Biographie

Rosen, Hans Freiherr von

Herkunft: Posener Land
Beruf: Diplom-Landwirt, Sprecher der Landsmannschaft Weichsel-Warthe
* 4. Juli 1900 in Frankfurt/ Main
† 16. Dezember 1999 in Varel in Oldenburg

Hans Freiherr v. Rosen zählt eindeutig zu der schreibenden Zunft und die von ihm verfassten Schriften zeugen von seinen Lebenserfahrungen, die er auf diese Weise der Nachwelt hinterlässt und so auch den Zeitgeist dank seiner schriftstellerischen Befähigung erahnen lässt.

Seine Familie hatte ursprünglich nichts mit dem Posener Land zu tun, das sein eigenes Leben stark mitprägte. Die Rosen sind eine altes deutsch-baltisches Adelsgeschlecht, das dem livländischen Uradel entstammt. Hans Freiherr v. Rosen hat sich auch um die Familiengeschichtsschreibung verdient gemacht.

Die Familie teilte sich in eine schwedische und eine livländische Linie. Ihre Vertreter waren Diplomaten, Literaturen und oftmals hochranginge Militärs. Man findet Vertreter der Familie in zaristisch-russischen Diensten, unter den kaiserlich-deutschen und preußischen Generälen und sogar zwei Maréchal de France (Marschall von Frankreich).

Hans Freiherr v. Rosen wurde als ältester Sohn des Offiziers – zuletzt Oberst – Fabian Freiherr v. Rosen (* 24.5.1868 Trier, † 11.9.1943 Grocholin, Kr. Schubin) und der Anna Freiin v. Dobeneck (1870-1945) am 4. Juli 1900 in Frankfurt am Main geboren. Er wuchs mit zwei Geschwistern auf: Kersten Friedrich (* 1904 in Stettin, wurde ebenfalls Oberst) und Ingeborg (* 1908).

Über seine Mutter war Hans mit der Posener Großgrundbesitzerfamilie v. Treskow verwandt. Der Offizier Hans Hermann Freiherr v. Dobeneck (1835-1885 Grocholin) war mit Julie v. Tres­kow (1842-1913), Tochter des Julius Karl v. Treskow (1818-1894 Grocholin) verheiratet. Über diese Familie wurde Hans später Erbe des Posener Ritterguts Grocholin.

Hans frühes Leben folgte dem beruflichen seines Vaters. So besuchte er die Schulen in Meiningen, Altona und Breslau, wo er 1917 im Krieg das Notabitur ablegte.

Die enge Verbundenheit mit dem Gut Grocholin war damals noch nicht erkennbar, auch wenn er als junger Mann mehrmals dort zu Besuch war. Aber die berufliche Laufbahn in der Landwirtschaft deutete sich schon früh an, denn nach dem Abitur leistete er einen landwirtschaftlichen Hilfsdienst, ehe er als Fahnenjunker zum Grenadierregiment Nr. 3 Königin Elisabeth in Charlottenburg eingezogen wurde.

Noch im letzten Kriegsjahr 1918 kam er zum Kriegseinsatz in den Argonnerwald und bei Verdun. Nach dem Krieg kämpfte er bis August 1919 im freiwilligen Einsatz in den Freikorps in Kurland. Hierbei wurde er verwundet mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Nachdem auch hier der Kampf um die Belange des deutschstämmigen Balten beendet war, wurde er mit dem „Charakter eines Leutnants“ entlassen.

Im März 1923 bestellt ihn sein Großonkel Sigismund v. Treskow-Friedrichsfeld (1864-1945) zum Generalbevollmächtigten der Herrschaft Strzelce im Kreis Kutno, die seit 1797 im Familienbesitz war. Bereits 1924 verkaufte der Großonkel das Gut. Hans v. Rosen hatte aber inzwischen seinen Lebensmittel­punkt nach Polen verlegt und lernte Polnisch. Im Oktober 1924 begann er in Posen ein landwirtschaftliches Studium.

Hier lernte er auch viele Aktivisten der deutschen Minderheit kennen, die sich für die Rechte der ungeliebten Minderheit in der II. Polnischen Republik engagierten. Darunter befand sich auch Dr. Kurt Lück (1900-1942) aus Kolmar i.P. (Chodzież), mit ihm und anderen er am 6.3.1925 die Posener Abteilung des Vereins Deutscher Hochschüler gründete.

