Biographie

Rösel, Johann Gottlob Samuel

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Maler
* 9. Oktober 1768 in Breslau
† 8. Juli 1843 in Potsdam

Über Rösels Eltern und weitere Herkunft ist nichts bekannt, aus seinen Vornamen lässt sich schließen, dass er evangelisch gewesen ist. Es wird angenommen, das er „zwischen dem 14. und 17. Jahr in Breslau den Maurerberuf gelernt hat.“ Dies erklärt den späten Besuch des Magdalenen-Gymnasiums (Scheyer, Schlesien 1962 S. 133), wo er Zeichenunterricht erhielt. Ein Mitschüler war der Philosoph Friedrich Schleiermacher. Zu den Anfängen Rösels gibt es nur wenige Überlieferungen. Aus einem Kunstbericht aus Breslau, der 1797 in den Schlesischen Provinzialblättern erschien, sprach der Verfasser „B“ davon, dass er von dem 19-jährigen Rösel zwei Zeich­nungen im Besitz habe, die versprachen, was er jetzt leisten würde. Um 1790 ging er zum Studium der Architektur an die Baugewerbeschule nach Berlin. Schon 1791 ist er bei der Berliner Akademie-Ausstellung in der Sektion „Zeichenklassen der Akademie studierender Künstler“ vertreten, zunächst noch mit Kopien. Schon damals freundete er sich mit dem vier Jahre älteren Gottfried Schadow an. In der Akademie-Ausstellung 1793 stellt er bei den „verschiedenen einheimischen und auswärtigen Künstlern“ aus, mehrere teils „bunt getuschte Landschaften nach eigenen Ideen.“

Bereits 1794 erhielt er eine Anstellung als Lehrer für ornamentales Zeichnen an der Berliner Baugewerbeschule, so dass er bei der Akademie-Ausstellung 1794 in der Sektion „Akademische Lehrer“ ausstellte. Aus o.g. Kunst­bericht aus Breslau ist weiter zu entnehmen, dass sich Rösel 1797 mit „zwei großen Landschaften nach der Natur gezeichnet und rotbraun getuscht“ an der Ausstellung im Lese-Cabinett in Breslau beteiligt hat. Die beiden Zeichnungen von einer Harz-Reise, vielleicht wurde Rösel dazu durch Goethes Reise von 1777 angeregt, zeigten die Roßtrappe und Gernrode. Gelobt wurde die „Frei­heit der Umrisse, die treff­liche Beleuchtung und die Entfernung alles Kleinlichsten“. Zu lesen war auch, dass er im Herbst eine Reise durchs Riesengebirge und die Grafschaft Glatz (Akademie-Ausstellung Berlin 1798 Wasserfall im Welzgrunde bei Wölfelsdorf in der Graffschaft Glatz) unternommen hatte, als Vorbereitung für eine baldige Reise in die Schweiz und nach Italien. So gehör­te Rösel zu den frühen Harz-Malern und möglicherweise auch zu den früheren Italien-Fahrern der romantisch-klassizistischen Generation. Zwar sind von der genannten Italienreise keine Nachweise bekannt, aber Rösel hatte sich auf jeden Fall gen Süden aufgemacht, wie Zeichnungen der Gegend von Salzburg und aus Hallein belegen, die er auf der Akademie-Ausstellung 1800 zeigte.

Seit 1799 unterrichtete Rösel dann an der neugegründeten Bauakademie das „Freie Handzeichnen der Bauverzierungen“. Zur ersten Eleven-Generation 1799 gehörte der mit seinen Leistungen auffallende Friedrich Schinkel. 1802 erhielt Rösel den Professo­rentitel und so folgt im Katalog zur Akademie-Ausstellung, wo er acht Zeichnungen zeigte – vom Rhein, dem Eichsfeld und Teplitz – seinem Namen der Vermerk „Professor und Lehrer bei der Bau-Akademie“. Er war auch für die Berliner Porzellanmanufaktur tätig. Zahlreiche freundschaftliche Verbindungen zu Berliner Künstlerkollegen sind zu nennen, nicht nur im 1814 gegründeten Berlinischen Künstlerverein um Gottfried Schadow, besonders zu Ferdinand Krüger, Daniel Rauch, dem Landsmann August von Kloeber, Wilhelm Hensel und dem Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné. Er nahm rege am gesellschaftlichen Leben Berlins teil, verkehrte u.a. im Salon der Schriftstellerin Sophie von Schwerin und war mit Friedrich Hegel näher bekannt. Rösel war bis in die höchsten gesellschaftlichen Kreise als Zeichenlehrer gefragt. Er unterrichtete König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und Elisa Prinzessin von Radziwill.

