Biographie

Schöning, Hans Adam von

Herkunft: Ostbrandenburg
Beruf: kurbrandenburgischer Generalleutnant, kursächsischer Generalfeldmarschall
* 1. Oktober 1641 in Tamsel/Neumark
† 28. August 1696 in Dresden

Am nördlichen Rand des Warthebruches, unweit der traditionsreichen neumärkischen Festung Küstrin, liegt Tamsel. Hier wurde Hans Adam von Schöning, der "zu den besten Generalen des 17. Jahrhunderts zählt" (K. von Priesdorff), als Sohn eines kurbrandenburgischen Rittmeisters und Rittergutsbesitzers geboren.

Wer war dieser Schöning, der als Großvater der begehrten Frau von Wreech das Schloß baute und von dessen Leben uns Theodor Fontane in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg ausführlich berichtet ?

In der Jugend lernte er auf "großer Kavalierstour" fünf Jahren lang die Höfe im westlichen Ausland kennen, sozusagen alles, "was es damals Großes und Ausgezeichnetes in Europa gab" (Fontane). Er studierte in Wittenberg und Straßburg, bereiste Frankreich, Italien, Sizilien, Malta und Portugal. Nach seiner Rückkehr trat Schöning in kurfürstlich-brandenburgische Dienste und versuchte sich kurzzeitig als Diplomat. Seiner Profession entsprach dies nicht, war "dieser leicht aufbrausende, immer gerade und rasch aufs Ziel losgehende Heißsporn" (P. Haake) doch für eine militärische Karriere geeignet. Als Kommandeur des in Preußen garnisonierenden Infanterieregiments des Kurprinzen Karl Emil festigte er seine Kontakte zum kurfürstlichen Hof. Nach dem glänzenden Sieg über die schwedische Invasion bei Fehrbellin im Juni 1675, an dem er selbst nicht teilgehabt hatte, trug er wesentlich zur raschen Vertreibung der Schweden und zur Eroberung der festen Plätze in Vorpommern bei. Die anschließende Belagerung der begehrten pommerschen Hauptstadt Stettin wurde durch eine bravouröse Attacke Schönings entschieden, "indem er einen Damm […] über eitel tieffe und grundlose Moräste, vermittelst der Faschinen in geschwinder Eil verfertigen ließ, daß er einen Weg fand, wo dem äußerlichen Ansehn nach keiner zu suchen war" (J.F. Gauhe). Soviel "Fortüne" wurde belohnt, kaum 36jährig avancierte er zum Generalmajor. Als die Schweden dann Ende 1678 in das unverteidigte Ostpreußen eingefallen waren, führte der Große Kurfürst seine zahlenmäßig unterlegenen Truppen teilweise mit Schlitten zum Sieg heran. Zwar konnte man den Schweden den Rückzug nicht abschneiden, aber mit dem legendären Zug über das Eis des Frischen und Kurischen Haffs heftete man sich an ihre Fersen und jagte sie aus dem Land. Zur Spitze der Verfolger gehörte Schöning mit nur knapp 1.600 Reitern. In bitterer Kälte kamen sie bis in die Nähe Rigas.

Kurfürst Friedrich Wilhelm war sich bewußt, was er an diesem selten begabten, energischen und tollkühn draufgängerischen General besaß, und zeichnete ihn daher vor Älteren aus durch die Beförderung zum Generalleutenant. Ende 1684 wurde er Gouverneur von Berlin, wo eine Straße im Wedding noch heute seinen Namen trägt. Dort erinnern auch die Parallelstraßen an die damalige Zeit. Mit der "Ofener Straße" verbindet sich das Andenken an die Beteiligung brandenburgischer Truppen an der siegreichen Eroberung Ofens 1686. Für den Türkenzug ("Türkenstraße") nach Ungarn ("Ungarnstraße"), aus dem diese Waffentat herausragt, hatte der Kurfürst in Crossen an der märkisch-schlesischen Grenze ein Hilfkorps gemustert und Schönings Kommando unterstellt. Eine schöne Türkin, Fatime mit Namen, konnte dieser als Beute nach Tamsel mitbringen.

Schönings aufbrausendes Wesen, grenzenloser Ehrgeiz und der Wille, die höchste militärische Charge zu erlangen, riefen persönliche Anfeindungen hervor; seine intensiven Kontakte nach Frankreich sowie von dort gewährte Geldgeschenke in erheblichem Umfang nährten Zweifel an seiner Loyalität. Unter dem neuen Kurfürsten Friedrich III., dem nachmaligen ersten preußischen König, wurde Schöning anfangs Feldmarschalleutnant, was ihn über alle Generäle emporhob und als Vertreter des Feldmarschalls mit weitreichenden Inspektions- und Befehlsbefugnissen ausstattete. Aber an Vertrauen unter seinen Kameraden gewann er nicht; bei einer Belagerung Bonns kam es zu fachlichen und persönlichen Auseinandersetzungen. Vor dem kurfürstlichen Zelt geriet Schöning mit dem (ebenfalls mit einer Straße im Berliner Wedding bedachten) damaligen Generalleutnant Hans Albrecht von Barfus (1635-1704), einem Kampfgefährten aus dem Türkenfeldzug, "in Händel, die in Thätigkeiten ausgebrochen wären, wenn man nicht beide auf churfürstlichen Befehl arretirt hätte" (B. König). Barfus wurde rasch wiederverwendet, Schöning hingegen aus der ihm als Sühne auferlegten Verbannung nach Tamsel nicht zurückgerufen; seine Feinde am Hofe, allen voran wohl der Minister Eberhard von Danckelmann, ließen ihn nicht wieder zum Zuge kommen. Jedenfalls nicht im Kurfürstentum Brandenburg, denn im Tausch gegen den Feldmarschall Flemming wurde Schöning vom Kurfürsten der Übertritt in den kursächsischen Dienst gestattet.

