Biographie

Seidel, Ina

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Dichterin, Schriftstellerin
* 15. September 1885 in Halle/Saale
† 2. Oktober 1974 in Ebenhausen/Oberbayern

Vor 100 Jahren, am 15. September 1885, wurde in Halle an der Saale die Dichterin Ina Seidel geboren. Ihr Vater, der Arzt Prof. Dr. Hermann Seidel (1855-1895), war mit der aus Riga gebürtigen Emma Auguste (Emmy), geb. Loesevitz, verheiratet. Ina Seidel wuchs in Braunschweig auf und lebte nach dem Tode ihres Vaters mit der Mutter in Marburg/Lahn (1895-1897) und von 1897-1907 in München. Im Jahre 1907 heiratete sie ihren Vetter Heinrich Wolfgang Seidel (1876-1945) und zog mit ihm nach Berlin, wo ihr Mann sein Amt als Geistlicher des Lazarus-Kranken- und Diskonissen-Hauses antrat. Im Jahre 1908 erkrankte Ina Seidel bei der Geburt ihrer Tochter Heilwig lebensgefährlich und blieb seither zeit ihres Lebens schwer gehbehindert. Das Ehepaar siedelte im Jahre 1914 nach Eberswalde über, dort trat Heinrich Wolfgang Seidel das Amt des 3. Pfarrers von Maria Magdalenen an. Im Jahre 1923 kehrte die Familie, die 1919 durch die Geburt ihres Sohnes Georg – der nach dem Tode seiner Mutter unter dem Namen Christian Ferber zwei wichtige Bücher über seine Familie herausgegeben hat – größer geworden war, nach Berlin zurück, wo Seidel Erster Pfarrer der Neuen Kirche am Gendarmenmarkt geworden war und wo die Familie bis zu seiner erbetenen Pensionierung im Jahre 1934 blieb. Im gleichen Jahr erfolgte die Übersiedlung nach Starnberg; im gleichen Jahr starb auch Ina Seidels Bruder, der Schriftsteller Willy Seidel (geb. 1887).

Die ersten Buchveröffentlichungen Ina Seidels erschienen während der Jahre in Eberswalde: „Gedichte“ (1914), „Neben der Trommel“ (Gedichte, 1915), die erste Novelle, der erste Roman und „Das Labyrinth“ (1922), ein Roman um Georg Forster. Während der Berliner Jahre folgten der Roman „Sterne der Heimkehr“ (1923), und nach „Brömseshof“ (1928) neben anderen Werken ihr wohl berühmtestes Buch, „Das Wunschkind“ (1930), nach ihrer Übersiedlung nach Starnberg die Kurzbiographie der Königin Luise von Preußen (1934), „Gesammelte Gedichte“ (1937), der Roman „Lennacker“ (1938), die Erzählung „Unser Freund Peregrin“ (1940) und „Drei Dichter der Romantik: Clemens Brentano, Bettina, Achim von Arnim“ (1944).

Inzwischen war, im Jahre 1945, Ina Seidels Mutter gestorben, im gleichen Jahr auch ihr Ehemann Heinrich Wolfgang Seidel, der sich im Ruhestand gleichfalls als freier Schriftsteller hervorgetan und damit das Erbe seines Vaters (und Onkels von Ina Seidel), nämlich Heinrich Seidels (1842-1906), angetreten hatte, des Verfassers des bekannten „Leberecht Hühnchen“.

Als weitere Bücher Ina Seidels erschienen nun u.a. der Roman „Das Tor der Frühe“ (1952), die Erzählungen „Die Versuchung des Briefträgers Federweiß“ (1953), „Die Geschichte einer Frau Berngruber“ (1953), der Roman „Das unverwesliche Erbe“ (1954), die Erzählung „Die Fahrt in den Abend“ (1955). Im gleichen Jahr gab sie die Erinnerungen ihrer Mutter unter dem Titel „Unvergeßliches Riga“ heraus, die sie mit einer Einleitung versah, in der sie bekannte, sie habe von früh allem gegenüber, was baltisch war, ein Gefühl starker Verbundenheit empfunden im Bewußtsein dessen, was sie dem baltischen Erbe zu danken habe. Den Erinnerungen ihrer Mutter folgte der Roman „Michaela. Aufzeichnungen des Jürgen Brook“ (1959), die Erinnerungen „Berlin ich vergesse dich nicht“ (1962), kleine Geschichten unter dem Titel „Die alte Dame und der Schmetterling“ (1964), ausgewählte Betrachtungen und Aufsätze unter dem Titel „Frau und Wort“ (1965) und ein „Lebensbericht“ (1970), der erste Teil ihrer eigenen Erinnerungen. Ina Seidel starb am 2. Oktober 1974 in Ebenhausen.

Ina Seidel war Mitglied der Preußischen Akademie der Künste (1932), Inhaberin einer der ersten Goethe-Medaillen, Gründungsmitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1948) und Mitglied der Berliner Akademie der Künste (1955).

Lit.: Emmy Seidel: „Unvergeßliches Riga“, Einleitung Ina Seidel (Bovenden 1955); Ina Seidel: Aus den schwarzen Wachstuchheften. Monologe, Notizen, Fragmente. Hrsg. v. Christian Ferber (Stuttgart 1980); Christian Ferber: Die Seidels. Geschichte einer bürgerlichen Familie 1811-1977 (Stuttgart 1979); Ina Seidel (In: Baltisches Erbe, Bd. I, hrsg. v. Erik Thomson (Frankfurt/Main 1964).