Am 28.6.1928 absolvierte er seine Prüfung als Diplomlandwirt. Anschließend wurde er als Hilfsrevisor im Deutschen Genossenschaftsverband in (Ost-)Galizien tätig, um sich hier erfolgreich um die polnische Staatsangehörigkeit zu bemühen.

Seinen Einsatz für die deutsche Minderheit setzte er auch hier fort und er hielt 1928 Seminare für die Galiziendeutschen in Brigidau ab.

Nach zwei Jahren kehrte Hans ins Posener Land zurück und wurde seit dem 1.7.1930 für kurze Zeit als Administrator des Gutes Nickelskowo im Kr. Kolmar i. P. tätig.

Bereits Anfang 1925 hatte ihn sein Großonkel zum Erben Gro­cholins eingesetzt. Der Onkel war unverheiratet und hatte daher keinen Erben. Als solchen setzte er nun Hans ein. Dank seiner in Galizien erworbenen polnischen Staatsangehörigkeit und mancher Hilfen und Tricks gelang es ihm, auch das Erbe übertragen zu bekommen. Er beschreibt die Geschehnisse seiner Zeit in Polen sehr eingehen in seinem autobiographischen Werk Grocholin.

Am 26.9.1930 gründete Hans v. Rosen eine eigene Familie. Die Eheschließung durch Superintendent Aßmann fand in der Posener Pauli-Kirche statt. Die sieben Jahre jüngere Eva Ottilie Krüger (* 30.12.1907 Gleiwitz, † 7.3.1984 Rosbach v.d.H.) hatte seit Herbst 1927 in Posen Germanistik studiert. Nun bildete die junge Familie in Grocholin einen Mittelpunkt der deutschen Kultur. Die Familie wuchs durch sechs Kinder rasch an.

Hans v. Rosen war auch weiterhin für Vereine der deutschen Minderheit aktiv, in Genossenschaften und auch politisch trat er auf. Im Jahr 1934 war er kurzfristig Mitglied in der Jungdeut­schen Partei (JDP), bis er den Charakter dieser Partei, die ein geistiger Ableger der NSDAP war, erkannte und wieder austrat.

Rosen erlebte auch die schweren 1930er Jahre in Polen mit all ihren Bedrängnissen für die polnischen Staatsbürger deutscher Nationalität mit. Als der Krieg absehbar war, wich er, wie viele, nach Danzig aus und konnte so verhindern, dass auch er bei oder gar schon vor Kriegsbeginn seitens der polnischen Polizei interniert wurde.

Hans v. Rosen beschreibt auch die brutale Besatzungspolitik im von den Nationalsozialisten gegründeten Reichsgau Wartheland. Er selbst erlebte nicht allzu viel davon, da er im Herbst 1941 zur Wehrmacht einberufen wurde. Er wurde an der Ostfront eingesetzt, u.a. im Kessel von Demjansk, bei Staraja Russa und in Kurland. Bis Juni 1945 war er in britischer Kriegsgefangenschaft.

Seine Frau war im Januar 1945 mit den Kindern auf die Flucht vor der Roten Armee gegangen und gelangte so nach Beinhards in Hessen. Später lebte er in Ober Rosbach v.d.H. Er arbeitete als Kreisberater und war später Leiter der landwirtschaftlichen Abteilung der Firma Heinrich Lanz in Mannheim, einem Landmaschinenhersteller.

Hans v. Rosen trat nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft sofort wieder für die Belange der Deutschen aus dem Vorkriegspolen, den Vertriebenen aus den Stromgebieten von Weichsel und Warthe, wie sich die spätere Landsmannschaft definierte, ein und fand neben seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit dafür immer Zeit.

Er kümmerte sich bis 1959 führend um den Heimatkreis Altburgund/ Schubin und bei der Gründung der Landsmannschaft Posen im Jahr 1953 war er der Vertreter für Hessen.

In der Führungsebene der Landsmannschaft Weichsel-Warthe erscheint er im Jahr 1955, als er sich am 17.6.1955 für ein Jahr zum Stellvertretenden Bundessprecher wählen ließ. 1956 wurde er wiedergewählt.

