Biographie

Rupp, Julius

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Theologe
* 13. August 1809 in Königsberg i.Pr.
† 11. Juli 1884 in Königsberg i.Pr.

Im Jahr 1909 setzte die Freie Evangelische Gemeinde Königsbergs vor dem Haus Pauperhausplatz 5 einen Gedenkstein mit dem bronzenen Porträt des Pfarrers Julius Rupp, das von dessen Enkelin Käthe Kollwitz geschaffen worden war. Damit wurde die Erinnerung an einen Mann neu befestigt, von dem gesagt werden konnte: „In der Bewunderung des Menschen sind seine Gegner mit seinen Anhängern einig.“ Rupp wurde am 13. Aug. 1809 in Königsberg geboren, besuchte dort das Altstädtische Gymnasium und studierte anschließend ebenfalls in Königsberg Theologie. Auf dem Wittenberger Predigerseminar trat er in enge Beziehungen zu Richard Rothe, dem originellsten der sogenannten Vermittlungstheologen. Als Privatdozent an der Philosophischen Fakultät der Königsberger Universität lehrte Rupp Philosophie, Literaturgeschichte und Geschichte überhaupt. Aufsehen erregte seine Auseinandersetzung mit dem Königsberger Theologieprofessor Hermann Olshausen, auf dessen erwecklichen Predigtkonferenzen es mehrfach zu seelischen Zusammenbrüchen unter den Teilnehmern gekommen war.

1834 veröffentlichte Rupp die Abhandlung „Gregor’s des Bischofs von Nyssa Leben und Meinungen“, in der er erstmals klar die Auffassung vertrat, daß die Verehrung Gottes unabhängig von der inhaltlichen Füllung des Gottesbegriffs sei. 1842 wurde Rupp Divisionspfarrer und ordiniert. Seine Predigten in der Königsberger Schloßkirche hatten großen Zulauf und erschienen 1843 und 1845 im Druck. Zum Geburtstag des Königs am 15. Okt. 1842 hielt Rupp eine Festrede „Der christliche Staat“ (Königsberg 1842, 21892), die als Angriff auf die königliche Kirchenpolitik verstanden wurde, verwarf sie doch in kirchlichen Angelegenheiten den Einsatz staatlicher Zwangsmittel mit aller Entschiedenheit. Heftige Konflikte des Verfassers mit dem Konsistorium und später auch den weltlichen Behörden folgten darauf. In der Streitschrift „Der Symbolzwang und die protestantische Lehr- und Gewissensfreiheit“ (Königsberg 1843) baute Rupp seine kritische Position weiter aus und verkündete: „Alle Symbole sowohl der alten Kirche als die des Mittelalters (das Apostolikum eingeschlossen) können in der protestantischen Kirche nie Gesetze werden, sie sollen Zeugnisse sein. Der Buchstäbe der Bekenntnisse und die Verpflichtung auf denselben in der heutigen protestantischen Kirche gilt nicht, und diese Geltung erzwingen, heißt eine Revolution bewirken.“

In der Folgezeit beteiligte sich Rupp aktiv an der Gründung des Ostpreußischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung, rief eine Kleinkinder-Bewahranstalt ins Leben und wirkte an der Herausgabe der Zeitschrift „Christliches Volksblatt“ mit, die sich dem Gedankengut des theologischen Liberalismus verpflichtet fühlte.

Nach heftigen Konflikten mit den kirchlichen und staatlichen Behörden trat Rupp schließlich im Januar 1846 als Prediger an die Spitze der Freien Evangelischen Gemeinde in Königsberg, die nach evangelischen Grundsätzen organisiert, sich von staatlichem Zwang und aller Aufsicht der Kirchenbehörde freihalten wollte und den Grundsatz unbedingter Gewissensfreiheit und freier Selbstbestimmung für ihre Gemeindeglieder vertrat. Durch die Religionsgesetzgebung von 1847 wurde diese Gemeinde zu jenen „Religionsgesellschaften“ gezählt, „welche in ihrem Gewissen mit dem Glauben und Bekenntnis ihrer Kirche nicht in Übereinstimmung zu bleiben vermögen und sich demzufolge zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft vereinigen“. Auswärtige Gemeinden bildeten sich trotz vieler Behinderungen in Memel, Domnau, Kreuzburg, Preußisch-Eylau, später auch in Schneidemühl, Elbing, Danzig und Tilsit. Wahrscheinlich hat die Gemeinschaft aber niemals mehr als 1200 Mitglieder umfaßt.

Neben den geistlichen Aufgaben versuchte sich Rupp auch mehrfach auf journalistischem und politischem Feld. Dauernde Erfolge sind ihm hierbei versagt geblieben. Zunehmende Blindheit zwang ihn 1881, sein Predigtamt in der Freien Gemeinde niederzulegen. Am 11. Juli 1884 starb Julius Rupp in Königsberg, über den W. Hubatsch urteilte: „Persönlich untadelig, furchtlos, idealistisch, doch starrsinnig und sich nicht schonend, nimmt Rupp in der evangelischen Kirchengeschichte Ostpreußens eine einzigartige Stellung ein; er war eine Persönlichkeit, die Achtung verdient, aber in einem tragischen Irrtum gefangen blieb … Die freikirchlichen Gemeinschaften haben – was Rupp nicht gewollt hat – zunehmend eine gegen das Christentum gerichtete Stellung eingenommen.“