Die Bekanntschaft mit Carl Friedrich Zelter, wohl auf die 1790er Jahre zurückgehend, wurde zu einer engeren Freundschaft, vielleicht auch mit aus beruflicher Verbundenheit. Zelter übte ja lange seinen Beruf als Maurer neben seiner Musik aus. Möglicherweise hatte ihn Zelter, der Musiklehrer von Felix und Fanny, in das Haus Mendelssohn eingeführt. Rösel war eine Zeit lang der Zeichenlehrer von Felix. Aus seinem akade­mischen Lehramt wären u.a. als Schüler Julius Schoppe und sein Landsmann Carl Friedrich Lessing zu nennen. Letzterer wurde später auch zu einem bedeutenden Harz-Maler. Vielleicht hatte er sich an Anregungen aus der frühen Studienzeit bei Rösel erinnert?

In Schlesien, wohin Rösel häufiger reiste, hielt er sich immer wieder als gern gesehener Gast auf mehreren schlesischen Schlössern auf, geladen zu den „Sommersalons“ des Berliner- und des schlesischen Adels, wie bei den Fürsten Radziwill in Ruhberg, den Schaffgotschs in Warmbrunn u.a.m. Besonders bei den Redens in Buchwald war Rösel ein geschätzter Gast. Seine Zeichnungen waren dort in einem Raum der Parkarchitektur ausgestellt. Mehrere Zeichnungen aus Buchwald sind erhalten.

Zwischen 1804 und 1821 war er wiederholt in Italien mit längeren Aufenthalten in Rom und Neapel. Über die Reise 1804 ist wenig bekannt, der napoleonischen Kriege wegen reisten kaum Künstler nach Italien. Bei den folgenden Reisen wären besonders sein schlesischer Landsmann Carl Herrmann, die Freundschaft ist auch in Herrmanns Tagebüchern dokumentiert, sowie Karl Ph. Fohr und Julius Schnorr v. Carolsfeld, der von Rösel als Liebling aller Leute sprach, zu nennen, die ihm besonders freundschaftlich verbunden waren. Er verstand sich mit den unterschiedlichen Lagern der deutschen Italienreisenden, wie den Nazarenern, den Klassizisten, den Bildhauern und anderen kleinen Gruppierungen und war als geistvoller Gesellschafter und hilfsbereiter, guter Geist allgemein geschätzt.

Rösel nahm auch an dem deutschen Künstlerfest 1818 in der Villa Schult­heiß in Rom für Kronprinz Ludwig von Bayern und am Geburtstagsfest der Grande Dame der Weimarer Künstlerschaft Louise Seidler 1819 in Rom teil, die ihn in ihrem Tagebuch schilderte: „Als Hauptspaßvogel belustigte an diesem vergnügten Abend der Land­schaftsmaler Rösel die Gesellschaft, ein Berliner von unverwüstlicher Laune, als Künstler vorzüglich begabt, mit der Feder Bäume und Ruinen zu zeichnen … Ein kleiner, brauner, verwachsener Dreißiger voll witziger Einfälle.“ Bei der Ausstellung der deutschen Künstlerschaft zu Ehren von Kaiser Franz I. im Palazzo Caffarelli in Rom war auch Rösel mit einigen Zeichnungen vertreten.

Zu Studien für den Dekorationsauftrag von Rheinlandschaften im Schinkel-Schloss Charlottenhof in Potsdam reiste Rösel 1827 an den Rhein. Den Auftrag, es sind die einzigen bekannten großformatigen Arbeiten Rösels, führte er dann 1828 aus.

Der gute Goethe-Freund Zelter brachte den Goethe-Verehrer Rösel auch mit Goethe selbst in Kontakt, so dass Rösel Goethe 1823 und 1828 besuchte. Zum Geburtstag 1827 hatte Rösel Goethe Zeichnungen vom Harz und vom Brunnen des Vaterhauses in Frankfurt geschickt, wofür sich Goethe mit einem Gedicht bedankte:

„Rösels Pinsel, Rösels Kiel
Sollen wir mit Lorbeer kränzen:
Denn er that von je so viel
Zeit und Raum uns zu ergänzen.
Das Entfernte war gewonnen,
Längst Entschwundenes stellt er vor
Von des Vaterhofs Bronnen
Zu des Brockens wüstem Thor.
Rösels Pinseln, Rösels Kielen
Soll fortan die Sonne scheinen:
Kunstreich wußte er zu vereinen
Gut und Schönes mit dem Vielen.“

Rösel war wohl nicht bei Goethes Beerdigung anwesend, aber er hielt sich in dem Todesjahr 1832 in Thüringen auf, wie eine Zeichnung von Schloß Schwarzburg belegt, das 1781 auch Goethe gezeichnet hatte. Sein Weg wird ihn wohl über Weimar geführt haben. Bei seiner letzten Beteiligung an der Akademie-Ausstellung 1839 stellte er die Sepia-Zeichnung Göthe’s Garten-Haus, an der Ilm, bei Weimar aus.

