Biographie

Schleifenbaum, Reinold

Beruf: Rechtsanwalt, Notar
* 26. März 1935 in Siegen
† 29. Januar 2004 in Siegen

Die deutschen Heimatvertriebenen trauern um Dr. Reinold Schleifenbaum, der am 29. Januar 2004 nach schwerer Krankheit in Siegen verstorben ist. Konkret haben die Heimatvertriebenen – mitten aus der Arbeit – den Vorstandsvorsitzenden der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen verloren. Er hatte dieses Amt fast elf Jahre lang bis zu seinem Tode inne. Gerade sieben Wochen zuvor war er für zwei weitere Jahre in seinem Ehrenamt bestätigt worden.

Als Sohn eines Rechtsanwalts und Notars wurde Reinold Schleifenbaum am 26. März 1935 in Siegen geboren. Nach dem Abitur am altsprachlichen Zweig des Städtischen Gymnasiums Siegen studierte er Rechtswissenschaften in Tübingen, wo er auch sein 1. Juristisches Staatsexamen ablegte und bei Professor Dr. Erich Fechner in Fragen des US-Gesellschaftsrechts promovierte. Nach dem in Düsseldorf abgelegten 2. Staatsexamen ließ er sich 1965 in Siegen als Rechtsanwalt nieder und führte dort nach dem Tode des Vaters 1982 dessen Kanzlei fort. Seit 1969 war er zugleich Notar. Aus der 1968 geschlossenen Ehe mit Dorothea Steup gingen vier Kinder hervor.

Seit Ende der 1960er Jahre trug Dr. Schleifenbaum Verantwortung im Neunkirchener Walzwerk Schreiber, wobei er das im Verhältnis kleine Familienunternehmen mittels eines klugen Nischenkonzepts aus schwieriger wirtschaftlicher Lage herauszuführen verstand. Als Anfang der 1980er die Stahlkrise seiner industriellen Tätigkeit ein jähes Ende setzte, erfolgte eine Konzentration auf seine juristischen Tätigkeitsfelder.

Das anwaltliche Wirken von Dr. Schleifenbaum war in hohem Maße auf verwaltungsrechtliche und steuerrechtliche Bereiche ausgerichtet. Daher spielte für ihn das Staatsangehörigkeits- und Vertriebenenrecht wie auch das Enteignungsrecht stets eine hervorragende Rolle. Dem Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Steuerrecht bot die deutsche Vereinigung von 1990 schließlich eine Fülle neuer Aufgaben, die zur Bildung von Büros auch in Mitteldeutschland mit an die 50 Mitarbeitern führte.

Bereits die studentische Zugehörigkeit zu den nach dem Zweiten Weltkrieg wieder begründeten „Vereinen deutscher Studenten“ hatte Dr. Schleifenbaums Eintreten für die Belange des deutschen Volkes und für die Wiedervereinigung geprägt. Im Rahmen seiner studentischen Vorstandstätigkeit war er daher von 1958 bis 1967 für die politische Bildungsarbeit im Verband der „Vereine deutscher Studenten“ und seiner örtlichen Korporationen in der Bundesrepublik und in Österreich verantwortlich gewesen.

Bereits seit seiner Zeit als Referendar bei dem Münchener Rechtsanwalt und Mitglied des Sudetendeutschen Rates, Dr. Hans Neuwirth, war er der CSU und später der CDU als Mitglied verbunden. Er war Mitglied im Kreisvorstand Siegerland des Evangelischen Arbeitskreises der CDU und gehörte zudem dem Wirtschaftsrat der CDU an. Insgesamt war er 20 Jahre lang Mitglied – davon 10 Jahre im Vorstand – des Wirtschaftsrats, den der erste bundesdeutsche Finanzminister Fritz Schäffer ins Leben gerufen hatte.

1971 hielt Dr. Schleifenbaum eine Rede zur 100-Jahr-Feier der Reichsgründung in Berlin. Unter seinen Zuhörern waren der vormalige Berliner Bürgermeister Ferdinand Friedensburg und Prinz Louis Ferdinand von Preußen. In der Folge war Dr. Schleifenbaum regelmäßiger Gast auf Burg Hohenzollern, wurde Mitglied, später Vorstand des Preußeninstituts und veranstaltete in diesem Rahmen anerkannte historische Fachtagungen, die in wissenschaftlichen Veröffentlichungen dokumentiert wurden.

Nicht unerwähnt bleiben darf das Wirken des überzeugten evangelischen Christen bei der Gemeinschaft des OMCT (Tempelherren-Orden Deutsches Priorat e.V.). Auch dort, wo man ihn schließlich zum Prior wählte, hat er sich bereitwillig und ganz eingebracht.

