Biographie

Richthofen, Manfred Freiherr von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Jagdflieger
* 2. Mai 1892 in Breslau
† 21. April 1918 in Amiens/Frankreich

Manfred Freiherr von Richthofen entstammte einer preußischen Familie, die keineswegs nur Soldaten und Diplomaten hervorgebracht hat, sondern auch Gelehrte, wie etwa den bekannten Geographen Ferdinand Freiherr v. Richthofen und den Ordinarius an der Berliner Universität, den Juristen Karl Freiherr v. Richthofen. Die Richthofens stammten ursprünglich aus der Gegend von Koblenz, sind aber im Laufe der Zeit dann in Schlesien heimisch geworden. Sebastian Schmidt, ein Schüler Luthers, ist der Vorfahr. Er latinisierte seinen Namen und nannte sich Faber. Dieser hatte einen tüchtigen Freund namens Paul Schultze, der seinen Namen in Praetorius latinisierte und kaiserlicher und kurfürstlich brandenburgischer Rat, erzbischöflich Magdeburger und Halberstädter Geheimer Rat und schließlich Erblehns- und Gerichtsherr auf verschiedenen von ihm in seinem verhältnismäßig kurzen Leben erworbenen Besitzungen wurde. Paul Praetorius hatte keine Kinder, er adoptierte den Sohn von Sebastian, Samuel Faber. Dessen Sohn erwarb Landbesitz in Schlesien und wurde 1661 geadelt unter dem Namen Prätorius von Richthofen. Von diesem Johann Prätorius von Richthofen stammt die ganze Familie Richthofen ab. 1741 wurden die Richthofens unter Friedrich II. preußische Freiherrn. Ansässig war die Familie in den Kreisen Striegau, Jauer, Schweidnitz und Liegnitz. Manfred Freiherr von Richthofen wurde somit 1892 in eine Familie mit weit gefächerter Tradition hineingeboren. Der Vater, Albrecht Freiherr von Richthofen, war aktiver Offizier und stand im Leibkürassierregiment zu Breslau. Die Mutter stammte aus der in Schlesien reich begüterten Familie Schickfus und Neudorff; deren Mutter war eine geborene von Falkenhausen, entstammte mithin einer militärisch sehr bekannten Familie, deren Ahnenherr sich aus der fränkischen Linie des Hohenzollernhauses herleitete. Der Stammvater ist der mit einer Schwester Friedrichs des Großen verheiratet gewesenene Markgraf Karl Wilhelm Friedrich von Ansbach.

Manfred Freiherr von Richthofen zeigte sich bereits in seiner Kindheit und Jugend als besonders sportlich wie charakterfest und fand schon früh Gefallen an dem Soldatenberuf, den er ergreifen wollte. Er begann seinen Dienst im Ulanenregiment Nr. l, Kaiser Alexander III. Hier trat er als Fahnenjunker ein. Er war ein leidenschaftlicher Reiter und erhielt bald das Offizierspatent. Auf Rennen und Geländeritten errang er viele Preise. So zuletzt noch beim sogenannten Kaiserpreisritt im Jahre 1913. Sein weiteres Ziel war, Rennen in Breslau und in Berlin zu gewinnen. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges tat er zunächst als Kavallerist Dienst, doch wie so viele Kavalleristen trat er im Mai 1915 zur Fliegerwaffe über. Als Aufklärer in der Kavallerie sah er nicht seine Aufgabe. Seinem Bruder gegenüber äußerte er: „Nur Beobachter werden, das liegt mir nicht, Flugzeugführer will ich werden, und, wenn es glückt, der beste von allen!“

Manfred von Richthofen war Rittmeister. Er gehörte zu jenen aktiven jungen Soldaten, die durchaus begeistert in den Krieg zogen, freilich nur ihre eigene Aufgabe vor Augen hatten.Von der Ostfront wurde Richthofen schließlich an die Westfront versetzt. Wie chaotisch zum Teil die Zustände waren, beschreibt Richthofen selber: „Mich versetzte jedenfalls jeder Flieger in einen ganz ungeheuren Schwindel. Ob es ein deutscher war oder ein feindlicher, konnte ich nicht sagen. Ich hatte ja nicht einmal eine Ahnung, daß die deutschen Apparate Kreuze trugen und die feindlichen Kreise. Folglich wurde jeder Flieger unter Feuer genommen. Die alten Piloten erzählen heute noch immer, wie peinlich es ihnen gewesen sei, von Freund und Feind gleichmäßig beschossen zu werden.“

Im Geschwader Boelcke wurde Richthofen schließlich als Flieger ausgebildet. Boelcke war sein Lehrer. Später übernahm er dieses Geschwader, als Boelcke gefallen war. Richthofen wurde nun einer der bekanntesten Jagdflieger des Ersten Weltkriegs. In einer Laune hatte er sein kleines Flugzeug rot angestrichen und wurde so bekannt, bei Freund und Feind, als der „rote Baron“. In Köln war er im Frühsommer 1915 ausgebildet worden und ging noch im Spätsommer 1915 mit dem damals bekannten Reiter und Flieger Graf Erik Holck nach Frankreich.