Mit Theodor Fontane rückte Rösel nochmals in das Blickfeld eines bedeutenden Schriftstellers, der in seinen Wanderungen in der Mark Brandenburg (Kap. Havelland) über die letzten Lebensjahre des Jung­gesellen berichtet: „Friedrich Wilhelm IV, welcher ihn lange gekannt und geliebt hatte, nahm den alten, alleinstehenden und schließlich etwas geistesschwach gewordenen Mann nach Charlottenburg hinüber und ließ ihn daselbst mehrere Jahre lang in der Familie des Hofgärtners oder Kastellans verpflegen.“

Rösel hatte sich hauptsächlich der kleinen Landschaftszeichnung mit Architektur zuge­wandt, meist in Sepia mit der Feder und dem Tuschpinsel ausgeführt, teilweise koloriert und laviert. Er kann als Nachfolger von Adrian Zingg gesehen werden und als Vor­gänger jener Generationen, die die Vorlagen der Stahlstiche für die in der Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreich erscheinenden Ansichtenwerke des „malerischen Deutsch­land“ mit ihren Landesbeschreibungen illustrierten. Stilistisch ist er ein Mittler zwischen dem Klassizismus und der Romantik.

Für C.J.B. Karstens Standardwerk System der Metallurgie schuf er 14 Einzelansichten von Hütten- und Walzwerken. Mit mehreren Blättern ist er bei der Voyage pittoresque dans le Tyrols usw. (Paris 1825) des F. G. Comte de Bray vertreten und seine bei der Akademie-Ausstellung 1836 gezeigten Zeichnungen von Bad Kissingen und Umgebung wur­den von Julius Tempeltey lithographiert, der auch zu Rösels Malerische Ansichten von Schlesien, nach der Natur aufgenommen die Lithographien schuf, ebenso sind die „8 Kupfer“ in den Wanderungen der Familie Waller durch die schönsten und merkwürdig­sten Gegenden Schlesien’s von Ernst Jaekel (Bln. 1831) nach Rösels Zeichnungen gestochen.

In Ludwig Devrients Folge Berliner Künstler (IV. Lithographie, G. Gropius Berlin) ist er auf demselben Blatt wie sein Landsmann August von Kloeber zu finden, außerdem sind Porträtzeichnungen u.a. von August Kestner, Gustav Heinrich Naeke und Christian Vogel von Vogelstein bekannt. In Franz Krügers berühmten Bild Parade auf dem Opernplatz steht Rösel hinter Gottfried Schadow und dem Bildhauer Christian Rauch neben Friedrich Schinkel. Rösels Bildnis, das einen temperamentvollen Menschen zeigt, ist auch durch Radierungen von Ludwig Emil Grimm überliefert, der ihn in seinen Erinnerungen aus meinem Leben beschrieb: „…ein kleines, mageres, etwas verwach­senes Männchen, gescheites Gesicht, lebendig, geistreich“ und bemerkte, daß Rösel „wo die Zeichnung kein Bild werden wollte, aus eigener Idee hinzusetzte.“

Zeichnungen Rösels kamen in Museen und Kabinette in Berlin, Goethe-Museum Düsseldorf, Frankfurt, Hannover, Weimar, Heidelberg, Mu­seum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Casa Goethe Rom u.a. Das heute wohl bekannteste Werk ist sein wieder­holt reproduziertes Aquarell vom Frauenplan von 1828, das sich im Goethe-Nationalmuseum in Weimar befindet.

Lit.: Boetticher; Thieme-Becker – Hans Geller Die Bildnisse der deutschen Künstler in Rom 1800-1830, Berlin 1952 S. 94f., 138, Nr. 429-431. – Ernst Scheyer, Schlesische Malerei der Biedermeierzeit, Frankfurt/M. 1965, div. S. – Erich Wiese, Biedermeierreise durch Schlesien, Darmstadt 1966, S. 377. – Helmut Börsch-Supan, Die Kunst in Brandenburg-Preußen, Berlin 1980, S. 222f. – Ernst Scheyer, Der Landschaftsmaler Johann Gottlieb Samuel Rösel aus Breslau (1768-1843), in: Vier­teljahresschrift Schlesien, Jg. XXVII, Nürnberg 1982, Heft III 1982, S. 129ff. – Kat. Deutsche Künstler um Ludwig I. in Rom, München 1981. Bearb. Gisela Scheffler, S. 104. – Kat. „und abends in Verein“ Johann Gottfried Schadow und der Berlinische Künstler­verein 1814-40, Berlin Museum, Berlin 1983, S. 32f., 172. – Kat. Breslau, Ansichten aus sechs Jahrhunderten, Regensburg 1983, Ostdeutsche Galerie Regensburg, S. 89, 92, 260, – Irmgard Wirth, Berliner Malerei im 19. Jahrhundert, Berlin 1990, Abb., S. 54f. – Kat. Fontane und die bildende Kunst, Berlin 1998, S. 150f. (2 Abb.). – Kat. Wiederholte Spie­gelungen – Weimarer Klassik. Ständige Ausstellung des Goethe-Nationalmuseums, München/Wien 1999 S. 170, 744. – Helmut Börsch-Supan: Künstlerwan­derungen nach Berlin, München-Berlin 2001, S. 251.

Bild: Rösel, Radierung von Ludwig Emil Grimm, gez. Salerno 1816, Private Ostdeutsche Studiensammlung.

Helmut Scheunchen