Biographie

Sonnenfels, Joseph Freiherr von

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Aufklärer, Jurist, Staatsmann
* 1. Januar 1732 in Nikolsburg/ Mähren
† 25. April 1817 in Wien

Das monumentale Denkmal für Maria Theresia in Wien zwischen den Museen an der Wiener Ringstraße zeigt neben der Regentin auch ihre bedeutendsten Mitarbeiter und Zeitgenossen als „Stützen des Throns“. Dort ist auch Joseph Freiherr von Sonnenfels zu sehen, einer der vier Männer, die bei Maria Theresias Reformen besonders einflussreich waren. Joseph von Sonnenfels war als Publizist, Sprachgelehrter, Jurist und Staatsrat ein bedeutender Vertreter der Aufklärung in Österreich. Seinem Einsatz ist die Abschaffung der Folter zu verdanken.

Joseph Sonnenfels ist 1732/33 in Nikolsburg (Mikulov) in Mähren geboren. Sein Vater, Perlin Lipman, war Sohn des Landesrabbiners der Mark Brandenburg. Der Sohn wanderte nach Eisenstadt und dann nach Mähren aus und arbeitete als Übersetzer und Lehrer orientalischer Sprachen in Nikolsburg. Mit seinen drei Söhnen konvertierte er zum Katholizismus (ohne die Mutter) und nahm den Namen Alois Wiener an. Josephs Taufpate war Freiherr von Dietrichstein, was für die weitere Entwicklung Josephs von Bedeutung war. Der Vater ließ sich später in Wien als Orientalist nieder und wurde für seine Verdienste als „Freiherr von Sonnenfels“ in den Adelsstand erhoben.

Von seinem Vater lernte Joseph Hebräisch und besuchte das Piaristengymnasium in Nikolsburg. Er wollte Geistlicher werden und studierte von 1745-1749 an der Philosophischen Fakultät in Wien Philosophie und Sprachen. Aus finanziellen Gründen schlug er dann doch eine militärische Laufbahn ein und diente sechs Jahre im Hoch- und Deutschmeister Regiment in den Kronländern. Dabei eignete er sich einige Sprachen an und erkannte das Sprachenproblem zu dieser Zeit: Der Adel sprach französisch, die Gelehrten und Künstler italienisch und das Volk den jeweils regionalen Dialekt. Nach seiner Entlassung aus dem Militär studierte Sonnenfels Rechtswissenschaften an der Universität Wien und wurde promoviert.

Schon früh bemühte er sich intensiv um die Reform der deutschen Sprache. Er setzte sich im Rahmen der Aufklärung mit den althergebrachten Komödien, vor allem den Hanswurststücken kritisch auseinander. Er arbeitete als Dramaturg und betätigte sich als Theater- und Musikkritiker. So gehörte eigentlich seine Liebe der Literatur und er hätte gerne eine Professorenstelle für deutsche Literatur in Wien gehabt. Stattdessen wurde er 1763 in die neu geschaffene Professur für Polizey- und Kameralwissenschaft an die Universität Wien berufen. Die Polizeiwissenschaft umfasste zahlreiche Bereiche des Staates wie z.B. Sicherheit, Bevölkerungsvermehrung, Wohlfahrt, Erziehung, Bildung und Soziales. Das Wohl der Bürger sollte einerseits absolutistisch, aber auch von der Aufklärung durchwirkt sichergestellt werden. 1765 erschien im Rahmen seines Haupt­werks der Grundsätze der Polizey-, Handlung und Finanzwissenschaft der erste Teil über Die Polizey. Damit verstand er alle Grundsätze, worauf die Sicherheit eines Staates beruht. Er machte die Staatspolizey zum obersten Kontrollorgan des Staates, drängte auf Abschaffung der Folter, wofür er sich persönlich sehr engagiert gegenüber Maria Theresia einsetzte, was dann 1776 von ihr tatsächlich als Pioniertat in Europa im ganzen Habsburgerreich vollzogen wurde.

