Biographie

Schütz, Caspar

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Herkunft: Danzig
Beruf: Historiker
* 1. Januar 1540 in Eisleben
† 16. September 1594 in Danzig

Untrennbar mit der preußischen Historiographie verbunden ist der Name von Caspar Schütz, dessen Historia rerum Prussicarum von 1592 das erste gedruckte Werk einer großangelegten Geschichte Preußens von den Anfängen bis zum Jahr 1525, also bis zum Ende des Deutschordensstaates, ist. Als Student ein Schüler Melanchtons, kam Caspar Schütz 1561 durch seinen Stiefbruder Georg Lange, der Professor der Jurisprudenz war, an die Königsberger Universität, wo er am 5. Dezember 1562 die Professur für Dichtkunst erhielt. Schon zu dieser Zeit begann er sich lebhaft für die preußische Geschichte zu interessieren und mit ihr zu beschäftigen, so daß er bereits 1563 über deren Anfänge ein erstes, in lateinischer Sprache geschriebenes Buch in Druck herausbrachte. Doch dann wurde er auf Fürsprache des Danziger Stadtphysicus Johann Brettschneider (Placotomus), dessen Tochter er 1571 zu seiner Ehefrau machte, im Januar 1565 als Stadtsekretär in die damals mächtige und angesehene Stadt Danzig berufen. Da der Rat der Stadt mehrere Sekretäre unterhielt, gab man ihm zunächst die unterste Stelle, doch stieg er im Laufe eines über 29jährigen Dienstes bis zur obersten Stelle auf. Eine enge Freundschaft verband Caspar Schütz mit den Danziger Chronisten Stanislaus Bornbach und Bartholomäus Wartzmann, deren historische Schriften er auch für sein eigenes Werk nutzte. Die Zahl seiner gedruckten und vor allem ungedruckten Arbeiten ist nicht gering, der Polyhistor Michael Christoph Hanow registrierte sie schon im 18. Jahrhundert. Bedeutsam sind allerdings nur einige Schriften oder Werke geworden, die mitunter aus seiner Tätigkeit als Stadtsekretär erwuchsen. Caspar Schütz übte sein Amt in Danzig gerade in jener Epoche aus, in der sich die Stadt unter ernsten Gefahren, schließlich sogar in einem bewaffneten Konflikt, der 1577 zur Belagerung der Stadt durch den polnischen König Stefan Bathory führte, nachdrücklich der Versuche des polnischen Königs und Adels zu erwehren hatte, sie ihrer Sonderstellung zu berauben, wie sie ihr vom polnischen König Kasimir IV. 1454/57 zugestanden worden war. 1569 hatte der Reichstag zu Lublin die Einverleibung der preußischen Lande in den polnischen Staat verfügt. Als der polnische Bischof Karnkowski und seine Kommission für die Stadt Danzig eine neue Verfassung ausgearbeitet hatten, die die weitgehende Selbständigkeit Danzigs erheblich einschränkte und die Rechte und Einflußmöglichkeiten der polnischen Krone deutlich vergrößerte, hat sich dem nicht nur der Rat der Stadt mit seiner ganzen Politik widersetzt, auch Schütz verfocht in dem Dialogus de bello Gedanensi cum rege Stephano, einem in literarische Form gekleideten Zwiegeräch zwischen einem polnischen Ritter und einem Danziger Bürger, das gute alte Recht der Stadt. Ja, als der Bischof dann noch eine lückenhafte und die Tatsachen entstellende Urkundensammlung herausgab, antwortete Schütz mit einem offenen Brief an ihn, den erst sein Nachfolger in der Geschichtsschreibung, Gottfried Lengnich, um 1730 veröffentlichte. Hierin schlug der Danziger Stadtsekretär Töne an, die ihn als entschiedenen Verfechter der ständischen Freiheiten des „Preußen Königlichen Anteils“ aus­wiesen, was ihn in erheblichem Maße zu einem Vorläufer von Lengnich und seinen Bemühungen im 18. Jahrhundert machte. Schütz unterstrich in seiner Antwort die weitreichenden Ver­pflichtungen, die auch den polnischen König gegenüber den Preu­ßen bänden.

Wahrscheinlich stammte von Schütz auch die ein Jahr später edierte Abhandlung Jura municipalia Terrarum Prussiae (1579), die die Rechte der preußischen Lande darstellte und als ein „ver­späteter Nachklang des großen Dokumenten- und Rechtskampfes der 60er und 70er Jahre, in dem sich gleichsam die große preu­ßisch-polnische Auseinandersetzung auf Reichs- und Landtagen, vor Kommissionen und in der kriegerischen Aktion widerspie­gelte“ (Theodor Schieder), gelten kann. In die gleiche Richtung hatte aber auch schon die 1578 gedruckte Schrift des Danziger Stadtsekretärs gezielt: De commissionis Gedanensis Negotio libri III, die eine Rechtfertigung der Danziger Politik beinhaltete, die Schütz als Kommissionsmitglied zu vertreten hatte. Es war eine Schrift, in der der Verfasser zugleich Ansätze zu echter Geschichtsschreibung zeigte.

