Biographie

Spunda, Franz

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Schriftsteller
* 1. Januar 1890 in Olmütz/Mähren
† 1. Juli 1963 in Wien

Aus dem Geist seiner humanistisch geprägten Vaterstadt, der historischen Residenz- und Bischofstadt Olmütz in Nordmähren, hat der Dichter ein Werk entwickelt, von dem man aus der Rückschau sagen kann, es sei ein ständiges Streben nach Synthese abendländischer Kultur und Religiosität gewesen, dabei durchaus der Tradition seiner Heimat verbunden.

Franz Spunda kam aus einer schlesischen Tuchmacherfamilie, erwarb umfassende Bildung am Gymnasium seiner Heimatstadt und in mit dem Dr. phil. abgeschlossenen Studien der Philosophie, der Germanistik und der Romanistik an den Universitäten Wien, Berlin und München, danach der Mystik und der Alchemie in Paris. Auf Reisen in den Orient und besonders nach Griechenland baute er seine Weltschau aus. Die wichtigste Station seines Lebensweges war nach Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg die Tätigkeit als Gymnasialprofessor, von der er sich schließlich löste, um ganz der freien Schriftstellerei zu obliegen. Nach der Rückkehr von seiner fünfzehnten Griechenlandfahrt ist er in Wien gestorben, von wo aus er immer wieder Leserreisen zu seinen Landsleuten, insbesondere zur Künstlergilde nach Esslingen, unternommen hatte. Spunda begann als hymnischer Lyriker mit Versen tiefer Religiosität, voll Idealismus und einer Liebesglut, die mystische Züge trägt. Rudolf Wolkan bescheinigte ihm in seiner „Geschichte der deutschen Literatur in Böhmen und in den Sudetenländern“ 1925: „Wir müssen weit, bis in die Zeit der Reformation zurückgehen, um ähnlichen, aus tiefstem Glauben quellenden Worten zu begegnen. Auch seine Liebeslieder sind von der warmen Glut seines Herzens erfüllt, gilt ihm doch die Liebe als das größte der Wunder. Schlicht wie ein Lied, das man im Dorf abends unterm Lindenbaum singt, soll seine Liebe sein, die nichts anderes ersehnt, als
"Nur ahnend zu empfinden
Im andern Ich der reinen Gottheit Strahl.“

Und Josef Mühlberger schlägt mehr als ein halbes Jahrhundert später einen Bogen von der tiefwurzelnden, auch die Elemente der benachbarten Slawen aufspürenden Herkunft aus Nordmähren zur Antike, zum östlichen Christentum (vor allem in der immer wieder aufgesuchten Begegnung mit der byzantinischen Welt des Berges Athos, für die Spunda einer der anerkanntesten Experten geworden ist) und zur Mystik. Mühlberger stellt Spunda in seiner Würdigung des Beitrags Mährens zur deutschen Literatur zwischen Richard von Schaukai, den aus Mähren stammenden Hugo von Hofmannsthal, den jüdischen Künder von Bauerntum und Proletariat Jakob Julius David und den Kulturphilosophen und Essayisten Rudolf Kassner. Schon zu Beginn seines literarischen Schaffens hatte sich Spunda als Übersetzer von Petrarca und Leopardi dem Mittelmeer und dem Humanismus zugewandt, vertiefte sich dann immer stärker in die Mystik und in die Welt Griechenlands – eine seiner Griechenlandreisen unternahm er gemeinsam mit dem Hymniker Theodor Däubler. In seinen zumeist an historischen Leitbildern orientierten Geschichts- und Kulturromanen beschäftigte er sich auch mit der germanischen Vergangenheit, mit der mittelalterlichen Geschichte Böhmens und Mährens, besonders auch mit zwei Figuren abendländischer Umbrüche, um deren geistiges Bild, von anderem Stand punkt aus, Erwin Guido Kolbenheyer sich bemüht hatte: Giordano Bruno und Paracelsus.

In dem komplexen und doch in tieferen Zusammenhängen zu sehenden Figuren seiner dichterischen Darstellungen nimmt der Roman über die Geliebte Mussolinis, Clara Petacci, eine Sonderstellung ein. So manches aus dem einst im ganzen deutschen Sprachraum hoch geschätzten und in eine Reihe von Sprachen übersetzten Lebenswerk harrt der verdienten Neuauflage, manches nur im Manuskript vorhandene seiner Erstauflage.

Werke: Hymnen, Gedichte 1919; Astralis, Gedichte 1920; Devachan, Roman 1920; Der gelbe und der weiße Papst, Roman, 1923; Der magische Dichter, Essays; 1923; Das ägyptische Totenbuch, Roman, 1924; Gottesfeuer, Gedichte, 1924; Paracelsus, Monographie, 1925; Der magische Dichter, Essays, 1925; Griechische Reise, Bericht, 1926; Griechische Mönche, 1927; Der heilige Berg Athos, 1928; Baphomet, Roman, 1928; Minos oder Die Geburt Europas, Roman, 1931; Griechisches Abenteuer, Roman, 1932; Eleusinische Sonette, Gedichte, 1933; Romulus, Roman, 1934; Wulfila, Roman, 1936; Alarich, Roman, 1937; Das Reich ohne Volk, 1938; Griechenland, Fahrten zu den alten Göttern, Roman, 1938; Tyrann Gottes, Roman, 1940; Das Weltbild des Paracelsus, 1941; Der Herr vom Hradschin (Karl IV.), Roman, 1943; Das Weltbild der Medici, 1944; Verbrannt von Gottes Feuer, Roman, 1949; Vergilius, Roman, 1949; Hellas‘ Fackel leuchtet, Roman, 1952; Clara Petacci, Roman, 1952; Römischer Karneval, Roman, 1953; Das Heiligtum der Welt, Roman, 1953; Giorgiones Liebeslied, Roman, 1955; Fahrt zu den alten Göttern, 1956; Herakleitos, Roman, 1957; Das mystische Leben Jakob Böhmes, 1961; Legenden und Fresken vom Berg Athos, 1962; Die Phädriaden, Gedichte und Gesänge, 1970. Übersetzungen: Petrarca, Sonette, 1913; Aretino, Kurtisanengespräche, 1925; Ossians Werke, 1924. Magische Erzählungen aus Frankreich, 1948.

Auswahl-Lit.: Rudolf Wolkan: Geschichte der deutschen Literatur in Böhmen und den Sudetenländern, Augsburg 1925; Wilhelm Formann: An Europas Grundfesten. Franz Spunda, in: W. Formann, Sudetendeutsche Dichtung heute, München 1961; Richard Zimprich: Franz Spunda und sein Werk, in: Daheim in Europa, Festgabe zum 65. Geburtstag des Dichters, Steinheim/Main 1955; Josef Mühlberger: Geschichte der deutschen Literatur in Böhmen 1900-1939, München/Wien 1988.

Ernst Schremmer