Biographie

Scheven, Karl (Heinrich Albert) von

Herkunft: Pommern
Beruf: Theologe, Bischof der Ev. Kirche in Pommern
* 16. Februar 1882 in Leopoldshagen/Kr. Anklam
† 7. Oktober 1954 in Bad Wiessee/Obb.

„Es kam die bittere Zeit des Nationalsozialismus. Er stand bei denen, die dem alten Evangelium die Treue hielten, und die mit voller Klarheit sahen, daß die Veränderungen des Evangeliums, die uns damals zugemutet wurden, zu nichts anderem führen konnten, als zu dem Zusammenbrauch der christlichen Kirche. Aber sein Sinn war immer auf den Frieden gerichtet; das lag in seiner ganzen Art. Er ergriff jeden Strohhalm, der dazu zu helfen schien, daß man wieder eine Brücke zueinander finden könnte, ohne das Entscheidende preiszugeben“(Aus der Gedenkrede …, s. Lit.). Mit diesen Worten gedachte Bischof Otto Dibelius (1880-1967) am 9. Oktober 1954 im Greifswalder Dom seinem zwei Tage zuvor verstorbenen Bundesbruder Karl von Scheven.

Beider Wege hatten sich erstmals während ihres Studiums der evangelischen Theologie beim Verein Deutscher Studenten (VDSt) gekreuzt. Diesem war Scheven in Halle zu Beginn seines Studiums im WS 1901/02 beigetreten, nachdem er 1901 sein Abitur auf dem Königlichen Bismarck-Gymnasium in Pyritz gemachte hatte. Scheven setzte sein Studium, in dem er laut Dibelius „mit einem glühenden Herzen voll vaterländischer Begeisterung“stand, zum WS 1902/03 in Berlin fort. Zum SS 1904 wechselte er nach Greifswald. Dort legte er seine erste theologische Prüfung im Oktober 1905 ab. Ab 1. Juli 1906 war Scheven für ein Jahr Mitglied des königlichen Domkandidatenstifts Berlin. Nach kurzer Hilfslehrerzeit am Stadtgymnasium von Stettin und der zweiten theologischen Prüfung wurde Scheven am 13. Oktober 1907 in Stettin ordiniert.

Anschließend war er Vikar und Pastor der deutschen evangelischen Gemeinde in Cannes. Ab 15. Juli 1908 war er Pastor und Inspektor an der Berliner Stadtmission, die damals von Adolf Stoecker (1835-1909) und Schevens Bundesbruder, dem Hof- und Domprediger Karl Ohly (1860-1919), geleitet wurde. Scheven kehrte dann in seine Heimat zurück und wurde am 1. Dezember 1911 Pastor in Pakulent im Kirchenkreis Greifenhagen. Hier konnte er neben dem Gemeindedienst auch seiner Leidenschaft, der Landwirtschaft, nachgehen. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs kam Scheven als Lazarettpfarrer nach Kolberg. 1916-1918 war er 2. Garnisonspfarrer in Stettin. Nach Kriegsende wurde er theologischer Hilfsarbeiter im Konsistorium der Pommerschen Provinzialkirche. Als Mitglied der Provinzialsynode und der Generalsynode der Altpreußischen Union arbeitete er 1922 maßgeblich an deren Verfassung mit. Ab 1. März 1924 war er Pastor und Superintendent im Kirchenkreis Colbatz mit Amtssitz in Neumark. Dort war er auch in der Landvolkshochschule tätig. Vom 19. März 1928 bis 1950 war er Pastor an St. Nikolai und Stadtsuperintendent in Greifswald.

