Biographie

Schulz, Johann

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Herkunft: Ostbrandenburg
Beruf: Philosoph
* 11. Juni 1739 in Mühlhausen/Ostpr.
† 27. Juni 1805 in Königsberg i.Pr.

„Der wackere Pastor Schultz, der beste philosophische Kopf, den Ich in unserer Gegend kenne, hat die Absicht des Lehrbegrifs gut eingesehen …“ Mit dieser Bemerkung leitet Kant in seinem berühmten Brief vom 21.2.1772 an seinen Schüler Marcus Herz, inzwischen niedergelassener Arzt in Berlin, einige Reflexionen ein, die sich auf die Rezension beziehen, die Johann Schultz über Kants Dissertation von 1770 verfaßt hat. So übersandte Kant auch am 3. August 1781 ein Dedikationsexemplar der Kritik der reinen Vernunft an Schultz mit den Worten: „Ew. HochEhrw. bewiesen einmal in einer Rezension, womit sie meine Inauguraldissertation beehreten, daß Ihre Scharfsinnigkeit unter allen, die über diese Schrift geurteilt haben, die Trockenheit dieser Materie am besten durchdrungen und meinen Sinn am genauesten zu treffen gewußt hatte.“

In der Tat waren unter den ungewöhnlich wirksamen Verehrern der Kantischen Philosophie die Herausgeber der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung, die Jenenser Professoren Christian Gottfried Schütz und Gottlieb Hufeland, die geschäftigsten, Karl Leonhard Reinhold in Weimar und Jena, der die „Briefe über die Kantische Philosophie“ für den Teutschen Merkur seines Schwiegervaters Christoph Martin Wieland geschrieben hat, der beredsamste und Johann Schultz, der Königlich Preußische Hofprediger (seit 1776) und seit 1787 auch Professor der Mathematik an der Albertina, der scharfsinnigste. Schultz war durch die Wolffsche Schule gründlich philosophisch gebildet und im abstrakten Denken vielfältig geübt. Eine enge Kommunikation fand zwischen Schultz und Kant vor allem bei Gelegenheit der verunglückten Garve-Federschen Rezension in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen von 1782 statt, die für Kant eine wichtige Mitveranlassung für seine „Prolegomena“ von 1783 und für Schultz der Anlaß gewesen war, trotz der Prolegomena von Kant auch seinerseits „Erläuterungen …“ zu Kants Kritik der reinen Vernunft (1784) herauszugeben, denen später noch eine zweibändige „Prüfung …“ der kantischen Vernunftkritik folgte (1789 und 1792). Schultz wurde dadurch zu einem von Kant selbst hochgeschätzten Interpreten seiner Kritik der reinen Vernunft, dem er später auch zur eigenen Entlastung Diskussionen mit begabten jungen Schriftstellern (wie Johann Gottlieb Fichte und Jacob Sigismund Beck), die sich mit Erläuterungen der kantischen Philosophie einen Namen machen wollten, überließ. Schultz hat Kant bis nach dessen Tod die Treue gehalten, auch seine nachgelassenen Schriften, die heute als opus postumum in der Akademie-Ausgabe gedruckt sind, durchgesehen, und zwar zur Aufbewahrung, nicht aber zum Druck empfohlen.

Aber der gescheite Anhänger und Mitstreiter Kants in Sachen der kritischen Philosophie stimmte doch keineswegs durchgehend mit Kant überein. In seinen Rezensionen, die er über philosophische Veröffentlichungen, die sich mit Kants Philosophie auseinandersetzten, für die Jenaische Allgemeine Literaturzeitung verfaßt hat, gibt er den Argumenten von Autoren wie dem Jenenser Professor Ulrich und dem hannoverschen Staatsbeamten August Wilhelm Rehberg mehr Gewicht, als Kant für gerechtfertigt hielt. Den kategorischen Imperativ hat er mit Rehberg lediglich als eine wertvolle Modifikation des Wolffschen Vollkommenheitsprinzips einer konsequenten Vernünftigkeit angesehen.

Werke: Betrachtungen über den leeren Raum. Königsberg 1758. – Erläuterungen über des Herrn Professor Kant Critik der reinen Vernunft. Königsberg 1784,2. Aufl. 1791. – Prüfung der kantischen Critik der reinen Vernunft, 2 Bde. Königsberg 1789 und 92. – Anfangsgründe der reinen Mechanik, die zugleich die Anfangsgründe der reinen Naturwissenschaft sind. Königsberg 1804. – Darstellung der vollkommenen Evidenz und Schärfe seiner Theorie der Parallelen. Königsberg 1786. – Versuch einer genauen Theorie des Unendlichen. Königsberg 1788.

Lit.: W. Dilthey, Kants Auffassung über Kästner und sein Anteil an einer Rezension von Johann Schultz in der Jenaer Lit.-Zeitung, in: Archiv für Geschichte der Philosophie, 3 (1890). – E.G. Schulz, Rehbergs Opposition gegen Kants Ethik. Eine Untersuchung ihrer Grundlagen, ihrer Berücksichtigung durch Kant und ihrer Wirkungen auf Reinhold, Schiller und Fichte. Köln, Wien 1975.