Biographie

Schroth, Johann

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Naturheilkundler
* 11. Februar 1798 in Bömischdorf, Freiwaldau/ Österr.-Schlesien
† 26. März 1856 in Nieder-Lindewiese/Freiwaldau

Nach Ausweis des Taufbuchs der Pfarrei Freiwaldau kam Johann Schroth am 11. Februar 1798 zu Böhmischdorf als Sohn des Bauern Melchior Schrod und seiner Ehefrau Theresia geb. Werner zur Welt. Der Vater starb, als Johann sieben Jahre alt war. Bald danach heiratete seine Mutter den Bauern Ignaz Gröger, zu dem sie und ihr Sohn nach Lindewiese zogen. Nach dem Besuch der Elementarschule in Freiwaldau – einer seiner Mitschüler, vielleicht sogar ein Klassenkamerad, war der knapp zwei Jahre jüngere Vinzenz Prießnitz, der ebenfalls und zudem ein noch bekannterer Naturheilkundler wurde – trat Johann Schroth in das Fuhrunternehmen des Adolf Gröger, eines Vetters seines Stiefvaters, in Adelsdorf ein. Lange Fahrten führten in nach Wien, in die Steiermark und nach Ungarn. Seine Militärzeit leistete er als Kavallerist und Bursche bei einem Tierarzt ab. Danach übernahm er den Hof seines Stiefvaters und heiratete 1822 die Gärtlerstochter Theresia Müller, mit der er wohl sechs Kinder hatte.

Auf Grund von Naturbeobachtungen und Selbsterfahrungen entwickelte Johann Schroth ab 1817 eine eigene, auf der Wirkung von feuchter Wärme, Dürsten und Fasten beruhende Heilmethode. Neben seiner Landwirtschaft behandelte er kostenfrei und erfolgreich Kranke, was ihm jedoch von seiten der akademisch gebildeten Ärzte den Vorwurf der Kurpfuscherei einbrachte. Mehrfach wurde ihm die Ausübung seiner heilkundlichen Tätigkeit untersagt, er mit Gefängnisstrafe bedroht, doch wurde er immer wieder um Hilfe gebeten. Der Erfolg gab ihm schließlich Recht: 1840 erhielt Johann Schroth die öffentliche Genehmigung zur Ausübung seiner Kurmethode und zum Betrieb eines Sanatoriums, nachdem sich im Jahr zuvor bereits die ersten ständigen Kurgäste in Nieder-Lindewiese eingefunden hatten; 1840 waren es 88, 1841 dann 77 Gäste. Zu seinen hochgestellten Patienten und späteren Gönnern gehörten Fürst Alexander von Bariatinsky und Prinz Wilhelm von Württemberg. Anfang 1856 erließ Johann Schroth ein Kurreglement, am 26. März desselben Jahres starb er an einem organischen Herzleiden. Von Personen, die ihn kannten, wurde Johann Schroth als „langer, hagerer Mann“ geschildert, „als ein wahrer Arzt und Helfer …, mit einem offenen freundlichen, gewinnenden, liebenswürdigen und vertrauenserweckenden Wesen“, dazu uneigennützig und hilfsbereit (Brauchle, S. 161 f.).

Sein Heilsystem hat Schroth der Natur abgeschaut: vom Gedeihen der Saat im feucht-warmen Ackerboden und vom Verhalten erkrankter Tiere, die fast keine Nahrung aufnehmen. Er verband somit Dürsten und Fasten mit der planmäßigen Anwendung feuchter Wärme. Dementsprechend besteht die ‘Schroth-Kur’ aus drei therapeutischen Elementen: der feuchten Wärme der ‘Schrothschen Packungen’, der möglichst eiweiß- und salzarmen Nahrung der ‘Schrothschen Semmelkur’ und dem periodischen Wechsel von Trockentagen und mäßigen Trinktagen (Wein, Wasser oder Tee). Die originale ‘Schroth-Kur’ für chronisch Kranke bestand aus einer dreiwöchigen Vorkur, in der der Organismus auf Trockenobst und Flüssigkeitsentzug umgestellt und erste Teilwickel angewandt wurden, einer fünf- bis achtwöchigen Hauptkur mit strenger Trockensemmeldiät, einem zwei- bis fünftägigen Dürsten mit einem anschließenden kleinen oder großen Trinktag sowie nächtlichen Ganzpackungen und einer abschließenden, zur Normalkost hinführenden Nachkur. Im Gegensatz zu Prießnitz, der die Krankheitsstoffemit kalten Wasser ‘auszuschwämmen’ versuchte, wollteSchroth sie durch seine Entschlackungs- und Austrocknungsbehandlung dem Körper ‘entziehen’. Nach Schroths Vorstellung ging es um die Reinigung der Körpersäfte und damit um die Entfernung der in ihnen enthaltenen krankhaften Stoffe auf natürlichem Wege. In der ‘Verderbnis der Körpersäfte’ sah er die Ursacheder meisten, insbesondere der chronischen Krankheiten.Schroth war also der antiken Säftelehre verhaftet.

Die heutige Schroth-Kur stimmt im Grundsätzlichen mit der originalen Form überein, doch ist sie nun kürzer (21 Tage) und in der Nahrung abwechslungsreicher – schmackhafte Gemüsesuppen ersetzen den Getreidebrei, als Hauptnahrungsmittel ergänzen Knäcke- und Leinsamenbrot die altbackenen Semmeln, neu sind vitaminhaltige Frischpreßsäfte, Salate und andere Rohkostprodukte. Angezeigt ist die Schroth-Kur heute vor allem bei Erkrankungen, die zu Herz-Kreislauf-Komplikationen führen können, wie Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Zuckerkrankheit, Rheuma und anderem.

Um das Andenken von Johann Schroth, die einheitliche Anwendung der Kur sowie Aus- und Weiterbildung der inzwischen als Naturheilverfahren ärztlicherseits weitestgehend anerkannten Kur bemüht sich heute vor allem der Schrothverband e. V. in Oberstaufen als Interessenvertreter aller Schrothvereine und Schrothkurbetriebe. Zentren der Schroth-Kur sind heute Oberstaufen im Allgäu, Obervellach in Kärnten und seit einigen Jahren auch wieder Nieder-Lindewiese (Lipová Lázně) in der Tschechischen Republik.

Lit.: Emanuel Schroth: Johann Schroth.Gründer der Diätkur und sein Lebenslauf. o. O. 1877. – Erich Ebstein: Johannes Schroth, in: ADB 54. Berlin 1908, S. 219-222. – Alfred Brauchle: Die Geschichte der Naturheilkunde in Lebensbildern. Stuttgart 2. Aufl., 1951, S. 158-164. – Ulrich Schmilewski: Die Naturheilbewegung in Österreich-Schlesien, in: Elisabeth Trux (Bearb.): Schlesien in der Biedermeierzeit. Kultur und Geschichte Schlesiens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Würzburg 1987, S. 75 f. – Robert Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. München 1996, S. 144-149. – Fritz Haug: Leben und Wirken von Johann Schroth. o. O. u. J. (Paper). – Vladimir Křížek: Die Bibliographie zur Schroth-Kur, in: Archiv für physikalische Therapie (Leipzig) 22, 1977, S. 289-299. – Vera Brosig: Die originale Schrothkur. Das altbewährte Naturheilverfahren nach Johann Schroth. Hannover 1992.

 

  Ulrich Schmilewski