Biographie

Srb-Schlossbauer, Wilhelm

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Bildhauer
* 7. Juli 1890 in Karlsbad/Böhmen
† 9. Februar 1972 in Gartenberg

Zu den heute zu Unrecht wenig genannten, doch bedeutendsten Bildhauern in den mittleren Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die aus dem begabungsreichen Böhmen kamen, gehört der eigenwillige Wilhelm Srb-Schloßbauer. Er wurzelte, bei aller überregionalen Anerkennung, ganz in seiner Heimat und sah es als vornehmstes Ziel seines Schaffens an, Wesentliches der Herkunft zu deuten und zu vermitteln und durch sein Lebenswerk weiterwirken zu lassen. Er war keiner, der viel Aufhebens von sich machte. Der Mangel an Wendigkeit und Kompromißbereitschaft mochte ihm manchen Zugang verschließen und manchen Erfolg verhindern. Seine ganz nach innen gekehrte Art war werkbesessen. Er war ein langsamer, gründlicher, ja bisweilen vergrübelter Arbeiter in einer Kunstszene, deren Äußerlichkeiten ihm zutiefst zuwider sein mußten. In Srb-Schloßbauer verbanden sich Durchplanen, Erarbeiten, ja bisweilen Erkonstruieren seiner Werke mit einer Vitalität, einer Wuchtigkeit, wie sie den Menschen seiner Egerländer Heimat oft eignet. Das erklärt wohl auch die eigenartige, nicht jedem zugängliche Art seiner Skulpturen mit ihrer Spannung zwischen Expressivität, dabei oft realistischer Genauigkeit und einer nach innen gerichteten Konzentration auf wesentlichen Ausdruck, insgesamt eine herbe, ja geradezu schroffe Synthese.

Er konnte sich bei manchem in der Idee fertigen Figuralwerk, ja selbst bei Porträtköpfen jahrelang quälerisch um die endlich ihm gelungen erscheinende Lösung mühen. Seine Freunde litten geradezu mit bei der Entstehungsgeschichte eines in Auftrag gegebenen Denkmals für den „Ackermann aus Böhmen", eine Hinterlassenschaft, die noch einer monumentalen Verwirklichung in seinem Geiste harrt.

Srb-Schloßbauer ist vor allem als Porträtplastiker bekannt geworden und zu einer gewissen Volkstümlichkeit gelangt, vor und nach dem Zweiten Weltkrieg mit Bildnisköpfen seiner Mutter, des Dichters E.G. Kolbenheyer, des Malers und Graphikers Walther Klemm, seines engeren Landsmannes, des Architekten Professor Fritz Lehmann, des Mediziners und Rektors der Deutschen Karls-Universität Professor Grosser, des Volkssängers Anton Günther, vor allem ganz meisterlich und von zeitloser Moderne, des Volksforschers Josef Hofmann, des Kunsthistorikers Professor Max Struppe und des Dichters Emil Merker.

Große Beachtung fanden seine kleinformatigen typisierenden, abstrahierten Gestaltungen, in denen sich, wie in der Terrakotta des ekstatischen „Predigers", seine expressive, auch seine mystische Gestaltungskraft kristallisierte, oder in der Keramik „Orpheus", einer kleinen Gruppe voll Musikalität, Verspieltheit, Heiterkeit. Zu den hervorragendsten Arbeiten des Künstlers in der ersten Tschechoslowakischen Republik gehörten seine figuralen Gruppen der Kunst am Bau, so vor allem für den markanten modernen Neubau der Riunione Generali in der Prager Neustadt unweit des Wenzelplatzes und die Relieffriese für den Sparkassenbau in Karlsbad, jetzt Reisebüro Čedok, mit Szenen aus Berufs-, Geschäfts- und Arbeitsleben, mit einer so schwer künstlerisch umzusetzenden und oft eigenwillig kühnen bildhauerischen Charakteristik etwa zu Themen wie Kurgast, Sprudel, Reisebüro, Kaufladen, Das Büro, Hotel, Porzellanerzeugung, Maurer, 1935 entstanden. Neben freier Gestaltung, so herben Mädchenakten, ging es dem Bildhauer (in Stein, Bronze, Keramik) immer wieder um die nicht risikofreie Darstellung von Ideen, Aktionen, Allegorien des Alltags, aber auch um unkonventionelle Denkmäler.

Vom „Ackermann aus Böhmen", der in Saaz hätte aufgestellt werden sollen, war schon die Rede. Zu den eindrucksvollsten künstlerischenUmsetzungen des Vertriebenenschicksals zählt die symbolhafte, ganz aus realistischer Gestaltung entwickelte Gruppe der Vertriebenen im Karlsbader Museum in Wiesbaden, der Vertriebenenbrunnenin Dachau-Ost, das Vertriebenenmal in Dinkelsbühl. Erschütternd sind auch Figurengruppen wie „Die zwei Alten" oder „Dort war deine Heimat".

Aus dem Spätwerk des Künstlers seien wenigstens aufgezählt: die Adalbert-Stifter-Büste, mit der er sich am Wettbewerb für die Walhallabeteiligte, der Froschkönigbrunnen in München-Pullach, die Wasserträgerinnen am Brunnen in Geretsried, der Rübezahlbrunen in Waldkraiburg.

Wilhelm Srb-Schloßbauer, stets auch, bei allem Einzelgängertum, um die die Kollegen bemüht – so bei der internationalen Kunstausstellung1930 in Karlsbad – war ein nachdenklicher, grüblerischer, grundgütiger, aber auch humoriger Mann, dessen Herzlichkeit und Phantasiereichtum sich einem erst erschloß, wenn man ihn als unerschöpflichen, naturbegabten Anekdotenerzähler erlebte. Seine Lebensdaten sind rasch aufgezählt: Der Sohn eines städtischen Forstbeamten studierte an der Keramischen Fachschule in Teplitz-Schönau und der Kunstgewerbeschule in Prag. An der Akademie der bildenden Künste in Wien schloß er seine Ausbildung ab. Nach der Heimkehr aus dem Ersten Weltkrieg ließ er sich freischaffend in seiner Vaterstadt nieder und hatte bald Auftragserfolge in Westböhmen und in Prag. 1937 wurde er für seinen Monumental-Fries am Bergarbeiterheim in Falkenau an der Eger mit dem Eichendorffpreis der Deutschen Universität in Prag ausgezeichnet, 1958 mit dem Preis für Bildhauerei der Sudetendeutschen Landsmannschaft. 1943 erfolgte die Berufung an die Deutsche Technische Hochschule als Professor für figurales Zeichnen und Modellieren an der Architekturabteilung.

Lit.: Max Struppe: Wilhelm Srb-Schloßbauer, in: Kunst des Egerlandes. Festschrift Ausstellung Juli/August 1938, veranstaltet vom BdD-Egerlandgau. Sonderfolge der Zeitschrift „Unser Egerland". 1938 7/8.Das Kunstschaffen der Egerländer im XX.Jahrhundert. 1. Katalog der Gemeinschaftsausstellung der Eghalanda Gmoi, der Künstlergilde, des Bundes der Eghalanda Gmoin, des Landschaftsrates Egerland im Zusammenwirken mit dem Haus des Deutschen Ostens München und der Sudetendeutschen Stiftung. 1974 Stuttgart, 1975 Marktredwitz. Geleitwort von Ernst Schremmer.