Der Kontakt zum langjährigen Präsidenten des Bundes der Vertriebenen und Mitglied des Deutschen Bundestages, Dr. Herbert Czaja, führte Dr. Schleifenbaum in die Rechtsberatung im Zusammenhang mit den Ostverträgen und damit in die große Linie des politischen Geschehens. Dabei begründete die tägliche Beschäftigung mit den grausamen Vertriebenenschicksalen unzähliger, noch immer von unbewältigten Kriegsfolgen betroffener Deutscher für ihn die Verpflichtung, Solidarität mit den Heimatvertriebenen durch seinen persönlichen Einsatz zu bekunden, wo immer ihm dies möglich war. Aus dieser konstruktiven Arbeit mit Dr. Czaja resultierte auch der Einsatz für die wissenschaftliche Studiengruppe für Politik und Völkerrecht, den Kreis namhafter Staats- und Völkerrechtler, der insbesondere die Problematik der Minderheiten und Volksgruppen europaweit wissenschaftlich begleitet.

Seit 1993 nahm er zudem die Aufgaben als Vorstandsvorsitzender der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen wahr und empfand dies, wie er selbst bekundete, als Aufgabe und Verpflichtung für das ganze deutsche Volk. Dr. Schleifenbaum führte die Kulturstiftung in sieben vergleichsweise „fetten Jahren“ – mit einer Mannschaft von 15 hauptamtlichen Mitarbeitern –, ehrenamtlich neben seinem Beruf. Er begleitete und verantwortete in diesen Jahren auf den verschiedenen Sachgebieten der ostdeutschen Kultur ein umfangreiches Programm an wissenschaftlichen Fachtagungen und an Forschungsprojekten sowie ca. hundert Buchpublikationen. Er trug aber auch in den „mageren Jahren“ seit dem Entzug der Bundesförderung zur Jahresmitte 2000 die Führungsverantwortung, als die Stiftung ihre Arbeit, wenngleich notgedrungen reduziert, so doch erfolgreich in den wichtigsten Sparten fortsetzte.

Dem Förderverein des Bundes der Vertriebenen stand Dr. Schleifenbaum über viele Jahre hinweg nicht nur als Wirtschaftsprüfer, sondern auch aus seiner breiten Sachkenntnis heraus ehrenamtlich zur Seite. Der Verband und die Vertriebenen insgesamt schätzten seinen klugen Rat in den sie betreffenden Fragen des Staats- und des Völkerrechts. Dieser Wertschätzung gab das Präsidium des Bundes der Vertriebenen 1995 Ausdruck durch die Verleihung der Wenzel-Jaksch-Medaille, die an solche Persönlichkeiten vergeben wird, die sich hervorragende Verdienste um die Zusammenarbeit der europäischen Völker im Geiste von Recht und Freiheit und um die Verwirklichung der in der Charta der deutschen Heimatvertriebenen niedergelegten Grundsätze erworben haben.

Bis zuletzt war Dr. Schleifenbaum auf diesem Felde tätig, setzte er sich für die Rechte der Vertriebenen und Gesamt-Deutschlands unermüdlich ein. Noch im Herbst 2003 hielt er in Siegen beim Kreisverband des Bundes der Vertriebenen zum Tag der Heimat die Rede unter dem Motto: „Mit Menschenrechten Europa vollenden“. Bis in seine letzten Tage hinein, schon auf dem Krankenbett, wirkte er an der Vorbereitung der wissenschaftlichen Fachtagung mit, welche die Kulturstiftung unter dem Thema „Das Recht auf die Heimat“ in der ersten Märzwoche 2004 durchführte und die unter seiner Leitung stehen sollte. Noch an seinem Todestag selbst telefonierte er mit der Geschäftsstelle der Kulturstiftung in Bonn darüber und gab er letzte Anweisungen durch.

Für all dieses sein unermüdliches Engagement und für das unbeirrte Bekenntnis des Siegerländers zu seinen ostdeutschen Landsleuten und deren Rechten schulden die deutschen Heimatvertriebenen Dr. Reinold Schleifenbaum großen und bleibenden Dank. Sie verbeugen sich vor seiner Persönlichkeit und vor seiner Lebensleistung. Seine Mitstreiter wissen, dass sie sein Andenken am besten dadurch ehren und wahren können, das sie die Arbeit nach besten Kräften in seinem Sinne fortsetzen.

Hans-Günther Parplies