Johann Georg III. ernannte Schöning 1691 zum kursächsischen Generalfeldmarschall. Ansehen, Ehre und Funktion hielten nicht lange. Schöning zog sich als Parteigänger Ludwigs XIV. den besonderen Haß des Kaisers zu. Als er sich im Juni 1682 zur Kur in Teplitz befand, nahmen ihn die Österreicher kurzer Hand fest und inhaftierten ihn schmählich und widerrechtlich auf der Festung Spielberg bei Brünn. "Ohnerachtet sich nun der sächsische Hof seiner Befreiung wegen alle mögliche Mühe gab, so erhielt er doch solche nach vielen erregten Weitläufigkeiten, um ihn empfindlich zu kränken, erst 1694 im Januar wieder" (B. König). Ob er nun wirklich ein Hoch- oder Reichsverräter war, ist niemals schlüssig beantwortet worden. Ganz gleich wie die damaligen sächsischen Interessen gewichtet werden, so muß seine Begünstigung französischer Interessen und insbesondere das Votum für eine Änderung der außenpolitischen Linie unter Einschluß eines möglichen oder gar wahrscheinlichen Bruchs mit Wien und Berlin doch zumindest als leichtfertig angesehen werden. Durch die Festungshaft wurdeSchönings Gesundheit derart geschwächt, daß er nur noch kurz als Chef des adligen Kadettenkorps in Dresden fungieren konnte, wo er erst 55jährig starb.

In der Kirche seines Stammsitzes Tamsel fand Hans Adam von Schöning seine letzte Ruhestätte. Hinter einer Trennwand liegt die heutige Sakristei mit zwei prächtigen barocken Epitaphien. Eines ist das Doppelgrabmahl des Weitgereisten und seiner Gemahlin, der einzigen Tochter des kurbrandenburgischen Generalmajors, Kämmerers und Gouverneurs von Lippstadt, Johann Ernst von Poellnitz (1618-1684). Die lebensgroßen Figuren, mutmaßlich Berliner Arbeiten aus dem Umfeld Andreas Schlüters, sind auch von außen durch die Fenster zu erspähen. Die Kirche liegt neben dem im 19. Jahrhundert veränderten gleichnamigen Schloß, das als zukünftiger Sitz der deutsch-polnischen Verwaltung einer um Küstrin herum eingerichteten Euroregion gehandelt wird.

Nach dem, was wir wissen, können auch für Schöning die abgewogenen Worte gelten, die Theodor Fontane für einen anderen kurbrandenburgischen Feldherrn seiner Zeit, den als "Alten Derfflinger" bekannten Reichsfreiherrn Georg von Derfflinger (1606-1695), fand: "Durch und durch ein ‚Charakter‘, scheint er all sein Leben lang zu den spezifisch Unbequemen gehört zu haben."

Lit.: (Biographien) Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Zweiter Teil. Das Oderland. ND Berlin 1991, S. 342 –  363. –  Johann Friedrich Gauhe: Historisches Helden- und Heldinnen-Lexicon. Leipzig 1716. – Haake, Paul: Generalfeldmarschall Hans Adam von Schöning. In: Studien und Versuche zur neueren Geschichte. Max Lenz zum 60sten Geburtstag gewidmet. Berlin 1910, S. 91 –  206. –  Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militairpersonen, welche sich in preußischen Diensten berühmt gemacht haben. Berlin 1790, Bd. 3. –  Bernhard Poten. In: ADB XXXII, S. 309 –  311. –  Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum. Hamburg o.J. [1937], Bd. 1, S. 30 f.  –  Kurd Wolffgang von Schöning: Des General-Feldmarschall Hans Adam von Schöning auf Tamsel Leben und Kriegsthaten. Berlin 1837 [1789-1859; Neffe des Hans Adam von Schöning; 1856 wurde ihm der Charakter eines Generalmajors und der Titel "Historiograph der Armee" zuteil; faktenreiche, jedoch nicht stets zuverlässige, Biographie].

Bild: Vorsatz zu Kurd Wolffgang von Schöning: Des General-Feldmarschall Hans Adam von Schöning auf Tamsel Leben und Kriegsthaten. Berlin 1837.

 

Stephan Kaiser