Hier lag denn auch immer mehr das Hauptarbeitsfeld von Caspar Schütz. Nach der Fertigstellung des ersten Buches der preußischen Geschichte bereits 1563 dauerte es jedoch noch fast dreißig Jahre, ehe der durch sein Amt zweifellos stark beanspruchte Stadtsekretär sein großes Werk, die Geschichte des Preußenlandes von den Anfängen bis 1525, vollenden konnte. Mit über 1000 Seiten erschien sie dann in deutscher Sprache unter dem Titel: Historia rerum Prussicarum oder Warhaffte Beschreibung der Lande Preussen in X Büchern vom Anfange bis auf das Jahr 1525, Zerbst 1592. Der Band war ausgestattet mit allerlei Grafiken, Abbildungen der Wappen der Hochmeister oder von Münzen und der Kupferstichkarte Preußens von Heinrich Zell aus dem Atlanten von Abraham Ortelius (Erstausgabe 1570).

Obwohl Schützens Nachfolger Gottfried Lengnich etliches an seiem Werk auszusetzen hatte, die unzulängliche Stoffanordnung, das Übergehen wichtiger Rezesse, die ungenügende Behandlung der Frühzeit, so rühmte er doch die Materialfülle und den „pragmatischen“, also sachbezogenen Charakter seiner Schilderungen, worin er von niemandem vor und nach ihm übertroffen worden sollte. So sehr Schütz auch in diesem großen Band der ständischen Anschauung verhaftet blieb, so sehr er auch das 15. Jahrhundert als Kernstück seiner Arbeit behandelte und hier wärmsten Anteil an der ordensfeindlichen Haltung des Preußischen Bundes und Danzigs nahm, so wenig verfiel der Autor doch in eine billige Abwertung des Deutschen Ordens, stand er so manchen Berichten kritisch gegenüber. Ja, er verkannte nicht die Leistung und die Größe des Deutschen Ordens und würdigte Hochmeister wie etwa Luther von Braunschweig oder Winrich von Kniprode.

Den Höhepunkt der Ordensherrschaft sah Schütz in der Zeit vor der Schlacht bei Tannenberg 1410 erreicht und merkt dazu an: „Bey diesen Zeiten war der Orden in höchstem Flor dermassen, wann sie lieber hetten wollen in Frieden sitzen als unnötige Kriege erregen, so weren sie bey ihrer ruhigen Regierung an Landen und Leuten wol einem fürnehmen Königreiche zu vergleichen gewesen“ (S.100 r), ein heute noch nachdenklich stimmendes Urteil. Schütz hatte bei seiner Arbeit an dem Werk deutlich die Mängel seiner Vorgänger erkannt, die es versäumt hatten, sich der exakten Grundlagen historischer Darstellung zu bedienen, der Urkunden und Rezesse, so daß der Leser, den er darüber informierte, eine quellenmäßig gut abgesicherte Geschichtsabhandlung erwarten durfte. Aber bei seinen Schilderungen ist Schütz dann doch mehr er Manier der älteren chronistischen Geschichtsschreibung gefolgt, hat er sich doch „in der Hauptsache auf Danziger Kompila­tionen wie die Werke von Wartzmann und Bornbach gestützt. So stellt sich die Historia zwar in ihrem Ansatz als Beginn wissenschaftlich-kritischer Forschung dar, bleibt jedoch im Rahmen der damals üblichen Form der Chronik“ (Udo Arnold). So endet mit Caspar Schütz um 1600 die preußische chronistische Geschichtsschreibung.

Sein Werk erlebte schon nach wenigen Jahren, 1599, eine zweite Drucklegung, die Hening Groß in Leipzig besorgte, drucktechnisch schlechter und auch ohne die graphischen Beigaben des Erstdrucks, aber mit einer Ergänzung des behandelten Stoffes von David Chrytaeus (für die Zeit von 1525-1594) und mit der weiteren Zugabe einer Beschreibung des Krieges Danzigs gegen Ste­phan Bathory 1577 durch Georg Knoff. Schütz erlebte diesen Neudruck jedoch schon nicht mehr. Mit ihm hatte die Stadt weit mehr als nur einen ihrer Stadtsekretäre verloren und das ganze Preußenland ihren ersten großen Geschichtsschreiber.

Lit.: Michael Christoph Hanow: Kurze Nachricht von M. Caspar Schützens Leben und Schriften – mit einer Zusammenstellung aller gedruckten und ungedruckten Schriften, in: Preußische Sammlung allerley bisher ungedruckten Urkunden, Nachrichten und Abhandlungen Bd. l, Danzig 1747, S. 596-620. – Gottfried Lengnich: Geschichte der Preussischen Lande Königlichen Antheils, Bd. l, Danzig 1720 (Vorrede). – August Bertling: Katalog der die Stadt Danzig betreffenden Handschriften der Danziger Stadtbibliothek, Danzig 1892, S. 688f. – Theodor Schieder: Deutscher Geist und ständische Freiheit im Weichsellande. Politische Ideen und politisches Schrifttum in Westpreußen von der Lubliner Union bis zu den polnischen Teilungen l (1569-1772/93), Königsberg i.Pr. 1940. – Udo Arnold, Studien zur preußischen Historiographie des 16. Jahrhunderts, Bonn 1967.