Die Jagdstaffel 2, in der Richthofen zunächst kämpfte, hatte in der Schlacht an der Somme 1916 die krisenhafte Lage der Luftwaffe beseitigen helfen. Der Angriff wurde über die feindlichen Linien vorgetragen. Am 27. Januar 1917 übernahm Richthofen die Führung der Jagdstaffel 11. Er erhielt den Orden „Pour le Mérite“. Nach 2 Monaten hatte die Staffel 20 Gegner zum Absturz gebracht, davon Richthofen die Hälfte. In seinen sogenannten „Grundsätzen“ sagt er: „Ein verwendbarer Kampfflieger ist nur der, der den Feind angreift, wo er ihn sieht, der jeder Zeit bereit und auch fähig ist, sich in einen Kampf einzulassen, und der nicht danach fragt, ob er nicht selbst mit zerschmetterten Gliedern am Ende des Kampfes tot auf dem Boden liegen wird.“ „Es kommt bei uns auf nichts anderes an als auf den Abschuß. Schon der gute alte von Clausewitz hat gesagt: Daß im Kriege nichts anderes Sinn hat als die Vernichtung des Gegners.“

Richthofen hat über 80 Luftsiege errungen, bis er schließlich, nach englischer Sehweise, von dem kanadischen Offizier Brown in Frankreich, über dem Schlachtfeld an der Somme, abgeschossen wurde. Nach offizieller deutscher Version wurde er bei der Verfolgungsjagd eines feindlichen Flugzeugs vom Boden aus von einer Maschinengewehrsalve getroffen.

Am 21. April 1918 war Richthofen gefallen. Er wurde von den Franzosen ehrenhaft in Fricourt bestattet. 1925 wollte ihn die Familie nach Schlesien überführen lassen, auf den Schweidnitzer Friedhof, aber schließlich wurde er auf Wunsch der Reichsregierung auf dem Invalidenfriedhof zu Berlin bestattet. Der Bruder schreibt: „Dem stimmte die Familie in der Erkenntnis zu, daß das Andenken und die Erinnerung an Manfred nicht ihr allein, sondern dem ganzen deutschen Volke gehöre.“

Der Ruhm Richthofens als Soldat, den er sich durch seinen bedingungslosen Einsatz im Ersten Weltkrieg, seine Tapferkeit erwarb,wurde vollends während der 30er Jahre zu einem nationalen Mythos. Es war insofern besonders bedeutsam, weil Hermann Göring, selbst Flieger des Ersten Weltkrieges, das Richthofengeschwader übernommen hatte. Schon bei der zweiten Bestattung 1925 war nicht nur Hindenburg zugegen, sondern auch zahlreiche Vertreter der Regierung. Der Reischwehrminister Geßler sprach bei dieser Gelegenheit die Worte: „Wenn wir Manfred von Richthofens sterbliche Überreste der Erde zurückgeben, legen wir zugleich das Gelöbnis ab, das wir in Glauben und Hoffen unserem Vaterlande gehören, für das er gefallen ist.“ Manfred Freiherr von Richthofen wurde vielfach als Symbol für Deutschlands Aufstieg genommen und von den Nationalsozialisten für ihre Zwecke ausgenutzt. Schon 1933 erschien ein Werk von und über Richthofen mit einem Vorwort von Hermann Göring, in dem es heißt: „Deutschland ist erwacht, Deutschland muß und wird seine Weltgeltung wiedergewinnen.“ Manfred Freiherr von Richthofen war ein Idol seiner Generation. Das Fliegeras des Ersten Weltkrieges ist in seiner jugendlichen Ritterlichkeit bis zum Zweiten Weltkrieg überaus populär geblieben. Im Jahre 1938 erschien in Berlin zum 20. Todestage ein weiteres Buch: Rittmeister Manfred Freiherr von Richthofen. Sein militärisches Vermächtnis. Herausgegeben von der kriegswissenschaftlichen Abteilung der Luftwaffe. Hier hieß es: „Sein Leben war allein nur auf den Kampf für sein Vaterland eingestellt bis zum Letzten. Sein Geist wird in der jungen deutschen Luftwaffe weiterleben.“

Der Heldenmut einer Generation des Ersten Weltkrieges wurde für den Zweiten Weltkrieg ausgebeutet. Freilich bleibt der soldatische Einsatz und die Treue Richthofens, mit der er sich für sein Vaterland einsetzte, seiner Pflicht nachkam, losgelöst von der zeitbedingten politischen Nutzung vorbildlich. In diesem Sinne hat auch die Luftwaffe der Bundeswehr Manfred Freiherr von Richthofen in ihr Traditionsverständnis mit einbezogen.

Lit.: E. Frhr. Praetorius v. Richthofen: Geschichte der Familie Praetorius von Richthofen. 1884. – Manfred Frhr. v. Richthofen: Der rote Kampfflieger. Berlin 1917. Ein erweiterter Nachdruck erschien unter dem Titel „Ein Heldenleben“ 1920. Gesamtauflage beider Bücher 526000 Exemplare. Auflage der neuen Ausgabe von 1938 30000. Ein weiterer Nachdruck erschien 1988 im Arndt Verlag in Kiel.) – Manfred Freiherr v. Richthofen. Eingeleitet und ergänzt von Bolko Freiherr v. Richthoven. Mit einem Vorwort von Reichsminister Hermann Göring. Berlin 1933. – Die Großen Deutschen. Hrsg. v. W. Andreas und W. v. Scholz. Bd. 4. Berlin 1936.

Bild: Richthofen am Tage seines letzten Fluges, am 21. April 1918