Biographie

Schwarzkopf, Elisabeth

Herkunft: Posener Land
Beruf: Opernsängerin
* 9. Dezember 1915 in Jarotschin/Posen
† 3. August 2006 in Schrums/Vorarlberg

„Elisabeth Schwarzkopf besitzt eine der schönsten Sopran-Stimmen ihrer Epoche, einmal durch die Fülle und Dichte ihres Stimmaterials, andererseits durch die tief empfundene Beseelung ihres Vertrages hervorragend“ – diese und auffallend ähnlich lautende Urteile und Bewertungen findet man leicht und reichlich, aber nicht etwa vor allem in schönfärberischen Pressemitteilungen eines Schallplatten-Konzerns, sondern in seriösen Musiklexika, Musikenzyklopädien und einschlägigen Sängerlexika (hier: Kutsch/Riemens). Unbestreitbar handelt es sich um eine der schönsten Sopranstimmen der 50er und 60er Jahre. Um so erstaunter nimmt man von der Tatsache Kenntnis, daß Elisabeth Schwarzkopf zunächst im Mezzo-Fach ausgebildet und danach ins Sopranfach umgeschult wurde. Ihre „eigentliche“ Ausbildung – wenn man das so sagen darf – begann aber erst nach ihrem Debüt (1938 als Parsifal-Blumenmädchen in Berlin) und ersten Erfolgen in größeren Partien: Maria Ivogün wurde auf sie aufmerksam, und unter der Bedingung, „noch einmal mit den Studien ganz von vorne zu beginnen, Ton für Ton ein zweites Mal zu erarbeiten“ – so berichtet uns Elisabeth Schwarzkopf – wurde sie als Privatschülerin angenommen. Maria Ivogün war zweifellos ihre wichtigste Lehrerin: „Sie schuf mir eine neue Stimme“, urteilte die berühmte Schülerin aus der Rückschau.

Es bedarf nur des Hinweises, daß der bekannte Klavierbegleiter Michael Raucheisen der Gatte von Maria Ivogün war, in sogleich einzusehen, daß Elisabeth Schwarzkopf selbstverständlich auch in die Kunst differenzierten Liedgesangs eingeweiht wurde. Sicherlich ist nicht zuletzt dadurch der Grundstein für die Tugenden gelegt worden, durch die sie auch ihr Operngesang immer wieder auszeichnete: Innigkeit des Ausdrucks, Subtilität der Wortausdeutung, Nuancenreichtum vokaler Farbschattierungen. Dies waren, zumal in Verbindung mit perfekter Technik, überlegener Phrasierungskunst und strahlender Höhe, die denkbar besten Voraussetzungen für eine internationale Kamen die – durch widrige Zeitläufte verzögert – nach dem Ende des Krieges von der Wiener Staatsoper ausging und mit den Festspielen in Salzburg (ständige Teilnahme von 1947 bi 1964) und Bayreuth (Mitwirkung bei der Wiedereröffnung 1951) untrennbar verknüpft ist. Glücklicherweise gibt es einige Mitschnitte von Festspielaufführungen, die trotz historischer Aufnahmetechnik Erfolg und Ruhm der Schwarzkof nachprüfbar, je nachvollziehbar machen. Zu nennen wäre hier – Vollständigkeit kann selbstverständlich nicht angestrebt werden – vor allem die Mitschnitte der Mozartaufführungen unter Furtwängler, in denen sie als „Figaro“-Gräfin und Elvira in „Don Giovanni“ triumphierte, sowie die Bayreuther Mitschnitte der 9. Sinfonie (Sopranpart) unter Furtwängler und der Meistersinger (Eva) unter Karajan. Damit haben wir – der Kürze des zur Verfügung stehende Raumes willen vorsätzlich – den Bereich vorwiegend biographischer Angaben bereits verlassen, um wenigstens einige ihrer wichtigsten Aufnahmen zu nennen, die sich bei Sammlern und Kennern großer Gesangskunst höchster Wertschätzung erfreuen, bis heute von Musikkritikern als maßstabsetzend anerkannt und dementsprechend oft zu Vergleichen herangezogen werden. Aus allen diesen Gründen ist es nicht verwunderlich, daß viele ihrer besten Schallplatten ständig erhältlich sind – sei es in deutschen, englischen, französischen oder japanischen Pressungen.

Dazu gehören u.a. die Mozartlieder mit Walter Gieseking und die Schubert-Lieder mit Edwin Fischer am Klavier: beide Pianisten erweisen sich als feinsinnige, sensible Mitgestaltung höchsten Ranges. Nicht zuletzt muß auch die Hugo-Wolf Platte mit Wilhelm Furtwängler als einmaligem Klavierpartner wähnt werden. Grandios und unübertrefflich ist die Aufnahme der Orchesterlieder von Richard Strauss einschließlich dessen bekannter vier letzter Lieder, in denen der Altmeister nicht ohne Wehmut auf vergangene Zeiten zurückgeblickt hat, aber doch noch einmal unangefochten und ungebrochen beweist, welch exzellenter Klangzauberer er ist: diese wohl bedeutendsten Strauss-Lieder wurden von Elisabeth Schwarzkopf und George Szell am Pult des Radio-Symphonie-Orchesters Berlin wahrhaft kongenial gestaltet. Aus Raumgründen kann hier die gesamte Spannweite ihrer Gesangs- und Gestaltungskunst von Bach bis Wolf nur andeutungsweise umrissen werden. Wer Elisabeth Schwarzkopf in einigen ihr wichtigsten Opernrollen kennenlernen will, sei auf die Gesamtaufnahmen der Schallplattenindustrie verwiesen, in denen sie z.B. in den Partien der Gräfin (Figaro), der Fiordiligi (Cosi), der Donna Elvira (Don Giovanni), der Pamina (Zauberflöte), der Marschallin (Rosenkavalier), der Ariadne (Ariadne auf Naxos), der Gräfin (Capriccio), der Liū (Turandot) oder der Rosalinde (Fledermaus) zu hören ist. Wer sich mit Arien und Ausschnitten begnügen will, sei insbesondere auf die LP mit exemplarischen Wagner- und Weberaufnahmen hingewiesen – oder auch auf die gemischten Arienprogramme mit innig gesungenen Puccini-Kostproben. Für fortgeschrittene Kunstliedfreunde empfehlen sich vor allem die Hugo-Wolf-Aufnahmen: Elisabeth Schwarzkopf ist — und wer könnte an dieser Feststellung des hocherfahrenen und hochkarätigen Liedbegleiters Gerald Moore zweifeln? – „von allen Sängerinnen die beste Interpretin dieses Komponisten“.