Biographie

Seliger, Josef

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Politiker
* 17. Februar 1870 in Schönborn, Reichenberg/Böhmen
† 18. Oktober 1920

In Schönborn bei Reichenberg erblickte Josef Seliger am 17. Februar 1870 das Licht der Welt. Als Kind eines Textilarbeiters mußte er, nachdem er eine zweiklassige Dorfschule besucht hatte, den väterlichen Beruf ergreifen. Nach Jahren der Wanderschaft kehrte er am Ende der achtziger Jahre nach Böhmen zurück, wo er sich der damals mächtig erstarkenden Arbeiterbewegung anschloß. 1893 kam er nach Teplitz, wo er das Jahr darauf Redakteur des damals dort gegründeten Parteiblattes wurde. Im Laufe der nächsten Jahre hat er die Grundlagen der Arbeiterbewegung im Teplitzer Bezirke geschaffen, hat in der politischen, gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Bewegung sowie in der Betriebskrankenkasse gewirkt, so daß er bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts als der Führer der deutschen Sozialdemokratie Böhmens galt. Das Vertrauen der Teplitzer Arbeiter brachte ihn 1907 und 1911 in den österreichischen Reichsrat. Im Weltkrieg hat er mit besonderer Tatkraft für die Volksernährung gewirkt. Nach Beendigung des Krieges trat er als Landeshauptmann-Stellvertreter in die deutsch-böhmische Landesregierung ein. Als durch den Frieden von St. Germain 1919 die deutschen Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens der tschechoslowakischen Republik einverleibt wurden und sich die deutsche Sozialdemokratie dieses Landes bildete, wurde Seliger ihr erster Vorsitzender. Ein Jahr später wurde er auch Mitglied der Prager Nationalversammlung. Doch sollte seinem Wirken unter den neuen Verhältnissen keine lange Dauer beschieden sein. Nachdem er noch, schwer krank, den großen Kampf mit den Kommunisten auf dem Parteitag in Karlsbad ausgefochten hatte, starb er wenige Tage später, am 18. Oktober 1920, an einer Blutvergiftung.

Bibl.: Klaus Jessner: Josef Seliger und die nationale Frage in Böhmen. Seliger-Archiv, Stuttgart 1977.