Biographie

Sielmann, Heinz

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Naturfilmer
* 2. Juni 1917 in Rheydt
† 6. Oktober 2006 in München

Heinz Sielmann vermittelte mit seinen Expeditionen ins Tierreich ganzen Generationen Wissenswertes über die Tiere und die Umwelt. Als Regisseur und Autor gehörte er zu den populärsten Tierfilmern und Naturschützern Deutschlands.

Geboren wurde Heinz Sielmann in Rheydt bei Mönchengladbach. 1924 zogen seine Eltern mit ihm nach Königsberg, wo er das Hufengymnasium besuchte und sein Vater, Paul Sielmann, eine Elektro- und Baustoffhandlung besaß. Sielmanns Vater war promovierter Chemiker und lebte als Kind über viele Jahre in der Nähe von Sensburg. Heinz Sielmann lernte bereits früh die reiche Tier- und Pflanzenwelt Ostpreußens kennen. Mit großer Begeisterung verfolgte er als Kind die kurzen Tierfilme, die in den Kinos der 1920er Jahre vor den Hauptfilmen liefen. Im Alter von 18 Jahren hielt er sein erstes naturwissenschaftliches Referat am Zoologischen Institut in Königsberg. Ab 1937 half er an der Vogelwarte Ros­sitten bei der Beringung der Vögel, die er bereits als Jugendlicher mit dem Fernglas des Vaters beobachtet hatte. Auf der Kurischen Nehrung knüpfte er Kontakte zum berühmten „Vogelprofessor“ Johannes Thienemann und dem Kameramann Horst Siewert, der ihn dazu bewegte, einen eigenen Tierfilm zu drehen. Nach ersten vorsichtigen Versuchen mit der Kamera dokumentierte Sielmann schließlich die Vogelwelt des Memellandes in dem Stummfilm Vögel über Haff und Wiesen. Der Film wurde 1938 bei der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft in Berlin uraufgeführt, wo er beim Publikum auf positive Resonanz stieß.

1939 wurde Sielmann Ausbilder bei der Wehrmacht. Zu seinen Schülern an der Luftnachrichtenschule in Posen zählte der spätere Künstler und Bildhauer Joseph Beuys, mit dem er nach dem Krieg eng befreundet war. Parallel dazu studierte Sielmann über neun Semester Biologie und Zoologie an der damaligen Reichsuniversität Posen. Kurz vor Kriegsende wurde er von britischen Soldaten auf der Insel Kreta festgenommen, wo er den Dreh eines Naturfilms für seinen verstorbenen Freund Horst Siewert abschließen wollte. Nach Sichtung des Materials durfte Sielmann zwei Jahre bei der BBC arbeiten, ehe er 1947 an das Münchener Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht wechselte und mit Lied der Wildbahn (1949) seinen ersten Tierfilm für das Kino produzierte.

1951 heiratete er Inge Witt, die damals als Assistentin beim Schulfunk in Hamburg tätig war. Die Erkenntnisse des Ethnologen und Medizin-Nobelpreisträgers Konrad Lorenz, den Sielmann ein Jahr später kennenlernte, halfen dem Naturfilmer, das Verhalten der Tiere besser zu verstehen. Es folgten eine preisgekrönte Dokumentation über Berggorillas (Herrscher des Urwalds, 1958), die im Auftrag des belgischen Königshauses entstand, und ein Film über die Tiere der Galápagos-Inseln (Galápagos – Landung in Eden, 1962). Für diesen Film erhielt Sielmann auf der Berlinale 1962 einen Silbernen Bären. Weitere Expeditionen führten ihn zusammen mit seiner Ehefrau und seinem Sohn Stephan in den Dschungel von Papua-Neuguinea, in die Savanne Afrikas und in das Kongo-Gebiet, wo er für die beliebte TV-Sendereihe Expeditionen ins Tierreich (NDR, 1965-1991) beeindruckende Aufnahmen machte.

1972 gründete er zusammen mit Bernhard Grzimek, Horst Stern, Konrad Lorenz, Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Otto Koenig und Paul Leyhausen den Zusammenschluss Gruppe Ökologie, um auf die Folgen der Zerstörung der Natur aufmerksam zu machen. Heinz Sielmann lieferte auch für internationale TV-Sendungen und Kinofilme selbstgedrehte Aufnahmen von Tieren, darunter für die US-Dokumentation Die Hellstrom-Chronik, die bei der Oscar-Verleihung 1972 eine Auszeichnung für den Besten Dokumentarfilm erhielt. Nach einem kurzen Abstecher zu den privaten Sendern, Sielmann 2000 auf RTLplus (1991/92) und Der-Heinz-Sielmann-Report auf Sat.1 (1993), gründete der Tierfilmer 1994 die Heinz-Sielmann-Stiftung, die heute noch von Gut Herbigshagen im südlichen Harzvorland Lebensräume für bedrohte Arten schafft und erhält. Im gleichen Jahr wurde Sielmann zum Ehrenprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität in Mün­chen ernannt. 1995 erschien seine Biographie Mein Leben mit interessanten Hintergrundgeschichten zu seinen Reisen. Seit 2003 kann man hierzu eine Ausstellung im Natur-Erleb­nishaus auf Gut Herbigshagen besichtigen.

Heinz Sielmann starb am 6. Oktober 2006 in München. Beigesetzt wurde er in der Franz-von-Assisi-Kapelle, die sich auf dem Gelände seiner Stiftung befindet. Ein ausschlaggebender Teil der Stiftungsarbeit besteht heute noch darin, bedrohte Naturflächen, in Brandenburg, Bayern oder im russischen Teil Ostpreußens (Рыбачий/Rybatschi/Rossitten) zu erhalten. Neben dem Tierschutz gilt das Interesse der Stiftung der Erziehung von Kindern und Jugendlichen. So konnte etwa in Fuhrbach im Kreis Göttingen ein eigens gegründeter Inge-Siel­mann-Kindergarten eröffnet werden, in dem Kinder das Aufwachsen im Einklang mit der Natur erlernen. Am 7. Februar 2012 wurde ein Asteroid nach Heinz Sielmann benannt.

Werke (Auswahl): Vögel über Haff und Wiesen (1938). – Lied der Wildbahn (1949). – Quick, das Eichhörnchen (1952). – Zimmerleute des Waldes (1954). – Herrscher des Urwalds (Les Seigneurs de la forêt, 1959). – Galápagos – Landung in Eden (1962). – Grönland – Pforte zum ewigen Eis (Greenland and beyond, 1962). – In der Savanne Ost-Afrikas (1964). – In die Bergdschungel Neuguineas (1965). – Expeditionen ins Tierreich (NDR-Reihe, 1965-1991). – Lockende Wildnis – Durch die Wildbahnen von Nordamerika (1974). – Tiere im Schatten der Grenze (1988).

Lit.: Peter Berthold, Sielmann, Heinz, in: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Berlin 2010.Heinz Sielmann, Internationales Biographisches Archiv 08/2007.

Bild: Heinz-Sielmann-Stiftung (Urheber). Keine Bildänderungen vor­ge­nommen.

Marco Wachtel, 2017