Nach dem überraschenden Tod des Bundessprechers Prof. Dr. Hans Koch (1894-1959) am 9.4.1959 ließ er sich für dessen Nachfolge gewinnen und am 31.5.1959 wurde er mit 22 Stimmen in geheimer Wahl zum Bundessprecher der Landsmannschaft Weichsel-Warthe gewählt. Der weitere Vorschlag galt dem ersten Sprecher Waldemar Kraft, der aber nur 17 Stimmen erhielt. Auch in den folgenden Jahren wurde Rosen stets wiedergewählt. Am 25.6.1967 bat Rosen von einer Wiederwahl abzusehen, doch noch einmal musste er bis zu 1.6.1969 das Amt ausüben.

Zu den größten Leistungen Rosens in dieser Zeit war zum einen die Wahl des Mottos des Bundestreffens für das Jahr 1962 „Brücke der Verständigung“, das seither zum Motto der LWW wurde. Weiterhin war er federführend an der Ausarbeitung der Gießener Leitsätze vom 31.1.1965 beteiligt.

Rosen blieb der LWW und ihren Gliederungen erhalten. So war er Mitglied der Historischen Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen und Autor zahlreicher Artikel und Bücher, wofür er 1985 einer der drei ersten Träger des Dr. Kurt-Lück-Preises der LWW wurde.

Zu seinem Nachfolger wurde 1969 Dr. Gustav Klusak, Bonn, per Akklamation gewählt.

Acht Jahre später wurde Rosen nochmals gefordert und am 11.6.1977 als einziger Bundessprecher zu einer zweiten, zeitlich unterbrochenen Amtszeit gewählt. Damals waren die Amtszeiten bereits zweijährig und 1979 trat Rosen nochmals an, ehe er mit der Wahl Dr. Richard Breyers am 12.6.1981 dann wirklich in den verdienten Ruhestand trat, ohne aber die LWW nicht mehr zu unterstützen. In der 1975 gegründeten Stiftung Kulturwerk Wartheland blieb er bis zuletzt aktiv.

Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Rosen Lucie Skrandies (1924-2011), die aus Carlsberg (Rimkai) im Memelland stammte. Seine letzten Jahre lebte die in einem Seniorenheim in Varel an der Nordsee, wo er am 16.12.1999 im Alter von fast 100 Jahren starb.

Werke: Aus acht Jahrhunderten. Sippenchronik eines livländischen Geschlechts, in: Lüneburger ostdeutsche Dokumentationen, Bd. 10. Lüneburg, 1986, 138 S. – Bilanz – Das deutsche Gut in Posen und Pommerellen, Rosbach v.d.H. 1972, 199 S. – Saat und Ernte. Lebensbilder Posener deutscher Landwirte, Hameln 1978, 138 S. – Rosen-Chronik. Rosbach v.d.H. 1980. – Die Verschleppung der Deutschen aus Posen und Pommerellen im September 1939. Eine Dokumentation (als Hrsg.), Berlin, 1990. – Grocholin: Geschichte eines deutschen Gutes in Posen; geliebt – verloren – unvergessen, Leer 1985, 232 S. – Wolhynienfahrt 1926, Schriften der J. G. Herder-Bibliothek Siegerland e. V., Siegen 1982, 81 S.

Lit.: Martin Sprungala, Biographisches Lexikon zur Geschichte der Landsmannschaft Weichsel-Warthe (LWW) und ihrer Gliederungen. Wer ist und war wer in der LWW, Wiesbaden 2020, 288 S. – Martin Sprungala, Chronik der Landsmannschaft Weichsel-Warthe. 70 Jahre Aktivitäten für die Deutschen aus dem Posener Land, Mittelpolen mit Zentrum Lodz, Wolhynien und Galizien als Brücke der Verständigung. Wiesbaden 2018, 154 S. – Martin Sprungala, Zeitzeugenschaft zur Haltung der LWW und Kriegsbeginn 1939. Ein Buchhinweis, in: Mitteilungsblatt Weichsel-Warthe, September 2020, Wiesbaden.

Bild: Landsmannschaft Weichsel-Warthe

Martin Sprungala