Während des Kirchenkampfes im „Dritten Reich“ schloss er sich der Bekennenden Kirche (BK) an, wenngleich er – so Friedrich Winter – die politischen Veränderungen, die der Nationalsozialismus im Staat brachte, begrüßte beziehungsweise tolerierte. Am 22. August 1933 wurde er in die theologische Prüfungskommission der Provinzialsynode gewählt. In den pommerschen Provinzialkirchenausschuss, dessen Vorsitz er 1936/37 innehatte, wurde er am 19. Dezember 1935 berufen. Seine Übernahme des Vorsitzes löste den Protest derDeutschen Christen (DC) aus, die eine erfolglose Eingabe an das Kirchenministerium schickten:„Herr Superintendent v. Scheven mag ein guter Christ sein, aber er ist alles andere als ein Nationalsozialist … Seine innere Haltung zu Staat und Kirche ist durch seine Zugehörigkeit zur Bekenntnisfront gekennzeichnet, die hier in Pommern bekanntlich einen besonders scharfen Kurs steuert“ (Kurt Meier: Der Evangelische Kirchenkampf, Bd. 2, S. 201). Die Funktionen, die Scheven zuvor in der Bekenntnissynode eingenommen hatte, ruhten während seiner Zugehörigkeit zum Provonzialkirchenausschuss. Dort setzte er sich – wie eingangs von Dibelius angedeutet – für einen Ausgleich zwischen BK und DC ein. Hierüber gab es Meinungsverschiedenheiten in der pommerschen Bekenntnisfront, deren Mehrheit sich im Oktober 1936 gegen eine Zusammenarbeit mit dem Konsistorium wandte. Da die BK-Pfarrerschaft aber keine Einigung über die Weiterarbeit des pommerschen Provinzialbruderrates erzielen konnte, sprach ihm Scheven den Kirchenleitungsanspruch ab. Doch auch die Deutschen Christen wandten sich gegen den Ausschuss. Staatssekretär Hermann Muhs (1894-1962) teilte Scheven am 30. August 1937 nach dem Rücktritt des einzigen DC-Ausschussmitgliedes mit, dass der Ausschuss nicht mehr handlungsfähig sei. Am 3. September beauftragte Dr. Friedrich Werner (1897-1955), Präsident des Evangelischen Oberkirchenrates in Berlin, Scheven daher zunächst mit der geistlichen Leitung für Pommern. Dagegen erhob das Kirchenministerium Einspruch. Dementsprechend übte Scheven ab dem 23. September 1937 die Befugnisse der Kirchenleitung für Pommern nicht mehr aus.

Nach Kriegsende nahm er – vom Konsistoriumsbeirat am 19. September 1945 bestätigt – das geistliche Referat im Evangelischen Konsistorium Greifswald wahr. Laut Dibelius „verstand es sich von selbst“, dass Scheven der leitende Mann der Pommerschen Kirche sein müsse. Am 18. Januar 1946 wurde ihm als Vorsitzendemder Kirchenleitung der Titel Präses verliehen. Die Theologische Fakultät der Universität Greifswald zeichnete ihn am 18. Februar 1946 mit der Ehrendoktorwürde aus. Ab dem 1. September 1946 war er Vorsitzender des Evangelischen Konsistoriums Greifswald und am 5. November 1946 wurde er zum Bischof der Evangelischen Kirche in Pommern berufen. Im Dom von St. Nicolai in Greifswald führte ihn Dibelius am 5. Januar 1947 in sein Amt ein. Scheven setzte sich als Bischof sowohl gegenüber den sowjetischen Besatzungsbehörden als auch gegenüber den staatlichen Stellen der DDR für die Freiheit der Kirche ein. Er starb während eines Kuraufenthaltes in Bad Wiessee an einem Schlaganfall und wurde am 13. Oktober 1954 auf dem St.-Marien-Friedhof in Greifswald bestattet.

Werke:Die evangelischen Gemeinden der Stadtsynode Stettin und deren Einrichtungen. Wegweiser für alle Gemeindemitglieder, Stettin 1906.

Lit.:Auskunft des Landeskirchlichen Archivs der Pommerschen Evangelischen Kirche, Greifswald. – Bischof Karl von Scheven, in: Akademische Blätter (Ak. Bl.) 56 (1954), S. 335. – Bischof Karl von Scheven in memoriam, in: Ak. Bl. 57 (1955), S. 156-157. – Aus der Gedenkrede von Bischof D. Dr. Dibelius im Greifswalder Dom am 9. Oktober 1954, in: ebenda, S. 157. – Kurt Meier, Der evangelische Kirchenkampf, 3 Bde., Göttingen 1976-1984. – Dietrich Labs, Ein Seelsorger als Bischof. Zum 25. Todestag von Karl von Scheven, in: Standpunkt. Evangelische Monatsschrift 7 (1979), H. 10, S. 269-271. – Marc Zirlewagen, Scheven, Karl v., in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XXXIV, Nordhausen 2005, Sp. 1280-1284. – Friedrich Winter, Bischof Karl von Scheven (1882-1954). Ein bodenständiger Mann der Kirche, in: Baltische Studien 92 (2006), S. 135-150.

Bild:Bischof D. Karl von Scheven (Landeskirchliches Archiv der Pommerschen Evangelischen Kirche, Greifswald).