Biographie

Schweinfurth, Georg

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Afrikaforscher
* 29. Dezember 1836 in Riga/Livland
† 19. September 1925 in Berlin

1865-66 wanderte der Deutsch-Balte Georg Schweinfurth als erster Europäer durch die nubischen Küstenlandschaften des Roten Meeres. Die hervorragende Qualität seiner pflanzengeographischen Untersuchungen in den Gebieten zwischen Kosseir und Suakin veranlaßte 1868 die Berliner Königliche Akademie der Wissenschaften und die Alexander von Humboldt-Stiftung, ihn mit der Erforschung des Bahr el Ghasal, des großen westlichen Nebenflusses des Weißen Nils, zu beauftragen.

Noch im gleichen Jahre ging Schweinfurth nach Ägypten und Nubien, schloß sich in Khartum einer in den Süden ziehenden Handelskarawane an und bereiste bis 1870 die Wohngebiete der Dinka, Schilluk, Bongo, Nuer, Niam-Niam, Mombuttu (Mangbettu) und Akka. Im Lande der Mombuttu entdeckte er am 19. März 1870 den Uelle, einen der mächtigsten Nebenflüsse des Kongo, und damit zugleich die Wasserscheide von Kongo und Nil. In Erinnerung an den ersten Anblick der „trüben, bräunlich schimmernden Fluten“, die sich zwischen hohen Uferwänden mit gewaltigem Rauschen dahinwälzten, hielt er später in seinem Tagebuch fest: „Dies war also der rätselhafte, vielbesprochene Fluß, der nach Westen strömen sollte. Und er strömte nach Westen, gehörte also nicht mehr zum Nil.“

Diese Erkenntnis war gewissermaßen der Schlüssel für die Geographie der zentralafrikanischen Länder nordöstlich des großen Kongobogens. Schweinfurth selbst glaubte zwar; noch, mit dem Uelle den Oberlauf des in den Tschadsee mündenden Schari entdeckt zu haben. Erst spätere Forschungen ergaben, daß er den mächtigen Nebenfluß des in den Kongo strömenden Ubangi gefunden hatte, aber das änderte nichts an der Tatsache, daß die Entdeckung des nachWesten ziehenden Flusses die Topographie der zentralafrikanischenWasserscheide ermöglichte.

Fast ebenso bedeutsam wie die Auffindung des Uelle erschien Schweinfurth die Entdeckung des Volkes der Mombuttu, dessenKultur und staatliche Verhältnisse er in seinem 1874 veröffentlichten Reisewerk „Im Herzen von Afrika“ ausführlich behandelt. Wissenschaftlich wertvoll war auch sein Besuch bei den Mombuttu im benachbarten Akka. Mit der Beschreibung dieses afrikanischen Zwergvolkes bestätigte er die jahrtausendelang bestrittene Existenz der schon von Herodot erwähnten afrikanischen Pygmäen und erhob damit den Kleinwuchs als Rassemerkmal zum ethnographischen Faktum.

Den ersten Pygmäen sah Schweinfurth am Hofe des Mombuttu-Königs Munsa. Die „Verkörperung der tausendjährigen Mythe“ zu zeichnen und auszufragen war „leichter gedacht als getan“. Den Pygmäen nur zum Sitzen zu bringen, erzählt der Forscher, „war allein dem Erfolge zu danken, den die mit großer Eilfertigkeit ausgekramten Geschenke erzwangen. Was im Laufe von zwei Stunden geschehen konnte, geschah: der Pygmäe wurde gemessen (die Körergröße reiner Pygmäen schwankt zwischen 1,24 und 1,40 Metern), porträtiert, gefüttert, beschenkt und bis zur Erschöpfung gefragt. Aus seinem eigenen Munde erfuhr ich, daß der Name seines Volkes Akka sei.“ Vor der Rückreise nach Khartum verlor Schweinfurth bei einem Brande seine gesamten Tagebücher und den größten Teil seiner Sammlungen. Im Juli 1872 wieder in Berlin, mußte er deshalb versuchen, die jahrelange Expedition aus der Erinnerung zu rekonstruieren. Das schwierige Vorhaben gelang bis in die Details. Sein Werk wuchs auf zwei Bände an, erschien 1874 und wurde im Handumdrehen zum Favoriten der geo- und ethnographischen Literatur.

1874 folgte Schweinfurth einem Ruf des Vizekönigs von Ägypten nach Kairo, von wo aus er nach der Gründung einer geographischen Gesellschaft bis 1888 noch zahlreiche Reisen in die ägyptische Wüste, ins Niltal, nach Abessinien und nach der Insel Sokotra östlich des Kaps Guardafui unternahm.