Biographie

Rotter, Franz

Herkunft: Ungarn
Beruf: Bildhauer
* 27. Oktober 1910 in Komorn/Ungarn
† 6. September 1989 in Cuxhaven

Seit 1949 lebt Prof. Franz Rotter, der sich als Bildhauer einen Namen gemacht hat, in Cuxhaven. Durch Zufall kam er heran die flache Küste, von wo seine Blicke über das Meer in weite Horizonte schweifen. Eine „unplastische“ Landschaft ohne Erhebungen, ohne Berge, ohne Gebirge. Rotters Wiege stand im ungarischen Komorn, wo sein Vater in der k. und k. Monarchie als Oberstleutnant Stadtkommandant war. Von 1928-1934 studierte er an der Kunstgewerbeschule in Prag und war ab 1939 zunächst Assistent, danach Professor an diesem Institut. Von seinen frühen Bildwerken, die zum großen Teil verschollen sind, existieren noch Fotos, in Alben chronologisch geordnet. Damals arbeitete er, dem Zeitgeschmack angepaßt, in einem idealisierenden Stil. Die klassizistische Formsprache wurde in expressionistischer Vereinfachung weiter entwickelt. Manches Bildnis zeichnet sich einerseits durch die psychologische Erfassung des Modells aus, andererseits durch eine impressionistische Oberflächenbehandlung des Materials; viele Dezennien danach taucht diese Manier in seinen um einen Eisenkern gebauten Wachsplastiken, in räumlich-grafischen figuralen Kompositionen, die Alberto Giacometti erinnern, wieder auf. Andererseits ist eine Annäherung an den Realismus zu spüren; parallel hierzu entstehen gegenstandsfreie Arbeiten.

Auch Franz Rotter war ein Flüchtlingsschicksal beschieden. Bekannte vermittelten ihm eine Stelle in der Industrie in Cuxhaven; über den Sport – er war Hockeyspieler – erwarb sich der gesellige Ostdeutsche in der steifen norddeutschen Gesellschaft bald einen Freundeskreis, und als man erfuhr, daß er Bildhauer sei, erhielt er bald ein eigenes Atelier und konnte wieder als freier Künstler tätig sein. Heute begegnet man in Cuxhaven Dutzenden seiner Werke am Bau (an Schulen, Kirchen, Sportstätten, Banken, Gebäuden der Fischereiindustrie und der Post). Von der angewandten Kunst, Schmuck aus verschiedenen Materialien in Außen- und Innenräumen bis zur dekorativ gestalteten Türklinke, spannt sich der Bogen zur figuralen Bronzeplastik, dem „Mahnmal der Vertreibung“, das den einen Pol seines Stils markiert, und der abstrakten „Dreiteiligen Form“, Symbol für beide Teile Deutschlands und Berlins; von der der Künstler einmal gesagt hat: „Möge die Kugel sich wieder zu einem Ganzen schließen“.

Schon während seiner Prager Zeit, als Leiter der Abteilung „Angewandte Bildhauerei und Metallbearbeitung“, nahm das Porträt in seinem Oeuvre eine wichtige Rolle ein. Aus der Reihe der ungezählten, von ihm porträtierten Persönlichkeiten seien hier nur einige hervorgehoben: Generalmusikdirektor Josef Keilberth (Prager und Bamberger Symphoniker), Generalmusikdirektor Dr. Thierfelder (Hannover), Bundesminister Dr. Hans Christoph Seebohm, Ministerpräsident Alfons Goppel (München) und der Dichter Hans Lipinsky-Gottersdorf(Köln).

Weniger ist der Maler und Zeichner Rotter bekannt. Als der Bildhauer wegen einer schweren Krankheit längere Zeit mit dem Arbeiten in Stein, Ton und Zement aufhören mußte, wandte er sich der Malerei, der Zeichnung und der Collage, später auch dem Linolschnitt zu. In dieser Zeit entstanden seine vegetativen, bewegten Formspiele und seine „Skriptogramme“. Nach seiner Genesung durfte er sich der bildhauerischen Arbeit wieder widmen, die nunmehr ihren alten zentralen Platz in Rotters Werk einnimmt. Wer den Namen Franz Rotter nennt, denkt freilich nicht nur an den Bildhauer. Vielen ist dieser Künstler noch aus der Zeit seiner Tätigkeit als Vorsitzender der Künstlergilde in Niedersachsen bekannt, besonders aber als Schöpfer des Künstlerateliers in Kugelbacke, heute in Duhnen am Meer, für die Mitglieder der Künstlergilde. Seit 1955 suchen seine Kollegen und andere Kulturschaffende aus allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland und aus Westberlin hier Ruhe und Erholung, sammeln Eindrücke, skizzieren, malen, schreiben. Stolz zeigt uns der „Vater von Kugelbacke“ in seinem Cuxhavener Heim eine Reihe von Gästebüchern, in denen sich Hunderte von „Urlaubern“ in Versen und Illustrationen und freundlichen Worten nach einem mehrwöchigen Aufenthalt dankbar verewigt haben.

Lit.: Günther Ott „Franz Rotter zum 70. Geburtstag“ in: „Der Wegweiser“, Düsseldorf 7-8/’80 – Günther Ott: „Künstlerprofile“ Walter-Rau-Verlag, Düsseldorf 1980 – Johanna von Herzogenberg: „Franz Rotter porträtiert den Ministerpräsident a.D. Alfons Goppel“, in: Kulturpol. Korrespondenz, Bonn 380/381/79.