslau angestellt, dessen Leiter sein Doktorvater Hans Koch war. Dort wertete er polnische Zeitungen aus. Freigestellt von wissenschaftlicher Arbeit arbeitete er zum Kriegsbeginn als Dolmetscher für die „Wehrmacht“ und erhielt deshalb im November 1939 die deutsche Staatsbürgerschaft, 1940 wurde er Mitglied der NSDAP. Im Jahr 1940 arbeitete er für die Informationsabteilung des Auswärtigen Amtes und war im Winter 1940/41 an der Umsiedlung der Russlanddeutschen beteiligt. Bis zum Kriegsende 1945 begleitete er die „Wehrmacht“ als Dolmetscher an osteuropäischen Kriegsschauplätzen.

Nach dem Krieg verschlug es Gotthold Rhode nach Bergen im Landkreis Celle in Niedersachsen, wo er, um seine Familie zu ernähren, als Landarbeiter, Anzeigenbeschaffer für Zeitungen und Hauslehrer tätig war. Aber schon 1946 holte ihn der Historiker Hermann Aubin (1885-1969), sein letzter Vorgesetzter in Breslau, als Tutor an die Universität Hamburg. Im Jahr darauf bekam er dort eine Assistentenstelle und habilitierte sich 1952 mit dem Thema Die Ostgrenze Polens. Nachdem er fünf Jahre als Privatdozent an den Universitäten in Hamburg und Marburg/Lahn verbracht hatte, übernahm er 1957 den Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte an der Universität Mainz, wo er blieb bis zur Emeritierung 1984. Den Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit bildete die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen.

Werke: Brandenburg-Preußen und die Protestanten in Polen 1640-1740. Ein Jahrhundert preußischer Schutzpolitik für eine unterdrückte Minderheit, Leipzig 1941. – Die Ostgrenze Polens. Politische Entwicklung, kulturelle Bedeutung und geistige Auswirkung, Köln 1955. – Geschichte Polens. Ein Überblick, dritte Auflage, Darmstadt 1965. – Herausgeber: Tausend Jahre Nachbarschaft. Deutsche in Südosteuropa, München 1981. – Juden in Ostmitteleuropa von der Emanzipation bis zum Ersten Weltkrieg, Marburg 1989.

Lit.: Eike Eckert: Zwischen Ostforschung und Osteuropahistorie. Zur Biographie des Historikers Gotthold Rhode (Dissertation), Kiel 2011.

Bild: Georg-Eckert-Institut.

Jörg Bernhard Bilke