Biographie

Schnell, Karl Ernst

Dr. Karl Ernst Schnell, einer der hervorragenden siebenbürgisch-sächsischen Politiker im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, wurde geboren im Hause Roßmarkt Nr. 5 als Sohn des damaligen Vizenotärs, späteren Notärs und Stadthauptmanns Friedrich Schnell (1816-1900) und der Josefine geb. Hayn (1832-1901). Er war das jüngste Kind der Familie und hatte drei ältere Schwestern.

In seiner Kindheit und Jugendzeit wohnte die Familie Schnell auf der Nordseite der oberen Schwarzgasse im Hause Nr. 408 (heute Nr. 7), neben dem Glockengießer Ephraim Andraschowski (Nr. 407/9).

Karl Ernst Schnell besuchte das Honterusgymnasium, das er im Jahre 1884 absolvierte. Danach studierte er die Rechtswissenschaften zuerst ein Jahr in Graz und danach drei Jahre in Budapest.

Nach seiner Rückkehr nach Kronstadt war er 1888 bis 1889 „innerer Mitarbeiter“ der „Kronstädter Zeitung“. Anschließend arbeitete er in der Advokaturskanzlei seines Vetters Karl Schnell. Im Jahre 1897 wurde er an der Universität Budapest zum Dr. Juris promoviert und legte 1901 die Advokatursprüfung ab.

Im Jahre 1899 gehörte er zu den Gründern der sächsischen „Nationalbank“, die als Gegenstück zur „Kronstädter Allgemeinen Sparkasse“ gegründet wurde und wurde ihr erster Vizepräsident. Nachdem die „Nationalbank“ im Jahre 1905 anstelle des alten Hirscherhauses Ecke Purzengasse – Michael-Weiß-Gasse ihren neuen Sitz baute, bezog Schnell im gleichen Gebäude eine Wohnung und hatte auch dort seine Advokaturskanzlei. Nach 1920 forderte die Rumänische Nationalbank die Änderung des Namens in „Burzenländer Bank“. Bis 1929 wohnte Dr. Schnell in diesem Gebäude, nachher blieb nur noch die Kanzlei dort.

Im Jahre 1901 war Schnell aktiv an der Gründung der Kronstädter Molkereigenossenschaft beteiligt und bis 1911 ihr Obmann. Ihr Ziel war, die Milch der Burzenländer sächsischen Bauern für die Stadtbevölkerung zu verwerten. Ebenso wurde er 1905 Obmann des Revisionsverbandes der Genossenschaften des Kronstädter Komitates.

Dr. Schnell gehörte auch zu den Gründern der „Hotel Krone A.G.“ und war bis zu seinem Lebensende ihr Vizepräsident. Im Mai 1911 wurde er auch zum Mitglied der „Sächsischen Nationsuniversität“ gewählt.

Seit 1897 war Dr. Schnell auch Mitglied der Stadtvertretung und seit 1907 im Ständigen Ausschuss der Stadtverwaltung tätig. So war es nur natürlich, dass nach dem Tode des Bürgermeisters Franz Hiemesch am 4. April 1911 – auf den er einen schönen Nachruf hielt – am 1. Juni 1911 Dr. Karl Ernst Schnell mit 123 von 147 Stimmen der Stadtvertreter zum Bürgermeister von Kronstadt gewählt wurde und dieses Amt anderthalb Jahrzehnte lang versah.

Als Bürgermeister hat Schnell verschiedene wichtige Initiativen ergriffen. Als erstes bemühte er sich schon 1911 um die Errichtung eines städtischen Elektrizitätswerkes. Die Nichtverwirklichung dieses Vorhabens war auch der unmittelbare Grund seiner Abdankung als Bürgermeister Anfang des Jahres 1926.

Dann veranlasste Schnell die Ausarbeitung einer neuen Bauordnung und eines Stadtbebauungsplanes. Sein Plan, den freien Platz zwischen der Inneren Stadt und dem Schlossberg in einen Park umzugestalten, wurde auch erst später verwirklicht. Ebenso bemühte er sich um die Anlegung eines Zentralfriedhofs im Burggrund, was wegen vieler Hindernisse leider nicht gelang.

Auch der Plan, zwischen Justizpalast und Postpalast ein städtisches Theater zu errichten, wurde wegen des Weltkrieges erst nach einem halben Jahrhundert an anderer Stelle verwirklicht.

Nach der Kriegserklärung Rumäniens an die Mittelmächte am 27. August 1916 musste Schnell auf höheren Befehl Kronstadt verlassen und richtete in Budapest eine Behörde für die vielen Kronstädter Flüchtlinge ein. Die Akten dieser Behörde gelangten nach deren Auflösung ins Kronstädter Stadtarchiv.

Nach dem Einmarsch der rumänischen Truppen in Kronstadt am 29. August 1916 setzten diese den Arzt Dr. Gheorghe Baiu­lescu als ersten rumänischen Bürgermeister ein bis zur Schlacht um Kronstadt vom 5. bis 8. Oktober 1916, nach der sich die rumänischen Truppen wieder zurück ziehen mussten.

Am 17. Oktober 1916 war Dr. Karl Ernst Schnell wieder in Kron­stadt und übernahm die Leitung der städtischen Verwaltung. Nach dem Tode des Kaisers und Königs Franz Joseph am 21. November 1916 folgte ihm als ungarischer König Karl IV., der am 30. Dezember gekrönt wurde.

Dr. Karl Ernst Schnell war maßgeblich daran beteiligt, dass die Stadt Kronstadt damals die ihr gehörige alte Törzburg als Krönungsgeschenk bestimmte, die aber vorläufig weiter grundbücherliches Eigentum der Stadt Kronstadt blieb. Durch den Ausgang des Weltkrieges und die Abdankung des Königs wurde diese Schenkung dann hinfällig.

