Biographie

Schuller, Günther

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Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Architekt, Denkmalpfleger
* 10. Oktober 1904 in Kronstadt/Siebenbürgen
† 14. Juli 1995 in Kronstadt/Siebenbürgen

Wer die Kollektionen der rumäniendeutschen Presse der letzten 20 Jahre durchblättert, stößt immer wieder auf den Namen des Architekten Günther Schuller, sei es als Verfasser von Beiträgen über Restaurierung und Konservierung historischer Bauten, modernes Bauen, Stadtverschönerung, Umweltschutz oder über heimatkundliche Fragen, sei es, daß seine Tätigkeit als Architekt und Restaurator, als völkisch engagierter Kronstädter oder als Vortragender der deutschen Volkshochschulen gewürdigt wird. Ende des Jahres 1982 brachten dann alle rumäniendeutschen Zeitungen, aber auch solche aus der Bundesrepublik Deutschland und Österreich, die Nachricht, daß dem rührigen Kronstädter Günther Schuller in Wien der Gottfried-Herder-Preis für 1983 verliehen wurde. Die Auszeichnung wird jedes Jahr von der gemeinnützigen Stiftung F.V.S. in Hamburg und der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Stiftung in Basel durch die Universität Wien an Persönlichkeiten aus Ost- und Südosteuropa verliehen, die sich um die Pflege und Förderung der kulturellen Beziehungen verdient gemacht und beispielgebend zur Erhaltung und Mehrung des europäischen Kulturgutes im Sinne einer friedlichen Verständigung der Völker beigetragen haben.

Günther Schuller ist der erste Rumäniendeutsche, der diesen Preis erhielt. Er tritt damit in die illustre Reihe jener südosteuropäischen Persönlichkeiten – Dichter, Historiker, Musiker, Folkloristen –, denen bisher diese Anerkennung zuteil wurde. Als Sohn des bekannten Kronstädter Bauarchitekten Albert Schuller wurde er am 10. Oktober 1904 in Kronstadt geboren. Durch die Tätigkeit des Vaters wurde der Sohn gewissermaßen für seinen zukünftigen Beruf vorprogrammiert. Nach dem Abschluß des „Honterus“-Gymnasiums von Kronstadt besuchte Günther Schuller die Technische Hochschule von München und erwarb den Titel eines Dipl.-Bauingenieurs. Obwohl er in seinem Beruf zunächst keine Anstellung fand, erhielt er durch die Tätigkeit des Vaters, der in den dreißiger und Anfang der vierziger Jahre als Vorsitzender des Bauausschusses die Restaurierungsarbeiten der Schwarzen Kirche leitete, Einblick in einen Bereich, der ihm Herzenssache werden sollte. Günther Schuller selbst wirkte zunächst als Sachverständiger für Feuerschäden bei einer Versicherungsfirma.

Im Januar 1945 wurde er zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert, von wo er als Schwerbehinderter (ohne die rechte Hand) in seine Vaterstadt Kronstadt zurückkehrte. Anstellung fand er erst bei einem Entwurfsinstitut für Bauten und dann beim Kreisamt für Architektur und Systematisierung. Die Tätigkeit, durch die er sich einen Namen machte, leistete er zum guten Teil nebenberuflich und ehrenamtlich, bzw. nach seiner Pensionierung. Es handelt sich vornehmlich um seine Mitarbeit auf dem Gebiete der Restaurierung und Konservierung Altkronstadts. Von den historischen Bauten Kronstadts, die auf seine Initiative hin oder unter seiner Mitwirkung instandgesetzt wurden, sind zu nennen: das „General-Quartier“ auf der Flachszeile, die Graftpartie der westlichen Stadtmauer mit der Sattlerbastei, das Hircherhaus, das Katharinentor, der Weiße Turm, das alte Rathaus, das Waisenhausgässertor, die malerische Fassadengestaltung der Böttcherzeile u. a.

Mit besonderer Anteilnahme beteiligt sich G. Schuller vor allem an den Restaurierungsarbeiten der „Schwarzen Kirche“, die seit 1968 laufen und z. Z. von Arch. Hermann Fabini geleitet werden. Es sei nur daran erinnert, mit welcher Verbissenheit er gegen die Freilegung der überdachten Maßwerkgallerie gefochten hat. Auch jetzt ist er ständig auf der Baustelle zu finden und versucht mitzuhelfen. Man kann nur wünschen, daß die in den letzten Jahren ins Stocken geratenen Arbeiten zügiger voranschreiten. Dies um so mehr, als gegenwärtig auch in der Bundesrepublik eine Spendenaktion zu diesem Zwecke läuft.