Als Direktor der Illuminationsanstalt reformierte er die öffentliche Beleuchtung der Stadt Wien mit Öllampen.

Sonnenfels war ein entschiedener Verfechter der hochdeutschen Schriftsprache und setzte sich dafür ein, dass sie in den Schulen unterrichtet wurde. Auch in den Verwaltungs- und Gesetzestexten bemühte er sich um eine verständliche, klare Sprache.

Er reformierte das Theater, sorgte für qualitativ anspruchsvollere Stücke und etablierte das Burgtheater als Deutsches Nationaltheater. Die Schauspieler wurden zu Hofbeamten, was ihm viel Spott einbrachte. 1779 wurde er Regierungsrat und war als Jurist Mitglied der wichtigsten beratenden Kommissionen des Hofs. 1794 bis 1796 wirkte er als Rektor der Universität Wien. Er verfasste staats- und finanzwissenschaftliche Werke und schrieb für die Wiener Realzeitung und für Der Vertraute.

Er war Mitglied der Freimaurerloge Balduin in Leipzig, später in Wien in der Loge Zur wahren Eintracht und war dann Großmeister in der Loge Zur wohltätigen Eintracht. Als Freimaurer und Universitätsgelehrter konnte er durch seine Reformen viel für die Emanzipation der Juden in Österreich tun. Neben seinen fortschrittlichen Seiten zeigte er aber auch wegen der Einführung der Polizei als höchstes Kontrollorgan absolutistische Züge.

Auch die Degradierung des Dialekts, auch des jiddischen, bairischen und des österreichischen Jargons, mit dem er in seiner Heimat vertraut war, brachte ihm Unverständnis entgegen. Er unterband zwar den Dialekt zugunsten der hochdeutschen Schriftsprache, das bedeutete aber das Aus für manche Theaterformen z.B. für das Stegreiftheater.

Sonnenfels war mit Ludwig van Beethoven eng befreundet, der ihm die Klaviersonate Nr. 15 Opus 28 (Die Pastorale) widmete.

Nach dem Tode von Maria Theresia gerieten einige der Reformer und Berater unter Druck. Sonnenfels blieb sich treu. Als er im eigenen Institut eine Rede anlässlich einer Feier halten sollte, wurde er aufgefordert, sie vorher der Zensur einzureichen. Das lehnte er schriftlich ab und erschien nicht zur Feier.

Joseph Freiherr von Sonnenfels starb am 25. April 1817 in Wien. In dem Werk Große Österreicher wird Sonnenfels so charakterisiert: „Was Lessing für Hamburg und Deutschland, das war Sonnenfels für Wien … Er war ein Praktiker des Rechts und der Gerechtigkeit. Sonnenfels ist mehr gewesen: ein Literat, ein Sprachreformer, ein Bühnenexperte – und zu alledem ein großer Lehrer.“

Neben dem oben erwähnten Denkmal in Wien ist eine Statue von ihm am Schwarzenbergplatz an der Fassade des ersten Ringstraßenpalais zu sehen, ebenso auf dem Rathausplatz sowie im Arkadenhof der Universität Wien. Außerdem befindet sich in der Inneren Stadt eine Sonnenfelsgasse.

Werke: Briefe über die Wienerische Schaubühne, 4 Bände, 1768. – Grundsätze der Polizey-, Handlungs- und Finanzwissenschaft, 3 Teile, 1769-76. – Über die Abschaffung der Folter, 1775. – Die Ausgabe seiner Gesammelten Schriften erschienen in 10 Bänden, 1883-87.

Lit.: C. Wurzbach., in: BLKÖ 35, S. 317-343. – F. Muncker, in: ADB 34, S. 628-635. – H. Reinalter, in: NDB 24, S. 576-578.

Bild: Wikipedia Commons/ Gemeinfrei.

Hildegard Schiebe