Nach der Erklärung der Rumänischen Nationalversammlung vom 1. Dezember 1918 über die Vereinigung Siebenbürgens mit dem Königreich Rumänien begrüßte Dr. Karl Ernst Schnell am 7. Dezember 1918 am Marktplatz die in Kronstadt einziehenden rumänischen Truppen im Namen der gesamten Stadtbevölkerung. Er blieb weiter Bürgermeister und arbeitete gut mit dem Rumänischen Nationalrat zusammen.

Zwei Jahre später war Schnell auch die treibende Kraft, dass die Stadt Kronstadt am 1. Dezember 1920 der Königin Maria von Rumänien die Törzburg schenkte, die nachher zu einer ihrer Lieblingsresidenzen ausgebaut wurde.

Im Jahre 1923 regte der Bürgermeister Dr. Karl Ernst Schnell auch den Bau eines städtischen Schlachthauses an, das aber erst nach über einem Jahrzehnt errichtet wurde.

Auch auf kirchlichem Gebiet war Dr. Schnell aktiv tätig. Von 1909 bis 1938 war er Mitglied des Presbyteriums und von 1918 bis 1928 auch Gemeindekurator der Honterusgemeinde. Als solcher betrieb er auch 1926 das Lokalstatut der Kronstädter Honterusgemeinde. Seit 1912 gehörte Dr. Schnell auch dem Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche an.

Dr. Schnell ist es auch zu verdanken, dass das im Jahre 1898 zum Honterus-Jubiläum fertig gestellte monumentale Reformationsbild des Malers Fritz Schullerus (1866-1898) zuerst für das Kronstädter Rathaus – wo sich die dargestellte Szene abgespielt hatte – erworben wurde und danach in die Schwarze Kirche überführt wurde, wo es sich auch heute an der Ostseite des südlichen Seitenschiffes befindet.

Im Jahre 1928, nach dem Tode von Adolf Schullerus (1864-1928), wurde Dr. Karl Ernst Schnell zum Vorsitzenden des deutsch-sächsichen Volksrates gewählt, der politischen Organisation der Siebenbürger Sachsen. Als solcher ist es sein Verdienst, dass der ursprünglich für den 21. Mai 1933 in Schässburg geplante fünfte (und letzte) Sachsentag am 1. Oktober 1933 in Hermannstadt stattfinden konnte, nachdem die Störungsabsichten der NEDR (Nationale Erneuerungsbewegung der Deutschen in Rumänien) ausgeschaltet werden konnten. Das „Sächsische Volksprogramm“, wurde vom Sachsentag beschlossen, aber nach seinem Abschluss dankte Schnell als Vorsitzender ab und zog sich von allen politischen Tätigkeiten zurück. Er beobachtete mit Besorgnis die unguten Entwicklungen in den nächsten Jahren.

Er begann seine Lebenserinnerungen zu schreiben, die im Jahre 1936 unter dem Titel Aus meinem Leben. Erinnerungen aus alter und neuer Zeit von der Markusdruckerei in Kronstadt als Buch herausgebracht wurden. Als wichtiger Zeitzeuge hat Dr. Schnell da vieles festgehalten, das aus anderen Quellen nicht zu erfahren wäre.

Im Jahre 1936 übergab Dr. Karl Ernst Schnell seine Rechtsanwaltskanzlei seinem Sohn Dr. Fritz Schnell und dessen Frau Dr. Annemarie Schnell (1903-1984), der ersten sächsischen Juristin.

Nach kurzer Krankheit starb Dr. Karl Ernst Schnell, genau 250 Jahre nach dem Großen Brand von Kronstadt am 21. April 1689. Als Altkurator wurde er zuerst in der Schwarzen Kirche aufgebahrt und am 23. April 1939 in der Familiengruft am Innerstädtischen Friedhof beigesetzt. Sein Freund Dr. Arthur Polonyi verfasste einen schönen Nachruf, der in der „Kronstädter Zeitung“ Nr. 93 vom 23. April 1939 veröffentlicht wurde.

Zu Weihnachten 1939 brachte die Markusdruckerei für einen kleinen Kreis von Verwandten und Freunden seine religiöse Studie Für Christus, nicht gegen Christus als Privatdruck heraus.

Noch zu seinen Lebzeiten erhielt eine Straße auf der „Johannes-Wiese“ in der Blumenau den Namen „Dr. C. E. Schnell“ und trug ihn bis um das Jahr 1950. Danach wurde die Straße nach dem rumänischen Schriftsteller und Publizisten N. D. Cocea (1880-1949) benannt und trägt diesen Namen auch heute noch.

Lit.: Friedrich Stenner, Die Beamten der Stadt Brassó (Kronstadt), Kronstadt 1916, S. 128f. – Dr. Karl Ernst Schnell, Aus meinem Leben. Erinnerungen aus alter und neuer Zeit, Kronstadt (1936). – M(ichael) Kroner, in: Österreichisches Bibliographisches Lexikon, Bd. 10, Wien 1994, S. 393f. – Harald Roth (Hrsg.), Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen, Band X, Köln, Weimar, Wien 2012, S. 283-285. – Gernot Nussbächer, Der letzte deutsche Bürgermeister von Kronstadt. 150 Jahre seit der Geburt von Dr. Karl Ernst Schnell, in: Deutsches Jahrbuch für Rumänien 2016, Bukarest 2015, S. 155-158.

Bild: Dr. Karl Ernst Schnell, Aus meinem Leben, Kronstadt (1936), nach S. 105. Fotoreproduktion Peter Simon.

Gernot Nussbächer, 2017