Biographie

Scharbert, Josef

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
* 16. Juni 1919 in Grosse/ Sudetenschlesien
† 21. April 1998 in München

Seine Autobiographie und zwei Festschriften zu seinem 65. und 70. Geburtstag sowie Einträge im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon und in der dritten Auflage des Lexikons für Theologie und Kirche ermöglichen uns einen lückenlosen Überblick über Leben und Wirken von Josef Scharbert. Geboren 1919 im dreisprachigen Sudetenschlesien, das bis 1918 ein eigenes Herzogtum war, begann er 1938 mit dem Theologiestudium im mährischen Olmütz. Das Erzbistum Olmütz erstreckte sich nach den Schlesischen Kriegen auch auf Preußen. Nach Gründung der Tschechoslowakei gehörte deswegen ein Teil der Erzdiözese zum Deutschen Reich. Da durch das Münchner Abkommen vom 28. September 1938 die Heimat des Studenten Schar­bert im Deutschen Reich lag und Olmütz Ausland war, musste er auf die Philosophisch-Theologische Studienanstalt Weidenau wechseln, wo auch ein Priesterseminar für den bis 1919 österreichischen und seitdem tschechoslowakischen Teil des Erzbistums Breslau bestand. In Weidenau studierten deutsche, tschechische und polnische Theologen, die die jeweiligen Sprachen lernten mussten, denn der Lehrkörper setzte sich aus allen drei Nationalitäten zusammen. Zeitlebens hat Scharbert dieses mehrsprachige Miteinander dankbar betont.

Bereits 1939 wurde er als Sanitäter eingezogen und 1943 in Russland verwundet. Bei Kriegsende geriet er in russische Kriegsgefangenschaft, konnte aber nach Polen fliehen, wobei ihm seine in Weidenau erworbenen Sprachkenntnisse halfen. Nach der Vertreibung 1946 nach Deutschland kam er nach Bayern, wo er in Passau das Theologie-Studium wiederaufnehmen konnte. 1948 wurde er zum Priester geweiht und hatte als Seelsorger seine ersten Kaplansjahre in Schönberg (Bayerischer Wald), Thurmannsbang und in Passau-Ilzstadt, ehe er ein 1951 ein Promotionsstudium in Bonn begann, wo er 1953 promoviert wurde. Seine nächsten Stationen waren ein bibelwissenschaftliches Lizentiat in Rom 1954 und eine Zeit als Lehrer für Hebräisch in Tübingen. 1957 habilitierte er sich für das Fach Alttestament in Bonn, 1960 erhielt er eine außerordentliche Professur und 1964 eine ordentliche Professur an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Freising. Seit 1968 lehrte er an der Ludwigs-Maximilians-Universität München.

Scharbert war seit 1979 Päpstlicher Ehrenprälat und wurde im gleichen Jahr Mitglied der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste in München. Als überzeugter Sude­ten­deutscher forschte er zu Vertreibungen im Alten Testament, vor allem zur Lage der Juden in der Babylonischen Gefangenschaft. Darüber referierte er auch bei Tagungen des Sudetendeutschen Priesterwerkes, dem er angehörte, wie auch dem Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien. 1988 erhielt er den Sudetendeutschen Kulturpreis für Wissenschaft. Nach der politischen Wende 1990 veröffentlichte Scharbert seine Memoiren unter dem Titel „Fürchte dich nicht! Ich bin bei Dir“ (Jes 43,5) Rückblick eines Theologieprofessors auf seine Jugend in chaotischer Zeit. Die bereits 1989 geschriebene Biographie wurde erst 1991 veröffentlicht, da der Autor so seine Erlebnisse als Priester nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft in einem Nachwort einbringen konnte. Scharbert starb am 21. April 1998 in München.

Werke (in Auswahl): Der Schmerz im Alten Testament (= Bonner Biblische Beiträge, Bd. 8), Bonn 1955. – Solidarität in Segen und Fluch im Alten Testament (= Bonner Biblische Beiträge, Bd. 14), Bonn 1958. – Einführung in die Heilige Schrift. (= Der Christ in der Welt, Bd. 6. Das Buch der Bücher 1.), Aschaffenburg 1959. – Das Sachbuch zur Bibel, Zürich 1965. – Zwangsumsiedlungen in Vorderasien zwischen dem 10. und 6. Jahrhundert v. Chr. Nach altorientalischen und biblischen Quellen, München 1988. – „Fürchte dich nicht! Ich bin bei Dir“ (Jes 43,5) Rückblick eines Theologieprofessors auf seine Jugend in chaotischer Zeit, Sudetendeutsches Priesterwerk (Hrsg.), Königstein 1991. – In der neuen Echter-Bibel schrieb Scharbert die Kommentare zu den Büchern Exodus und Numeri sowie Ruth und Samuel.

Lit.: Manfred Görg, Zum Tode von J. Scharbert, in: MThZ 50, 1999, S. 1-4. – BBKL 13, 2001, S. 1219-1226. – LThK 3, Bd. 11, 2001, S. 231.

Bild: Totenzettel Prälat Prof. Dr. Josef Scharbert, 1998.

Rudolf Grulich