Biographie

Schuller, Georg Adolf

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Historiker
* 25. Dezember 1862 in Schäßburg/Siebenbürgen
† 30. August 1939 in Hermannstadt/Siebenbürgen

Zur letzten Ruhe haben wir G.A. Schuller begleitet, wenige Stunden nachdem mit dem ersten Bombenhagel aus Hitlers Kriegsmaschinerie auf Polen dem alten, geistigen Europa, dem sich auch Schuller im Innersten verbunden fühlte, das Grabgeläute angestimmt worden war.

Er war der Sohn des ihm innerlich gleichgestimmten Pfarrers Georg Schuller, der auch als Verfasser mehrerer volkskundlich-historischer und theologischer Aufsätze hervorgetreten ist. Schuller studierte in Bern, München, Berlin und zuletzt in Tübingen Theologie und Geschichte, wo er 1884 mit einer Arbeit über den deutschen Bauernkrieg zum Dr. phil. promovierte. In die Heimat zurückgekehrt, hat er zunächst an der Seite Dr. Carl Wolffs als Anwalt des Verbandes Raiffeisen’scher Genossenschaften Siebenbürgens gewirkt und dort nachhaltige Eindrücke (Innerkolonisation) erhalten. Zugleich wurde er mit der Schriftleitung der „Kirchlichen Blätter“ betraut, die er in jahrzehntelangem Mühen als ihr eifrigster Korrespondent zu einem Volksblatt im wahrsten Sinne dieses Wortes ausgestaltete. Es ist u.a. diese Tätigkeit gewesen, die ihm 1926 Ehrendoktor der Theologie der Universität Tübingen eingetragen hat.

Im Jahr 1887 wurde Schuller als Lehrer an die höhere evangelische Volksschule in Agnetheln berufen und 1889 zu deren Rektor ernannt. 1893 wechselte er in das Pfarramt von Großlasseln über, wo einige Jahre früher sein Vater in gleicher Eigenschaft gewirkt hatte, und war von 1898-1904 Pfarrer in Großalisch bei Schäßburg. Ein unheilbares Gehörleiden, das zu völliger Taubheit führte, zwang ihn, den Beruf zu wechseln. Im Herbst 1904 übernahm er in einer für die siebenbürgisch-sächsische Geschichtsforschung segensreich gewordenen Stunde die Leitung der Handschriftenabteilung des Baron Brukenthalischen Museums in Hermannstadt. Aus kleinen Anfängen hat Schuller diese Abteilung in fünfunddreißigjähriger zielbewußter Arbeit zu einer Institution von hohem wissenschaftlichen Rang ausgebaut, an der bis über den Zweiten Weltkrieg hinaus niemand ohne Gewinn vorbeigehen konnte, der sich mit den vielfältigen Problemen siebenbürgisch-sächsischer Volksforschung auseinanderzusetzen hatte. Auch für die eigenen Arbeiten, die sein Bibliograph mit nicht weniger denn 566 Titeln beziffert, hat Schuller immer wieder auf die ihm in der Handschriftenabteilung zuwachsenden Quellen zurückgegriffen. Das wissenschaftliche Hauptwerk Georg Adolf Schullers, an dem er jahrzehntelang gearbeitet und gefeilt hat, ist die aus den Akten vornehmlich des Brukenthalischen Hausarchivs erwachsene zweibändige Biographie des Museumsschöpfers und langjährigen Gouverneurs von Siebenbürgen, Samuel von Brukenthal (1721-1803). In sie hat er, der noch Giesebrecht, Mommsen, Curtius, Treitschke, Wattenbach und Pflug-Härtung zu seinen Lehrern zählen durfte, das Beste hineingelegt, was ihm die vor der Jahrhundertwende im Glanze ihres Ruhmes stehende deutsche Geschichtsschreibung vermitteln konnte. Es gehört zur Tragik im Leben dieses bescheiden-großen Mannes, daß er den Druck dieser Perle siebenbürgisch-sächsischer Geschichtsschreibung nicht mehr erlebt hat. Sie ist erst fast dreißig Jahre nach seinem Tod, 1967/1969, in den zwei schönen Bänden 18 und 19 der Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission in München (Verlag R. Oldenbourg) erschienen.

Werke: Aus der Vergangenheit der siebenbürgisch-sächsischen Landwirtschaft, Hermannstadt 1895. – Das Laßler Kapitel, in: Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde Bd. 30, 1901, S. 97-138. – Hermannstadt um die Mitte des 18. Jahrhunderts, in: Archiv usw. Bd. 34, 1907, S. 276-380. – Dorfheimat. Lebensbilder aus der Jüngstvergangenheit eines Siebenbürger Sachsendorfes, Hermannstadt 1908. – Innerkolonisation und Raiffeisenvereine, in: 23. Verbandstag. Hermannstadt 1909, S. 33-57. – Johann Futsch (1735-1836). Ein sächs. Pfarrerleben, Hermannstadt 1912. – Über die Einwanderung von Württembergern in das Sachsenland 1845-1848, in: Landwirtschaftliche Blätter 1922, S. 260 – mit zahlreichen Unterbrechungen – 505. – Aus dem Leben der Bogeschdorfer Kapitelsgemeinden im 17. Jahrhundert, Hermannstadt 1930. – Die älteren Handschriftenbände des Baron Brukenthalischen Museums, in: Mitteilungen aus dem Baron Brukenthalischen Museum, Heft III, 1933, S. 13-31; IV, 1934, S. 16-36, V, 1935, S. 43-49; VI, 1936/37, S. 22-31. – Samuel von Brukenthal. Bd. I und II. Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission Bd. 18/19, München 1967/1969.

Lit.: D. Dr. Georg Adolf Schuller, in: Siebenbürgische Vierteljahrsschrift Bd. 56, 1933, S. 87 u. 313-314. – Hermann Hienz, Bibliographie Georg Adolf Schuller, in: Mitteilungen aus dem Baron Brukenthalischen Museum, Bd. VIII, 1941, S. 8-31. – Gottlieb Brandsch, Zum Gedächtnis D. Dr. G. A. Schullers, in: Siebenbürgische Vierteljahrsschrift Bd. 63,1940, S. 41-55. – Friedrich Müller-Langenthal, D. Dr. Georg Adolf Schuller (1862-1939), in: Südostdeutsche Forschungen Jg. 5, 1940, S. 614-616. – Karl Kurt Klein, Vorwort, in: Georg Adolf Schuller, Samuel von Brukenthal, Bd. I, München 1967, S. VII-XI.