Zu den bekanntesten Missionsapothekern der Barockzeit zählt der Jesuitenbruder Johann Steinhöfer. Renée Gicklhorn würdigte ihn in ihrem Buch Missionsapotheker. Deutsche Pharmazeuten im Lateinamerika des 17. und 18. Jahrhunderts (Stuttgart 1973), in dem sie acht bedeutende Persönlichkeiten vorstellt, von denen wie Steinhöfer fünf aus der böhmischen Jesuitenprovinz stammen. Geboren im mährischen Iglau besuchte Steinhöfer das Jesuitengymnasium seiner Hauptstadt und trat am 27. September 1684 in Brünn in den Jesuitenorden ein.
Er sprach Deutsch, Tschechisch und Latein, wie er in seinem erhaltenen Bittbrief an den General des Ordens schreibt, in dem er am 5. Juli 1691 von Brünn aus um Entsendung in die Mission bat. Er war zwar ausgebildeter Apotheker, wollte aber im Orden Laienbruder bleiben. Als Apotheker arbeitete er in Brünn im Jesuiten-Kolleg, ehe er 1692 nach Mexiko geschickt wurde, wohin 1678 die ersten Jesuiten aus der Provincia Bohemia der Gesellschaft Jesu ausgesendet worden waren. Er reiste über Genua nach Spanien und von Cadiz nach Mexiko. 1695 wird er bereits in Briefen seiner dortigen Ordensoberen nach Rom als Mitarbeiter des Trientiner P. Eusebius Kino (Kühn) genannt und geschätzt.
1697 begleitete er den Beichtvater des Vizekönigs von Neuspanien, wie Mexiko damals hieß, nach Madrid, wo er am 2. Februar 1698 als Ordensmann seine letzten Ordensgelübde ablegte. Nach der Rückkehr nach Mexiko arbeitete er in der Pimeria alta und begleitete P. Eusebius Kino bei dessen Forschungsreisen in Kalifornien. Im Ordenskatalog der mexikanischen Jesuitenprovinz taucht er 1708 als Wanderarzt auf, als „medico de los misioneros“. 1709 ist er auf dem Weg in die Mission von Mátare, Tecoripa und Arizpe in Sonora, dann in Sinoquipe. 1714 weilte er als Medicus missionarius in der Mission der hl. Märtyrer in Sonora und wieder in Sinoquipe. Am 2. April 1716 stirbt er in Yécora.
Briefe und Berichte über ihn sind in Rom im Zentralordensarchiv der Gesellschaft Jesu erhalten.
Bekannt wurde Steinhöfer, der in Mexiko als Juan Esteyneffer geführt wurde, durch sein medizinisches Handbuch Florilegio medicinal, das 1712 in Mexico ciudad erstmals in spanischer Sprache gedruckt wurde, und 1729 und 1732 in Madrid, 1754 in Antwerpen und 1888 erneut in Mexiko Neuauflagen erlebte. Es wurde in die Reihe der 100 wichtigsten Bücher Mexikos aufgenommen. Der genaue Titel lautet: Medizinisches Florilegium aller Krankheiten, geschöpft aus verschiedenen klassischen Autoren zum Wohl der Armen, die keine Ärzte haben, und speziell für entlegene Provinzen, in denen die Hochw. Patres der Gesellschaft Jesu wirken. Aufgeteilt in drei Bände: Der erste über Medizin, der zweite über Chirurgie mit einem Anhang, wie man einen Aderlass durchführt, schwärende Wunden öffnet und heilt sowie Schröpfköpfe und Blutegel ansetzt. Das dritte Buch enthält einen Katalog gebräuchlicher Medikamente, die man in den Apotheken herstellt, und man sie zubereitet.
An der Fakultät für Chemie und Medizin der Ludwig-Maximilians-Universität in München hat Irmgard Schuler 1973 eine Dissertation über dieses Florilegio medicinal eingereicht und Leben und Werk des deutschmährischen Gelehrten Johann Steinhöfer gewürdigt. Frau Schuler ließ im Rahmen ihrer Forschungen auch handschriftliche Aufzeichnungen des Jesuitenbruders einer graphologischen Analyse unterziehen, bei der Fachgraphologen über Steinhöfer urteilten: „Insgesamt … eine ganz ungewöhnliche Persönlichkeit, ein Mensch, wie man ihn in dieser Art, auch in dem Ausmaß, wie er innere und äußere Anspannungen erträgt, im heutigen Zeitalter nicht mehr antrifft.“
Lit.: Renée Gicklhorn, Missionsapotheker. Deutsche Pharmazeuten in Lateinamerika des 17. und 18. Jahrhundert, Stuttgart 1973. – Irmgard Schuler, Das „Florilegio Medicinal“ von 1712 des Johann Steinhöfer, Jesuitenmissionar in Mexiko, München 1973 (Diss.). – Rudolf Grulich, Der Beitrag der böhmischen Länder zur Weltmission des 17. und 18. Jahrhundert, Königstein 1981, mit weiterer Literatur. – Hermann Hoffmann, Schlesische, mährische und böhmische Jesuiten in der Heidenmission (= Zur schlesischen Kirchengeschichte 36), Breslau 1939. – Bernd Hausberger, Jesuiten aus Mitteleuropa im Kolonialen Mexiko, München 1995, S. 315-318. – Beatrix Bäumer, Steinhöfer, Johann. in : NDB 25 (2013). – Otokar Odložilik, Czech Missionaries in New Spain, in: HAHR 25 (1945), 428-454. – Eine Karte des Wirkungsgebietes Steinhöfers in Mexiko von J. Martin findet man in: Hubert Jedin, Atlas zur Kirchengeschichte, S. 84 (Die Missionen der Jesuiten in Baja California, Sonora, Chihuahua und Sierra Madre bis um 1720).
Bild: Florilegio Medicinal von 1712.
Rudolf Grulich, 2017